
Steigende Preise Besuch in Leipziger Röstereien: Wird Kaffee bald wieder zum Luxusgut?
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17. März 2025, 05:00 Uhr
Es ist kurz nach sieben Uhr. Der Wecker klingelt und die ersten Sonnenstrahlen fallen durch die Vorhänge ins Zimmer. Für viele Menschen geht morgens der erste Gang in Richtung Küche. Egal ob Vollautomat, Siebträger, Filter- oder Kapselmaschine: Ein Kaffee muss es sein. Es riecht nach frisch gemahlenen Bohnen und dem gebrühten Heißgetränk, das für zwei von drei Sachsen zum morgendlichen Ritual dazugehört. Doch das aromatische Vergnügen ist in den vergangenen Jahren immer teurer geworden.
Jens Rettig und seine Partnerin Anne Wendt betreiben seit mehr als fünf Jahren eine Rösterei samt Café im Leipziger Westen. Die beiden hatten durch den Beginn der Corona-Pandemie kurz nach ihrer Eröffnung einen eher holprigen Start im sächsischen Kaffeegeschäft.
So mussten sich die beiden anfangs fast gänzlich auf den Außer-Haus-Verkauf ihrer gerösteten Bohnen stützen. Doch laut Rettig läuft das Geschäft mittlerweile sehr gut. Was bei der aktuellen finanziellen Lage auf den internationalen Kaffeemärkten nicht selbstverständlich sei.
Kaffeebörsen bestimmen den Preis
Nach den Angaben des Deutschen Kaffeeverbands wird ein Großteil des weltweiten Kaffees auf zwei Börsen gehandelt. Dort wird der Kaffee spekulativ gekauft und erst im Anschluss angebaut und geerntet.
Viele Röstereien kaufen ihren Kaffee nicht direkt bei produzierenden Bauern, sondern über einen Mittelsmann. Einem Importeur, der den börsengehandelten Kaffee weiterverkauft. Und dort sind die Preise in den vergangenen Jahren stark gestiegen - seit 2020 um 20 Prozent. Für 2025 prognostiziert der Verband einen erneuten Preisanstieg.
Jens Rettig erzählt, dass er diesen Handel glücklicherweise umgehen kann. Durch seinen damaligen Lehrmeister Steffen Schwarz habe er Kontakte zu verschiedenen Kaffeebauern unter anderem in Indien, Brasilien und El Salvador bekommen. Mittlerweile beziehen Rettig und seine Partnerin ihren Rohkaffee direkt von dort. Mit Hilfe von Langzeitverträgen sei für beide Seiten klar, was für das Kilo bezahlt werde. Das schützt laut Rettig zum Teil vor dem Preisanstieg an den Börsen.
Wir sind aufgrund von Langzeitverträgen ein bisschen von den massiven Preisanstiegen geschützt.
Doch vor Ernteausfällen ist er damit nicht abgesichert. Ist der Ertrag einer seiner bestellten Bohnen geringer als angedacht, produziert er weniger gerösteten Kaffee von eben dieser Sorte. Dadurch, dass er nur an Privatkunden und nicht an große Supermarktketten verkauft, sei das aber nicht weiter problematisch. Ihre Preise mussten Jens Rettig und Anne Wendt eigenen Angaben zufolge in den vergangenen Jahren trotzdem nach oben korrigieren.
Klimakrise als Hauptgrund
Laut Rettig gibt es viele Gründe für die Preissteigerung: Kosten für Transport, Löhne, Düngemittel und der weltweit gestiegene Kaffeebedarf. Doch der Hauptgrund sei nach wie vor die Klimakrise. Brasilien zum Beispiel habe durch Dürreperioden in den letzten Jahren massive Ernteausfälle gehabt, wohingegen Vietnam mit Überschwemmungen zu kämpfen hatte. Einige der Probleme würden durch die Direktabnahme beim Erzeuger wegfallen, erklärt Rettig. Nicht zuletzt, weil die Bauern, mit denen er zusammenarbeitet, ökologisch anbauen und wenig Düngemittel benutzen.
Spekulantengeschäfte fallen bei uns aus der Preisbildung heraus. Genauso wie die Problematik mit den Düngemitteln. Doch extreme Wetterereignisse bleiben.
Aktuell bezahlen Kundinnen und Kunden bei Jens Rettig und Anne Wendt in etwa 45 Euro für ein Kilo Kaffee. Durch die Direktabnahme bekämen Kundinnen und Kunden dadurch aber auch ein Premiumprodukt und eines, dass von der Qualität her deutlich besser sei, als das von Zwischenhändlern, so Rettig.
Qualitätssicherung durch Zwischenhändler
Einer, der ebenfalls von seinem Kaffee überzeugt ist, ist Mario Rose. Er betreibt zusammen mit seiner Frau Annette eine Rösterei im Leipziger Zentrum-West. Seinen Kaffee bezieht er nicht direkt vom Bauern, sondern einem Zwischenhändler aus Hamburg. Das habe für ihn den Vorteil, dass nicht er selbst für eine gleichbleibende Qualität des Rohkaffees sorgen müsse.
Der Kaffeehändler garantiert Dir im Einkauf eine gewisse Qualität, unter anderem durch Labortests.
Außerdem kann Rose so immer die Menge an Kaffeesorte mit entsprechender Qualität einkaufen, die er braucht. Ständige Verfügbarkeit spielt für ihn eine große Rolle, da er viele Supermärkte in und um Leipzig beliefert. Dadurch könne er nicht einfach eine Kaffeesorte von einem auf den anderen Tag aus dem Sortiment nehmen, wenn die Ernte doch einmal schlechter ausgefallen sei.
Doch obwohl er größere Mengen Kaffee als Jens Rettig einkauft, spürt auch Mario Rose den Preisdruck. Aktuell kostet das Kilo gerösteter Kaffee beim ihm etwa 35 Euro. Rose erzählt, die Preise für Rohkaffee seien vor fünf Jahren im Keller gewesen. Seitdem habe sich der Einkaufspreis fast verdoppelt. Zwar müsse er die Mehrkosten zum Großteil auf die Kunden umlegen, negativ aufs Geschäft auswirken würde sich das allerdings noch nicht.
Kaffee könnte wieder ein Luxusprodukt werden
Auch wenn sich die beiden Röstereien durch die unterschiedlichen Wege an ihren Rohkaffee zu kommen grundlegend unterscheiden, so eint beide die Einschätzung, dass Kaffee über die Jahrzehnte hinweg verramscht worden ist. Was einst als Luxusprodukt galt, sei mit der Zeit viel zu günstig geworden.
Wenn man mal rückblickend sieht, welche Preise Kaffee ursprünglich hatte, als es noch Kolonialwarenläden gab, war es ein absolutes Luxusprodukt.
Kleine Röstereien wünschen sich bewussten Genuss
Trotz aller Unwegsamkeiten blicken die beiden einigermaßen positiv in die Zukunft. Zwar wird das Kaffeegeschäft laut Mario Rose sicherlich schwieriger werden, aber er ist sich sicher, dass es auch für höherpreisigen Kaffee wie seinen nach wie vor Bedarf gibt.
Wenn man sich mal anschaut, wie der Kaffee gewonnen wird, was das für ein Aufwand ist, dann finde ich, ist der aktuelle Preis viel gerechtfertigter, als noch vor ein paar Jahren.
Und Jens Rettig hofft, dass mehr Menschen künftig auf qualitativ hochwertigeren Kaffee zurückgreifen und bewusster genießen. Besonders, wenn der Preis für den günstigen Supermarktkaffee bald nicht mehr so weit vom Premiumkaffee aus der Rösterei um die Ecke entfernt liegt.
MDR (koh)