Ein Mann im Arztkittel steckt sich ein Bündel Geldscheine in die Tasche
Wenn ein privater Investor in eine Arztpraxis finanziell mit einsteigt, bringt das ein gewisses Risiko mit sich – so wie beim nun insolventen Kopfzentrum Leipzig. Bildrechte: picture-alliance/ dpa | Tobias Hase

Leipzig Pleite von Kopfzentrum: Experten fordern mehr Transparenz bei privaten Investoren

14. April 2023, 05:00 Uhr

Nach einer Razzia im Oktober kommt nun der finale Schlag für die Kopfzentrum-Gruppe in Leipzig: Sie ist insolvent. Für Experten sind die privaten Investoren das Problem. Wie könnte eine Finanzierung von medizinischen Versorgungszentren künftig aussehen, um Schließungen vorzubeugen?

Nicht nur in der Werbung, auch unter den Leipziger HNO-Arztpraxen ist die Kopfzentrum Gruppe gut präsent – gewesen. Von rund 39 Vollzeitstellen gehörten sechs Hals-Nasen-Ohrenärzte zu ihr.

Auch wenn es für Dauerpatienten hart sei, seinen Arzt zu verlieren, gibt der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung in Sachsen, Klaus Heckemann, für Versorgungsengpässe Entwarnung. Er geht davon aus, dass die Ärzte, die bisher im Kopfzentrum angestellt gewesen sind, schnell andere Möglichkeiten der Beschäftigung finden würden: "Sie können in die eigene Niederlassung gehen, sich in einer anderen Praxis anstellen lassen." Und diese Übergangsphase sollte nicht länger als ein halbes Jahr dauern, schätzt die Kassenärztliche Vereinigung.

Private Investoren nicht risikofrei

Dabei hatte die Kopfzentrum-Gruppe als normale HNO-Praxis begonnen. Inzwischen ist sie an eine Investorengruppe aus Frankfurt am Main verkauft worden. Generell betrachtet seien private Investoren im Gesundheitswesen ein Spiel mit dem Feuer. Heckemann sagt: "Weil mittlerweile die großen Private-Equity-Fonds und Ähnliches das entdeckt haben." Im zahnärztlichen Bereich sei es sogar noch schlimmer. Die Fonds gingen davon aus, dort das schnelle Geld verdienen zu können. "Und man hat ja keine Beziehungen dazu, es ist ja nicht mehr die eigene Praxis."

Sächsische Landesärztekammer fordert Investitionsobergrenze

Diesen Trend beobachtet auch der Präsident der sächsischen Landesärztekammer, Erik Bodendieck, seit Jahren. Er fordert deshalb eine Begrenzung der Investitionstätigkeit in die medizinische Versorgung hinein. "Weil wir dort negative Auswirkungen für die Patientenversorgung sehen. Also es geht hier um ein Profitinteresse, was von externen Investoren erhoben wird." Und das sei für ein solidarisches Gesundheitssystem nicht abbildbar, findet der Ärztekammerpräsident.

So sieht es auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im sächsischen Landtag, Susanne Schaper. Sie plädiert sogar für ein Verbot von privaten Investoren in medizinischen Versorgungszentren. Wenn man es schon zulasse, dann, um Pleiten zu vermeiden. Die Kassenärztliche Vereinigung müsse ja schauen, was mit ihren Kassenarztsitzen passiert und diese kontrollieren. "Das Staatsministerium zieht sich ja meist darauf zurück, dass es in der Selbstverwaltung ist", sagt Schaper.

CDU: Investoren sollten Grundversorgung mittragen

Das sei der falsche Ansatz, kritisieren wiederum die Kassenärztliche Vereinigung und Landesärztekammer. Denn ausgerechnet die Ärzteschaft hatte damals vor so einem System gewarnt.

Dagegen hält der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Alexander Dierks, nichts davon, private Investoren grundsätzlich zu verteufeln. Das Miteinander der verschiedenen Formen habe in den vergangenen Jahren tendenziell zu Verbesserungen geführt, erklärt Dierks. Vielmehr sollten diese Investoren dazu verpflichtet werden, auch Aufgaben der Grundversorgung zu übernehmen. Dierks glaubt: "Da muss insbesondere auf Bundesebene noch einmal geschaut werden, inwieweit dort rechtliche Anpassungen als Voraussetzung für die Übernahme von medizinischen Versorgungszentren durch private Investoren oder private Firmen gesetzt werden."

Mehr Transparenz bei finanziellen Anteilen

Heckemann von der Kassenärztlichen Vereinigung in Sachsen hat da noch eine weitere Idee: An jedem Praxis-Schild sollte stehen, wer wirtschaftlich dafür verantwortlich ist – also wer am Ende das Geld verdient. "Am besten auch noch mit Firmenadresse. Wenn man liest, dass das Geld am Ende auf den Kaimaninseln ist, würde vielleicht mancher sagen: Ist nicht so ganz meins."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 14. April 2023 | 06:00 Uhr

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