Moderner Traktor mit Feldspritze auf einem Maisfeld im Einsatz
Beim Maisanbau wurde lange das Pestizid S-Metolachlor verwendet. Bildrechte: IMAGO / Countrypixel

S-Metolachlor Wie belastet ist das Grundwasser in Sachsen mit Pestiziden?

11. November 2024, 11:36 Uhr

Das Pestizid S-Metolachlor war lange eines der wichtigsten Pflanzenschutzmittel beim Maisanbau. In diesem Jahr ist seine Zulassung EU-weit ausgelaufen und wurde nicht verlängert, denn der Stoff ist möglicherweise krebserregend. MDR AKTUELL-Hörerin Lena Schuster fragt sich, welche Mengen im Wasser zu finden sind und ob das gefährlich ist.

Heiko Schulze führt in ein Gebäude neben dem Wasserturm in Leipzig. Hier wird die Qualität des Trinkwassers untersucht. Heiko Schulze ist der Laborchef der Leipziger Wasserwerke.

Pipette und Teststreifen im Labor, das sei gestern gewesen, sagt Schulze. Heute werde das Wasser mit moderner Technik untersucht: "Das Gerät ist ein Massenspektrometer, eine Flüssigkeitschromatografie mit Massenspektrometrie. Die ist notwendig, einerseits um die Stoffe aufzutrennen und zum andern, um sie hochempfindlich detektieren zu können."

Heißt: In das Massenspektrometer kommen Trinkwasserproben aus dem gesamten Stadtgebiet. Die werden nach allen möglichen Stoffen untersucht: Arzneimittel, Industriechemikalien und Pflanzenschutzmittel, wie S-Metolachlor.

Abbauprodukte im Wasser nachweisbar

S-Metolachlor sei kaum wahrnehmbar bei den Messungen, sagt Schulze. Anders sei das bei den Abbauprodukten des Stoffes: "Das ist Metolachlorsäure und Metolachlorsulfonsäure. Beides sehen wir in unseren Wässern."

Allerdings nur in sehr niedrigen Konzentrationen, sagt Schulze. Metolachlorsäure etwa im Schnitt mit 30 Nanogramm je Liter. "Wenn Sie Leipziger sind, hab ich ein schönes Beispiel: Wenn Sie einen Würfelzucker nehmen und den im Kulkwitzer See auflösen, haben Sie ein Nanogramm." 30 Würfelzucker im Kulkwitzer See – so hoch ist also der Anteil Metolachlorsäure im Leipziger Trinkwasser.

Die Konzentration vom anderen Abbauprodukt Metolachlorsulfonsäure liegt laut Schulze meistens bei 100 Nanogramm pro Liter. Das ist deutlich unter dem gesundheitlichen Orientierungswert des Umweltbundesamtes von 3000 Nanogramm pro Liter.

Gefahr für Schnecken

Im Unterschied zum Trinkwasser gelten für das Grundwasser niedrigere Grenzwerte. Wasserlebewesen seien durch das Pflanzenschutzmittel stärker gefährdet als der Mensch, sagt Umweltmediziner Thomas Lob-Corzilius: "Im Bezug auf die gesundheitliche Belastung der Menschen, die Trinkwasser trinken würden, was oberhalb von 0,1 Mikrogramm pro Liter liegt, gibt es bisher keine Nachweise für gesundheitlichen Auswirkungen. Die Nachweise, die es gibt, treffen im Wesentlichen andere Lebewesen im Grundwasser, zum Beispiel Schnecken."

Wenn Schnecken im Wasser über lange Zeit hohe Konzentrationen von S-Metolachlor zu sich nehmen, kann das krebsgefährdend für die Tiere sein. Auch das Grundwasser wird deshalb auf S-Metolachlor untersucht. In Sachsen wurde laut Landesamt für Umwelt in einem Zeitraum von 2017 bis 2021 an mehr als 1.600 Stellen gemessen. Der Grenzwert wurde nur an einer Messstelle überschritten.

So lange im Trinkwasser Konzentrationen von S-Metolachlor unterhalb des gesundheitlichen Vorsorgewertes gemessen werden, sieht Umweltmediziner Lob-Corzilius keine Gesundheitsgefährdung für den Menschen. Gefährlich werde es erst, wenn Menschen über eine längere Zeit Trinkwasser mit deutlich höheren S-Metolachlor-Werten zu sich nehmen würden. Trotzdem sei es richtig, dass das Pestizid in der Landwirtschaft verboten wurde, sagt Lob-Corzilius. "Der Punkt ist ja, dass wir aus Vorsorgegründen sagen müssen, wir wollen den Stoff und seine Abbauprodukte nicht mehr länger einbringen ins Grundwasser."

Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel wurde ursprünglich am 08. November veröffentlicht. Als Reaktion auf einen Hörer-Hinweis hat der Autor den letzten Absatz ergänzt, um klar herauszustellen, welche Gefahren von S-Metolachlor ausgehen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 08. November 2024 | 06:25 Uhr

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