Versandgeschäft Paketzustellerin im Vorweihnachtsstress: "Können uns vor Arbeit kaum retten"
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21. Dezember 2024, 10:00 Uhr
Damit Weihnachten Geschenke und Deko an ihrem Platz im Wohnzimmer oder unterm Weihnachtsbaum liegen, bestellen sich die Menschen ihre Waren immer häufiger online. Beim Shopping auf dem Sofa machen sie sich keinen Stress. Den haben später Postzusteller und Paketdienstleister umso mehr. In diesen Tagen müssen sie die doppelte und dreifache Menge ausliefern - bis zur Belastungsgrenze. Dafür werden sie viel zu oft auch angehupt und bepöbelt.
Mittwochfrüh kurz nach 7 Uhr in Krostitz, einige Autominuten nördlich von Leipzig: Die Sonne ist zwar noch nicht aufgegangen, doch auf dem hell beleuchteten Firmengelände des Deutschen Paketdienstes (DPD) laufen bereits viele Menschen schnell umher. Das sei rund um die Uhr so, erzählt Standortleiter André Gasch. Denn in Krostitz arbeiten die Beschäftigten im Dreischichtsystem. Etwa 28.000 Pakete bekommen sie an normalen Tagen angeliefert. Im Advent können es laut Gasch auch bis zu 38.000 Pakete sein. Vor dem 3. Advent sei auch ein Tag mit 51.000 Paketen dabei gewesen.
Der Durchschnitt liegt derzeit bei 38.000 Paketen. In der Wochenspitze hatten wir auch schon 51.000 Pakete.
Die Sortiermaschine wartet schon
All diese in Containern gelieferten Pakete müssen nach ihrer Anlieferung durch eine Sortiermaschine. Die rote Riesenmaschine füllt eine ganze Werkhalle aus und rattert so laut, dass Standortleiter Gasch fast schreien muss bei seinen Erklärungen. Das Ungetüm vermisst und wiegt die Pakete. Und das können kleine Päckchen sein oder waschmaschinengroße Lieferungen, Möbel und E-Roller. Die schieben die Förderbänder der Sortiermaschine in den richtigen Abschnitt des Zustelldepots. Und dort fängt die Arbeit der Paketzustellerinnen und -zusteller an.
Scannen, verladen, losfahren
Mittlerweile ist es kurz nach 7:30 Uhr. Angela Kaube steht gemeinsam mit 26 Kollegen um ein Förderband herum. Im Sekundentakt rollen Pakete unterschiedlichster Formen und Größen an ihnen vorbei. Ihr Blick ist immer auf die Versandetiketten gerichtet. Denn anhand des darauf gedruckten Zahlencodes erkennt Angela Kaube, ob das Paket für ihr Zustellgebiet bestimmt ist oder nicht.
Augen auf "2R21/24"
Erspäht sie eines ihrer Pakete mit dem Code "2R21/24", nimmt sie es vom Band und scannt das Etikett. Das Scangerät verrät ihr dann, ob sie das Paket direkt in ihr Zustellauto einlädt oder nicht. Das ist laut Angela Kaube besonders wichtig für eine schnelle und effiziente Zulieferung. Pakete, die sie erst gegen Ende ihrer Tour abliefern soll, kämen hinten ins Auto und Pakete, die gleich zu Beginn ausgeliefert würden, kämen vorne rein. Zwei Stunden verbringt Angela Kaube mit der Beladung.
Heute sind es 115 Pakete, die in den weißen Transporter sollen. Dann rollt sie - wie die anderen etwa 270 Zusteller - vom Firmengelände.
Doppeltes Paketaufkommen vor Weihnachten
Angela Kaube erzählt, dass die Wochen ab Oktober bis nach dem 4. Advent für sie die stressigsten im Jahr sind. An manchen Tagen müsse sie so viele Pakete ausliefern, dass sie gar nicht wisse, wo sie anfangen soll.
Im Sommer ist wirklich sehr wenig. Im Winter kann man sich manchmal vor Arbeit kaum retten. Da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll, weil es wirklich viel zu viel ist.
Warum bestellen die Leute Möbel vor Weihnachten?
Während sie im Sommer etwa 80 bis 90 Stopps an Haustüren habe, seien es in der Vorweihnachtszeit teilweise doppelt so viele. Allerdings: Egal, wie voll der Laderaum ist: "Ich mach erst Feierabend, wenn das Auto leer ist." Besonders macht Angela Kaube zu schaffen, dass viele Pakete immer größer und schwerer werden. "Die Leute bestellen sich Weihnachten neue Möbel, ganze Einrichtungen und Autoreifen. Vieles davon bekomme ich allein kaum bewegt." Da komme jeder Zusteller an seine Belastungsgrenze.
Da fragt man sich schon, ob sich die Leute kurz vor Weihnachten alle neu einrichten.
Gute Laune trotz Akkordarbeit
Trotz des Stresses würde Angela Kaube ihren Job nicht gegen einen anderen tauschen wollen. Auch nach 13 Jahren nicht. Sie schätzt ihre Kolleginnen und Kollegen, die Zusammenarbeit und das Füreinanderdasein.
Wir sind ein gutes Team und halten zusammen. Wenn mal jemand eine stressigere Tour hat, dann helfen wir uns untereinander aus.
Selbst von unfreundlichen Empfängern will sich Angela Kaube nicht ihre gute Laune verderben lassen. "Mich lässt das kalt, was mir an den Kopf geworfen wird." Was sie tagtäglich an Unfreundlichkeit erlebe, könne sie gar nicht alles an sich heran lassen.
Weihnachtswunsch der Geschenke-Zusteller
Gerade deswegen wünscht sie sich mehr Toleranz und Akzeptanz für ihre Berufsgruppe. In der Vorweihnachtszeit seien viele Leute gestresst. Aber hupen und schreien, wenn ein Paketauto mal in einer engen Straße parkt, findet sie nicht angebracht. "Wir machen auch nur unseren Job. Jeder möchte doch seine Pakete bekommen", so Kaube.