Trotz Schulpflicht Familie in Leipzig seit zwei Jahren ohne Schulplätze für ihre Kinder
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13. Mai 2024, 14:26 Uhr
Obwohl in Sachsen die Schulpflicht gilt, warten die Söhne von Maria Hernandez seit mehr als zwei Jahren auf einen Schulplatz. Die ursprünglich aus Venezuela stammende Familie hat mit mehreren Problemen zu kämpfen, unter anderem bei der Kommunikation mit dem Landesschulamt. Wenn die Situation für ihre Kinder nicht bald besser wird, will die Mutter aus Leipzig wegziehen. Die Situation der Familie Hernandez ist kein Einzelfall.
- Eine Familie aus Venezuela kämpft seit zwei Jahren um Schulplätze für ihre Kinder.
- In Leipzig gibt es mehrere solcher Fälle.
- Wenn sich die Situation nicht verbessert, will die betroffene Familie in eine andere Stadt ziehen.
Maria Hernandez* ist im November 2021 mit ihren beiden Söhnen von Chile nach Leipzig gezogen. Trotz bestehender Schulpflicht warten die inzwischen 12 und 13 Jahre alten Kinder nun schon seit über zwei Jahren auf einen Schulplatz, wie die Mutter im Interview mit MDR AKTUELL schildert. Die ursprünglich aus Venezuela stammende Familie steht schon länger in Kontakt mit dem Landesamt für Schule und Bildung.
Das Problem: Die zuständige Ansprechpartnerin im Amt fiel mehrfach wegen Krankheit aus und war ungefähr ein halbes Jahr nicht erreichbar. Wie Hernandez berichtet, kam erschwerend hinzu, dass die Beraterin ihr einen Antrag zur Aussetzung der Schulpflicht zuschickte. Durch die Sprachbarriere habe sie nicht gewusst, worum es dabei ging und das Formular auf Drängen der Beraterin unterschrieben. Der Antrag sei jedoch abgelehnt worden.
Landesschulamt: Kinder brauchen Schulbegleiter
Darüber hinaus besteht Hernandez zufolge das Landesschulamt darauf, dass beide Kinder wegen ihrer Autismus-Diagnose einen Schulbegleiter brauchen. Die Betreuung durch einen Schulbegleiter muss über das Jugendamt beantragt werden. Dort teilte man der Mutter jedoch mit, dass kein Schulbegleiter eingestellt werden kann, solange die Kinder noch keine Schule besuchten.
Durch dieses Hin- und Herschieben von Verantwortlichkeiten gehe es nicht voran, erklärt Hernandez. Ihre letzte Hoffnung sei nun eine neue Beraterin beim Landesschulamt. Diese habe ihr gesagt, dass ihre beiden Söhne einen Schulplatz bekommen könnten, sobald getestet worden sei, welche Schulform für sie infrage komme.
Weitere Familien aus Leipzig ohne Schulplatz
Allerdings gab es solche Tests nach Aussage der Mutter bereits. Mehrere Ärzte sowie ein Kinderpsychiater hätten bescheinigt, dass die Kinder trotz ihres Autismus eine Regelschule besuchen könnten – einer der Jungen sogar das Gymnasium. Auch in Chile seien sie auf einer Regelschule gewesen. Dort hätten Tests ergeben, dass ein regulärer Schulbesuch möglich sei, wenn die Kinder nebenbei eine Therapie anfingen, erzählt Hernandez.
Wie die Elterninitiative FED Leipzig, die Hernandez und ihre Söhne betreut, im Gespräch mit MDR AKTUELL mitteilte, ist diese Situation kein Einzelfall. Auch andere Familien bekämen in Leipzig keinen Schulplatz und hätten sich mit dem Problem zum Beispiel an eine Anwaltskanzlei gewandt. Die Kanzlei MAA bestätigte auf Anfrage von MDR AKTUELL, dass ihr die Problematik bekannt sei. Sie verweist aber darauf, dass sie ihre Mandanten nur in asyl- und aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten berate.
Deutsche Bürokratie als großes Problem
Hernandez erzählt, dass sie nach Deutschland gekommen sei, um ihren Kindern einen besseren Zugang zu Gesundheit und Bildung zu ermöglichen. Während sie die gesundheitliche Versorgung als einwandfrei beschreibt, hält sie die Lage bei der Bildung für katastrophal. Obwohl Deutschland viel zu bieten habe, gebe es veraltete bürokratische Strukturen, mit denen sich das Land selbst im Weg stehe.
Um den fehlenden Schulbesuch ihrer Söhne auszugleichen, gibt Hernandez ihnen selbst Deutsch- und Matheunterricht. Außerdem habe sie ein Projekt mit spanisch sprechenden Kursleitern gefunden, in dem ihre Kinder künstlerisch aktiv seien. Auch privaten Klavierunterricht bei einer Lehrerin aus Chile konnte sie organisieren. Trotzdem seien die Möglichkeiten zur Nutzung solcher Angebote begrenzt, beklagt Hernandez. Einerseits, weil die Kinder noch kaum Deutsch sprechen könnten, andererseits, weil die Familie die Kurse selbst bezahlen müsse.
Umzug nach Braunschweig
Wenn ihre Söhne nicht bald einen Schulplatz bekommen, will Hernandez aus Leipzig wegziehen. Sie erzählt, dass sie bereits in Kontakt mit der Hilfsorganisation Caritas und dem Jobcenter in Braunschweig stehe. Dort sei ihr mitgeteilt worden, dass man keinen Grund sehe, warum die Kinder nicht auf eine Schule gehen könnten und nicht verstehe, weshalb das in Leipzig nicht möglich sei.
Allerdings ist es Hernandez bisher nicht gelungen, eine geeignete Wohnung in Braunschweig zu finden. Das Problem hat sie auch schon in Leipzig gehabt. Sobald die Vermieter erfahren hätten, dass sie arbeitslos sei, hätten sie sie abgewiesen, berichtet die Mutter. Deshalb lebt sie seit der Ankunft in Leipzig mit ihrer Familie in einer Gemeinschaftsunterkunft. Sie hofft, dass sich die Situation für ihre Söhne bald verbessert und sie eine Schule besuchen können. Dafür will sie alles tun, was sie kann.
*Der Name wurde von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 12. Mai 2024 | 08:30 Uhr