Von Sachsen nach Marokko Extremradler Lars Uhlemann beendet Tour im Erdbebengebiet Marrakesch

11. September 2023, 19:02 Uhr

Auf seiner intensiven Radtour alleine von Sachsen bis nach Marokko ist Lars Uhlemann kurz vor dem Ziel in eine Naturkatastrophe geraten, das Erdbeben in und rund um Marrakesch. Da kam er mit dem Schrecken davon. MDR SACHSEN sprach mit dem Leipziger Abenteurer nach seiner Ankunft am Ziel seiner Extremradtour über die Lage in der Stadt und seine 30-Tage-Tour durch Europa.

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Als ob eine fast 4.000 Kilometer lange Radfahrt von Leipzig bis nach Marrakesch nicht schon heftig genug wäre. Nein, kurz vor dem Ziel geriet der Leipziger Extremsportler Lars Uhlemann auch noch in das Erdbeben von Marokko.

Erdbeben live: "Irgendetwas stimmt hier nicht"

Da war er gerade in der Stadt Berrechid, bei Casablanca und 200 Kilometer von Marrakesch entfernt, wie der 39-Jährige MDR SACHSEN berichtete: "Ich war abends um Elf im Bett und wollte gerade pennen. Da wackelten die Wände. Es kam mir vor, als würde ein Lkw draußen schnell vorbei fahren. Nach fünf Sekunden dachte ich mir: 'Irgendetwas stimmt nicht'. Das ganze Haus wackelte zehn bis 20 Zentimeter hin und her". Aufklärung kam über die Haussprechanlage der privaten Unterkunft: "Come down, it's an earthquake" hieß es da (Deutsch: Kommen Sie herunter, es ist ein Erdbeben, Anm. der Red.).

"Was, wenn das Gebäude jetzt einstürzt?"

So schnell habe er sich noch nie angezogen, Reisepass, Personalausweis und Zigaretten riss er noch an sich: "Da stand die ganze Straße in dem städtischen Wohnviertel unten - etwa 200 Leute, auch der Sohn des Eigentümers", berichtet Uhlemann: "Das Erdbeben war schon krass, wenn man damit nicht rechnet, dann wurde das immer stärker. Du gehst mit wackligen Beinen herunter und denkst: 'Was ist, wenn das Gebäude jetzt einstürzt?'"

Epizentrum südlich von Lars Uhlmanns Ziel in Marrakesch

Das tat es zum Glück nicht, äußere Schäden waren nicht zu erkennen. So konnte der ehemalige Leichtathlet auch noch die letzten Kilometer bis zum Endpunkt Marrakesch absolvieren. 70 Kilometer südlich der Metropole war das Epizentrum des Bebens, im Atlasgebirge. Es wies eine Stärke von 6,8 auf. Beim stärksten Beben in der Region seit mehr als 100 Jahren starben nach Angaben des marokkanischen Innenministeriums bislang fast 2.500 Menschen, viele davon in Marrakesch. Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht von mehr als 300.000 Betroffenen. Das Land rief eine dreitägige Staatstrauer aus.

"Viele Gebäude sind zerstört"

Der Leipziger Lars Uhlemann sah beim Kauf des Rückflugtickets die Nationalflaggen auf Halbmast. In der Stadt seien "viele Gebäude zerstört, Wände und Mauern sind eingestürzt. Gerade in der Altstadt Medina. Es sieht aus wie nach einem Bombenangriff." Die Aufräumarbeiten liefen, das normale Leben gehe aber auch schon wieder weiter. Der Markt habe ebenso auf wie Gaststätten.

133 Kilometer im Schnitt pro Tag

Bis Donnerstag bleibt er noch in Marrakesch und hat sich vorgenommen, nach seinem Ritt über 3.934 Kilometer einfach mal in Ruhe einen Kaffee zu trinken - im Schnitt legte er 133 Kilometer pro Tag zurück. Treppensteigen muss nicht sein: "Ich wohne hier im Hotel im zweiten Stock. Am Ende der Treppe machen die Muskeln dicht, weil meine Oberschenkel einfach durch sind."

Sechs Hunde jagten den Sachsen

Beim Kaffeetrinken kann er dann an die Hunde denken, die ihn in Marokko verfolgten: "Das war zuerst nur einer, dann wurden es immer mehr und am Ende waren es sechs. Alle sehr aggressiv. Mit dem rechten Bein wehrte ich sie ab. Links musste ich auf einen Graben aufpassen. Wenn du da hinfliegst, ist es vorbei." Fortan schleppte er zwei Steine zur Hundeabwehr mit.

32 Kilometer Umweg "dank" der spanischen Polizei

Vergleichsweise entspannt ging es dagegen im Süden von Spanien zu: Kurz vor Algeciras und der Überfahrt nach Afrika stoppte ihn die Polizei auf der Autobahn, als er gerade ein Bild von Gibraltar schießen wollte. 100 Euro Strafe waren schon blöd genug, aber die Acht-Kilometer-Reststrecke über die Autobahn waren nun auch passé. So ging es mit einem umständlichen 32 Kilometer langen Umweg in die Hafenstadt.

Spanien war ihm zu hügelig

Nicht der einzige Umweg in Spanien. Genervt vom Auf und Ab auf der Strecke mitten durch Spanien entschied er sich für die Küstenroute über Barcelona, Valencia und Malaga. Die 500 Kilometer erschienen ihm besser als jeder weitere Tag mit bis zu 1.400 Höhenmetern: "Da hatte ich die Schnauze voll", so der Windkraftanlagen-Techniker.

Nächste Abenteuer sind schon im Kopf

Bald muss er wieder auf Windräder klettern. Die nächsten Ziele sind aber schon ins Auge gefasst: Entweder von Leipzig nach Moskau. Oder "Nordkap 4.000". Dabei geht es von Italien aus ans Nordkap. Da war er sogar schon. Klingt fast harmlos für einen wie Lars Uhlemann. Aber: Es gibt ein Zeitlimit. In 22 Tagen muss die Strecke von 4.200 Kilometern absolviert sein. Zuletzt nahmen bis zu 200 Mutige am Ultracycling-Rennen teil. Ein bisschen Abenteuer und Nervenkitzel braucht er aber auch noch in Marrakesch: "Ich will mir unbedingt mal einen Schlangenbeschwörer ansehen".

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 11. September 2023 | 14:30 Uhr

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