13. Ostdeutsches Energieforum Mehr als 60 Unternehmen fordern schnellere Energiewende in Sachsen
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17. September 2024, 13:16 Uhr
In Sachsen fordern mehr als 60 Unternehmen mehr Tempo bei der Energiewende. Das geht aus einem Appell von Firmen diverser Branchen hervor. Mitinitiatorin Jutta Matreux von Sachsens größtem Chemiearbeitgeber Wacker sagte dem MDR, erneuerbare Energien seien die günstigste Energieform. Daher brauche es mehr politischen Rückhalt für die Energiewende. Das Papier wird am Dienstag zum Auftakt des Ostdeutschen Energieforums in Leipzig vorgestellt.
- Über 60 Unternehmen fordern in einem Appell eine stärkere Klimapolitik von der sächsischen Regierung.
- Unter anderem verlangen sie einen stärkeren und besser organisierten Ausbau der Windkraft.
- Der Stahlunternehmer Spandler möchte seinen Betrieb auf Wasserstoff umstellen, dafür brauche es mehr Ökostrom.
Im sächsischen Glaubitz zwischen Windrädern und einem Männerknast läuft René Spandler zu einer Halle voll Schrott. Spandler leitet hier die Firma Ervin Germany, ein Stahlwerk. Jedes Jahr schmilzt er 60.000 Tonnen ein. "Das klingt nach einer großen Zahl, ist für Stahlwerke ziemlich wenig. Also wir sind auf einer Skala für Stahlwerke das Kleinste, was man sich so denken kann", sagt Spandler.
Stahlunternehmer: Müssen aufhören an Energiewende zu zweifeln
Das liegt am Produkt. Spandlers Firma stellt winzige Stahlkörnchen her, ein feines Granulat. Verkauft wird es weltweit in Säcken als sogenanntes Strahlmittel. Die Industrie nutzt das Granulat zum Beispiel zum Abstrahlen rostiger Teile. Die Herstellung ist energieintensiv und laut – vor allem die Schrottschmelze am Anfang: "Wir stehen jetzt vor einem Lichtbogen-Ofen. Was wir hören, ist der Lichtbogen, der zum Schrott immer wieder gezündet wird. Der ist so heiß, dass die Strahlungswärme des Lichtbogens den Schrott zum Schmelzen bringt", erklärt Spandler.
Der Strom dafür kommt aus dem benachbarten Windpark. Aber nicht nur. Damit seine Produktion rund um die Uhr nachhaltig werden kann, fordert Spandler, die Energiewende zu beschleunigen. Das ständige Zurückschielen auf die gute alte Zeit mit billiger Kohle und Gas findet der Stahlunternehmer falsch.
"Wir müssen aufhören, an der Energiewende zu zweifeln. Ich sehe nicht, dass wir eine andere Möglichkeit haben, im internationalen Wettbewerb Produkte herzustellen, die der Markt haben möchte.", argumentiert Spandler. "Wenn andere Länder eine Transformation hinbekommen, die vielleicht sogar noch später angefangen haben, wüsste ich nicht, warum wir das nicht hinbekommen sollen."
Sächsische Unternehmen fordern mehr Klimapolitik von neuer Landesregierung
Spandler ist mit dieser Haltung nicht allein. Er hat zum Auftakt des Ostdeutschen Energieforums einen Appell mitverfasst, der am Dienstag vorgestellt werden soll. Überschrift: "Der Freistaat braucht die Energiewende". Zu den mehr als sechzig Unterzeichnern gehören Pharmafirmen, Autozulieferer, Lebensmittelhersteller, zwei Industrie- und Handelskammern und Wacker in Nünchritz, Sachsens größter Chemiearbeitgeber.
Dessen Geschäfte leitet Jutta Matreux. Sie sagt: "Wenn der Planet wirklich klimaneutral werden soll, dann führt an regenerativen Energien gar kein Weg vorbei." Außerdem sei das die günstigste Energieform. Daher fordert Matreux: "Und deswegen sollten wir sie massiv ausbauen. Und daher wenden wir uns an die neue, sich gerade bildende sächsische Staatsregierung, dass wir hier mehr politischen Rückhalt für die sächsische Energiewende bekommen."
Bislang gehörte Sachsen beim Windkraftausbau zu den Schlusslichtern. Die Unterzeichner fordern, das zu ändern – mit schnellen Genehmigungsverfahren und einer verlässlichen Planung. Nur dann könne man energieintensive Produktion halten.
Wasserstoff als Erdgas-Ersaz
Zurück in Glaubitz. Damit aus flüssigem Stahl Granulat wird, wird die Schmelze in kaltes Wasser gespritzt. Werksleiter Spandler sagt, ein bisschen funktioniere seine Produktion wie Bleigießen. "Das ist unser Produkt. Das sind Stahlkörnchen, noch lauwarm, ein halber Millimeter Durchmesser in etwa. Gerade frisch entstanden. Bedarf noch der ganzen Wärmebehandlung."
Diese abschließende Wärmebehandlung findet mit Erdgas statt. Ein dickes, gelbes Rohr windet sich dafür durchs Werk. Spandler erklärt, dass es technologisch keine Notwendigkeit gebe, diesen Schritt im Prozess mit Erdgas durchzuführen. "Das ist deswegen Erdgas, weil in den letzten Jahrzehnten Erdgas der Energieträger war, der die meisten Kilowattstunden pro Euro geliefert hat", ordnet Spandler ein.
Spandler kann sich vorstellen, den finalen Schritt auf Wasserstoff umzustellen, oder auf Strom. Dafür allerdings brauche es eben deutlich mehr Ökostrom, eine sächsische Energiewende, die diesen Namen auch verdient.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 17. September 2024 | 06:12 Uhr
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