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Ronya Othmann Bildrechte: Cihan Cakmak

Ronya Othmann Leipziger Autorin verärgert über Ausschluss von Literaturfestival

19. Februar 2024, 19:31 Uhr

Am vergangenen Wochenende fand das renommierte Karachi Literature Festival in Pakistan statt. Die in Leipzig lebende Schriftstellerin Ronya Othmann sollte hier auftreten – wurde aber kurz vor der Eröffnung ausgeladen. Ihr werden "zionistische und islamophobe Positionen" vorgeworfen. Othmann hat sich nun bei MDR KULTUR dazu geäußert, wie die Ausladung aus ihrer Perspektive ablief, welche Schlüsse sie daraus zieht und was sie sich für die Zukunft wünscht.

Schon länger stehen deutsche Kultureinrichtungen in der Kritik, bezüglich Israels Vorgehen in Gaza und Westjordanland nicht kritisch genug zu sein. Künslerinnen und Künstler weltweit haben sogar zu einem Boykott aufgerufen, darunter Literaturnobelpreistreägerin Annie Ernaux. Nun der vorläufige Höhepunkt am vergangenen Wochenende: Beim renommierten Karachi Literature Festival in Pakistan wurde die in Leipzig lebende Schriftstellerin Ronya Othmann ausgeladen – nachdem sie bereits angereist war. Die Lage vor Ort sei beängstigend gewesen, berichtet sie bei MDR KULTUR.

Ein Rückblick auf die Ereignisse um Ronya Othmann

Bei dem pakistanischen Literatur-Festival wollte Othmann Texte aus ihrem Gedichtband "Die Verbrechen" sowie ihrem Romandebüt "Die Sommer" vorstellen. Darin widmet sie sich unter anderem dem Schicksal der Jesidinnen und Jesiden. Sie hat selbst kurdisch-jesidische Wurzeln.

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Ronya Othmann, Die Sommer, buch,cover 10 min
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Mit Unverständnis hat die in Leipzig lebende Schriftstellerin Ronya Othmann auf ihre Ausladung von einem Literaturfestival im pakistanischen Karachi reagiert.

MDR KULTUR - Das Radio Mo 19.02.2024 16:33Uhr 10:04 min

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Doch zu dem Auftritt kommt es am Ende nicht: Kurz vor der Eröffnung wird Othmann wieder ausgeladen. Die Autorin muss aus Sicherheitsgründen das Hotel wechseln und Karachi, die größte Stadt Pakistans, verlassen. Zuvor war ein offener Brief mit mehr als 400 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner in den sozialen Medien aufgetaucht. Darin werden Othmann "zionistische und islamophobe Positionen" vorgeworfen. Gegenstand der Kritik ist ihre Kolumne, die sie für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung schreibt. Noch vor dem Brief hatte eine Moderatorin von der University of York, Claire Chambers, ihre Teilnahme am Festival abgesagt – weil sie nicht mit Othmann in Verbindung gebracht werden wollte.

Die Eskalation der Ereignisse

Ursprünglich habe sie sich sehr auf das Festival gefreut, erzählt Ronya Othmann nun im Gespräch mit MDR KULTUR. Man komme schließlich nicht alle Tage nach Pakistan, um dort zu lesen und das Land kennenzulernen. Dann ging es jedoch Schlag auf Schlag. Von den englischsprachigen sozialen Medien sei der offene Brief irgendwann auch ins Urdu übersetzt worden. "Es ist sehr hochgekocht", sagt Othmann. Am Ende war sie keine 40 Stunden in Pakistan.

Es wurden laut der Autorin vor Ort auch falsche Informationen verbreitet. Das ärgere sie: "Es stehen in einem offenen Brief auch Sachen, die ich definitiv nicht so gesagt habe und nicht so sagen würde." So soll sie zum Beispiel alle Migranten in Deutschland als Islamisten und Terroristen bezeichnet haben. Dabei sei auch ihr Vater als Kurde aus Syrien nach Deutschland geflohen. "Das ist wirklich Unsinn", so Othmann.

Die Schriftstellerin Ronya Othmann aus Leipzig
Ronya Othmann hat u.a. den MDR-Literaturpreis gewonnen. Bildrechte: MDR/Hanna Romanowsky

Dass es überhaupt so weit kommen konnte wundert die Leipziger Schriftstellerin. Schließlich seien ihre Gedichte und Kolumnen nicht ins Urdu übersetzt worden oder in Pakistan erschienen. Sie schreibe stets auf Deutsch und auch hinter Bezahlschranken. Und bei der Beantragung des Visums habe sie auch keine Probleme gehabt. Othmann vermutet, dass jemand aus Europa oder Deutschland verantwortlich ist, Informationen durchgesteckt und auf sie aufmerksam gemacht hat. Dadurch habe man sie in Gefahr gebracht, sagt sie. Ottman vermutet, dass Menschen mit ihren Ansichten so zum Schweigen gebracht werden sollen.

Gemeinsamer Austausch ist nicht möglich - sagt auch der PEN Berlin

Othmann sagt abschließend: "Ich finde das sehr, sehr traurig." Vor allem auch, dass ein Austausch oder eine Diskussion nicht mehr möglich sei. Ähnlich sieht es auch der PEN Berlin, der sofort mit einem offenen Brief reagiert und die Entscheidung des Festivals scharf kritisiert hat. "Literatur kennt keine Landesgrenzen und muss auch in Zeiten innenpolitischer oder internationaler Erschütterungen eine allen Menschen gemeinsame Währung bleiben", wird die Charta des internationalen PEN darin zitiert.

Was die Ausladung mit ihr als Schriftstellerin mache, kann Othmann noch gar nicht sagen. Sie sei noch dabei sich zu sortieren. Nur eines sei sicher: Sie möchte weiter schreiben.

Quelle: MDR KULTUR (Ellen Schweda)
Redaktionelle Bearbeitung: as, bh

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 19. Februar 2024 | 16:10 Uhr

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