Panometer in Leipzig Asisi interpretiert Monets "Kathedrale von Rouen"
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16. März 2024, 04:00 Uhr
Seit vielen Jahren zeigt Yadegar Asisi im "Panometer" Leipzig riesige 360°-Panorama-Kunstwerke, ob zur Völkerschlacht oder 9/11. Diesmal hat er Claude Monets Bildserie "Die Kathedrale von Rouen" interpretiert. Auf einer die Besucher umgebenden Fläche von 32 x 110 m kann man in die Bilderwelt des Impressionisten eintauchen und die Erweiterungen durch Asisi erkunden.
- Für sein neues Werk im Leipziger Panometer ließ sich Yadegar Asisi von Monets Bildserie "Die Kathedrale von Rouen" inspirieren, er schwelgt in Farben und Licht.
- Auf dem 360-Grad-Bild lassen sich zahlreiche Details entdecken, beispielsweise "sein" Künstlerkollege Claude Monet in einem der Fenster.
- Für Asisi ist seine Kunst auch ein Aufbegehren der menschlichen Fantasie und sein neues Panorama-Bild eine Botschaft zum Umgang mit Künstlicher Intelligenz.
Vor 150 Jahren war es, dass im Mai 1874 die erste Gruppenausstellung der Impressionisten in Paris stattfand. Ein Blick auf die aktuelle Ausstellungslandschaft zeigt: Impressionismus boomt in heutigen Tagen, in Museen, hat aber mit dem Furor seiner Tupfen und Flecken auch das Zeug zu einem Multimedia-Blockbuster.
Nachdem viele immersive Lichtshows Werke von Claude Monet inszenieren, gibt sich in Leipzig nun auch der König der Panoramen die Ehre: Yadegar Asisi hat Monets Bildserie "Die Kathedrale von Rouen" umgesetzt und zeigt sie jetzt im "Panometer".
Schwelgen in Farbe und Licht
Im Panometer in Leipzig wird in Farbe und Licht geschwelgt – ein Vorgang, dem manche therapeutischen Kräfte bescheinigen. Monet fing auf seinen Bildern das Licht der auf- und untergehenden Sonne ein. Ein Millionenpublikum dankt es ihm bis heute. Der Maler ist ein Weltstar. Ein nicht enden wollender Ausstellungsreigen kündet davon und auch multimediale Immersionsshows inszenieren dieser Tage Monet.
Neben den "Seerosen" und seinen Sonnenaufgängen hat Monet auch weniger bekannte Bilder geschaffen, etwa die der "Kathedrale von Rouen". 33 Gemälde sind es, eine Bildserie, in extremer Nahsicht gemalt, die auf der gotischen Fassade des Sakralbaus das Spiel der Licht- und Wetterverhältnisse einfangen. Asisi, König der Panoramen (zumindest in Deutschland), hat nun die von Monet im kleinen Ausschnitt gemalte Serie in ein 360°-Panorama umgesetzt.
Gehen wir lieber in den Park?
Im Multimedia-Zeitalter entpuppt sich Monet einmal mehr als Verkaufsschlager, weil er dem Licht huldigte, das sich heute auf künstliche Weise effektvoll inszenieren lässt. "Gehen wir lieber in den Park?", werden da manche fragen. Aber nein, ins "Panometer" in Leipzig!
Inmitten der 32 m hohen Rotunde, das 110 m breite Rundbild vor Augen, lässt sich der 15 m hohe Aussichtsturm besteigen. Auf ihm hat Asisi auf den verschiedenen Plattformen unendlich viele Scheinwerfer anbringen lassen, die nun die Kathedrale von Rouen als Panorama, ganz im Sinne Monets, in die verschiedenen Farbbestimmungen tauchen.
Unterhaltungs- und Kunstform mit Geschichte
Panoramen, Rundbilder, sind eine alte, massenkompatible Unterhaltungs- und Kunstform. Sie folgen ihren eigenen Gesetzen. Neben sagenhaften Landschaften, zu denen wohl im weitesten Sinne Monets "Kathedrale von Rouen" zu zählen ist, und denkwürdigen Ereignissen, auch die Völkerschlacht und 9/11 inszenierte Asisi bereits in Leipzig, leben Rundbilder vom vielgestaltig auftretenden Bildpersonal. Auf Monets Kathedralen-Bildern gibt es leider keins!
Hier setzt die Kunst von Asisi ein, der Monet für sein Panorama komplettierte, Häuser und Menschen aus den Jahren 1892 bis 1894 (der Entstehungszeit der Bildserie) hinzuerfand und auch hinzu malte.
Claude Monet grüßt aus dem Fenster
Auf 6x2 Metern malte Asisi seine Panorama-Version der "Kathedrale von Rouen", bevor das Bild in einem speziellen Verfahren auf Stoffbahnen fürs "Panometer" übertragen wurde. Die zeigen nun, neben der französischen Provinzstadt Rouen, hier ließ sich Asisi von historischen Ansichten inspirieren, jede Menge Personal: natürlich Monet, den Maler, in einem Fenster gegenüber der Kathedrale. Tatsächlich hatte dieser von einem solchen aus den Bau einst gemalt und musste die Perspektive seiner Bildserie wechseln, als er zum Umzug genötigt wurde.
Auf dem Marktplatz ist indessen eine Art Wimmelbild entstanden: Vor einem Wäschegeschäft steht ein Pulk von Frauen in historischer Kleidung. Sind es die berühmten Grisetten, Putzmacherinnen und Weißnäherinnen, die sich da tummeln?
Männeransammlungen gibt es zudem. Asisi verewigte Impressionisten wie Pissaro oder Sisley in seinem Panorama. Gauguin findet sich, van Gogh, manchmal gar der Mal-Duktus des Letzteren. Asisi versichert, dass es ihm viel Freude gemacht hat, ein impressionistisches Gemälde zu komplettieren.
Botschaft zum Umgang mit KI
Eine besondere Männergruppe ist im Panoramabild nicht im impressionistischen Stil, sondern in akademischer Malweise dargestellt: Protagonisten derselben sowie Kunstkritiker jener Zeit, die sich anfangs heftig am Impressionismus rieben.
Neben der Freude an der impressionistischen Malweise und deren Formung zu einem pittoresken Panoramabild hat Asisi sogar im Impressionismus eine Botschaft zum Umgang mit KI entdeckt, die er seinem Publikum nicht vorenthalten möchte. Asisi betont, "dass die menschliche Fantasie damals die Malerei aus ihrer Krise befreit hat, die sich mit dem Aufkommen der Fotografie anbahnte – und auch heute, unter KI, wird die menschliche Fantasie neue Kunstformen finden."
Schau mit Bildungs-Facette
Das Eintauchen ins Kunstwerk, das heute viele Immersions-Shows feiern und letztlich auch die Impressionisten beförderten, ist auch in Asisis Monet-Panorama zu erleben. Schließlich gelten Panoramen als Vorläufer der Immersion.
Hinzu kommt jedoch eine Bildungs-Facette, die sich über das Bildpersonal und eine liebevoll bebilderte Ausstellung in den Vorräumen, zu akademischer und impressionistischer Malweise, erschließt. Letztlich ist es ein abenteuerlicher Gedanke, Monet auf einem Panoramabild zu komplettieren. Man muss sich darauf einlassen wollen.
Die Ausstellung
Die Kathedrale von Monet – Freiheit des Malens
360°-Panorama von Yadegar Asisi
Panometer Leipzig
Richard-Lehmann-Str. 114, 04275 Leipzig
Öffnungszeiten:
Montag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr
Quelle: MDR KULTUR (Ulrike Thielmann); Redaktionelle Bearbeitung: op
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 16. März 2024 | 10:15 Uhr