Selbstbestimmungsgesetz Viele Anmeldungen für die Anpassung des Geschlechtseintrags in Leipzig
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30. September 2024, 07:27 Uhr
Am 1. November tritt das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft: Damit können alle transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen ändern lassen – und zwar wesentlich unkomplizierter als bislang. In Leipzig haben sich dafür bereits 600 Menschen angemeldet.
- Bisher war es sehr teuer und aufwendig, Geschlecht und Namen im Personalausweis anzupassen – das ändert sich nun.
- In Leipzig wollen besonders viele Menschen ihren Geschlechtseintrag und Vornamen im Personalausweis ändern lassen.
- Experten vermuten, dass es daran liegt, dass in Leipzig viele junge Menschen wohnen.
Nora hieß nicht immer Nora. Sie kramt ihren Ausweis hervor. "Inzwischen geht es wieder. Aber bis vor einem halben Jahr hatte ich einen, da war ich 17 und bärtig. Das wurde mir immer nicht abgenommen. Keiner wollte meinem Ausweis glauben." Das besagte Foto war vor ihrem Outing im Jahr 2020 entstanden. Eine Zeit, in der sich Nora noch mit ihrem männlichen Geburtsnamen vorstellte. Bald wird sie wieder einen neuen Ausweis haben – mit dem weiblichen Namen, den sie sich selbst ausgesucht hat. Nora eben.
Als Junge beziehungsweise Mann hat sie sich noch nie gefühlt. Den Wunsch, auch auf dem Papier weiblich zu werden, hatte sie schon lange. Aber: "Das war für mich finanziell einfach gar nicht stemmbar. Ich bin sehr dankbar, dass jetzt die Möglichkeit besteht, das für weniger Geld zu tun und mit deutlich weniger emotionalen Hürden."
Änderung des Geschlechtseintrags bisher sehr teuer
Bislang haben Gerichte auf Basis von zwei Gutachten entschieden, ob das Geschlecht gewechselt werden kann. Die Kosten mussten die Antragstellenden übernehmen – in Mitteldeutschland lagen die plus Gerichtskosten zuletzt bei rund 1.500 bis 1.800 Euro.
Das ist bald vorbei. Ab dem 1. November kann jeder selbst Geschlechtseintrag und Vornamen beim Standesamt ändern lassen. Bereits seit August kann man sich dafür anmelden.
Viele Anmeldungen in Leipzig
In Leipzig stapeln sich inzwischen mehr als 600 Anmeldungen. Eine Zahl, die selbst das Rathaus überrascht hat. Eine solche Resonanz habe man nicht erwartet, teilt eine Stadtsprecherin mit.
Nicht nur im regionalen Vergleich sticht Leipzig hervor: In Magdeburg warten derzeit rund 50 Anmeldungen darauf, bearbeitet zu werden. In Dresden sind es rund 255, in Erfurt 62. Und selbst in der Metropole München und in der für ihre Offenheit bekannte Millionenstadt Köln haben sich – bezogen auf die Leipziger Zahl – nur rund die Hälfte der Menschen für die Änderung angemeldet.
Anpassung aus finanziellen Gründen nicht möglich
Woran liegt das? Nachgefragt bei Alexander Röbisch-Naß. Der Leipziger Psychologe hat bislang Gutachten über Personen erstellt, die ihr Geschlecht nach der alten Rechtslage ändern wollten. Er glaubt, dass viele – wie auch Nora – die Änderung aus finanziellen Gründen aufgeschoben haben.
Doch trifft das nicht auf München wie auf Leipzig zu? Jein, meint Röbisch-Naß: Leipzig sei eine recht junge und auch recht studentisch geprägte Stadt. "Auch in meinen sonstigen Behandlungen im medizinischen Kontext sind viele der Personen Anfang bis Mitte 20. Gerade da ist das Thema Geld eine sehr relevante Sache."
Auch Gabriel_Nox Koenig vom Bundesverband "Trans*" kann ebenfalls nur mutmaßen: "Viele queere Personen, die das Gefühl haben, in der Region, in der sie aufwachsen, ist wenig Raum für queeres Leben, ziehen nach Leipzig." Gleichzeitig gebe es in Leipzig zum Beispiel mit dem Verein "Rosalinde" auch Anlaufstellen.
Gute Erfahrungen in Leipzig
Und, was sagt man in der Rosalinde? Lux Homfeldt berät bei dem Verein für queere Begegnung, Bildung und Beratung, Jugendliche zum Thema geschlechtliche Identität. Homfeldt geht davon aus, dass viele, die ihr Geschlecht jetzt in Leipzig ändern wollen, eigentlich woanders wohnen. Denn möglich ist das bei jedem Standesamt: "Meine Vermutung wäre, dass in Leipzig bisher relativ gute Erfahrungen gemacht wurden und sich das auch in der Community weiterträgt."
Ein Lob für die Leipziger Verwaltung. Eine Statistik darüber, wo die gut 600 angemeldeten Menschen zu Hause sind, gibt es indes nicht.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 30. September 2024 | 06:10 Uhr