Ein ehemaliger Kutschenraum.
Wo einst die Kutschen der Herrschaft standen, wird heute gewählt. Seit acht Jahren ist die Scheune des Ritterguts Kössern Wahllokal für die Gemeinde. Bildrechte: MDR/Roland Kühnke

Landtagswahl Ritterlich wählen gehen im Rittergut Kössern

26. August 2024, 16:31 Uhr

Die Landtagswahlen in Sachsen stehen an. Die Vorbereitungen dazu laufen schon seit Wochen. Denn jede Kommune muss Wahllokale vorhalten. Am besten barrierefrei und gut zu erreichen. Gewählt wird dann in der Kita Bärchenland, in der Grundschule um die Ecke oder eben in einem Rittergut wie in Kössern. Für manche Wähler ist dieses Wahllokal im Muldental bei Grimma das schönste in Sachsen.

Zu DDR-Zeiten scharrte hier der Bulle mit seinen Hufen. Da hing auch noch kein mächtiger Kronleuchter von der Kreuzgewölbedecke. Und die Wände des etwa volleyballfeldgroßen Raumes waren, wenn überhaupt, wohl eher notdürftig verputzt. Noch viel früher wurden hier die Kutschen der Herrschaften von Erdmannsdorff abgestellt. "Das ist unser Kutschenraum, ein Teil des Gebäudeensembles Rittergut Kössern", erzählt Jörn-Heinrich Tobaben, dem das Rittergut Kössern zu großen Teilen gehört. Und heute? Seit sieben Jahren wird das ehemalige Kutschenhäuschen als Wahllokal genutzt. Und das hat einen besonderen Grund, klärt Tobaben auf: Der Mangel an geeigneten Räumlichkeiten.

Barrierefrei zur Stimmabgabe

Laut Landeswahlordnung müssen Gemeinden für jeden Wahlbezirk mindestens einen Wahlraum zur Verfügung stellen, wenn möglich ein Raum, der der Gemeinde gehört. "Die Stadt Grimma hat ja ganz viele Ortsteile, und sie muss ja in jedem Ortsteil dafür sorgen, dass es einen eigenen Wahlraum gibt. Und dieser Wahlraum muss barrierefrei sein und einen solchen Raum gibt es hier nicht im öffentlichen Eigentum. Und so sind wir dazu gekommen, dass wir seit sieben Jahren jetzt hier die Fläche als Wahlraum zur Verfügung stellen," erzählt Tobaben den Wandel von der Kutschengarage, über den Bullenstall zum temporären Wahllokal.

Dieser Wahlraum muss barrierefrei sein und einen solchen Raum gibt es hier nicht im öffentlichen Eigentum.

Jörn-Heinrich Tobaben Eigentümer Rittergut Kössern

Ein Wirtschaftsgebäude eines Rittergutes, dass jetzt unter anderem als Kaffee genutzt wird
Mondän darf in Kössern einem Ortsteil von Grimma gewählt werden. Das Wahllokal ist in den ehemaligen Stallungen des Ritterguts zu finden. Bildrechte: MDR/Roland Kühnke

Rittergut Kössern Das Rittergut wurde um 1540 erbaut und um 1695 durch Wolff Dietrich von Erdmannsdorff umgebaut. Das Herrenhaus wurde 1871 im Stil der Neorenaissance umgestaltet. In der ehemaligen Stallung befindet sich ein Hofladen und Café sowie das Wahllokal für Kössern und Förstgen.

Das schönste Wahllokal Sachsens?

Neben der Barrierefreiheit müssen in Deutschland Wahllokale noch andere Kriterien erfüllen, um als Ort der Stimmabgabe zugelassen zu werden. Dazu gehören Größe, Erreichbarkeit, Neutralität, technische Ausstattung und Sicherheit. Das alles erfüllt der ehemalige Bullenstall. Und für manche ist das Kössernsche Wahllokal das schönste in ganz Sachsen. Das finden auch Wolfgang Grohmann und seine Tochter Petra. Eher zufällig hat es die beiden Dortmunder auf das Rittergut verschlagen. Wählen können sie hier nicht, dennoch sind sie von der weitläufigen Anlage, von den fünf restaurierten Gebäude begeistert. Für beide ist klar: So eine schöne Umgebung, da lohnt sich der Wahlgang.

Kaum Verweilen für Kaffee nach Stimmabgabe

In Pantoffeln könnte Jörn-Heinrich Tobaben zur Wahl gehen. Er wohnt in einem Teil des Rittergutes. Betreibt auf dem Areal noch einen Hofladen und ein Café. Doch die knapp 400 einheimischen Wahlberechtigten lassen sich von dem tollen Ambiente kaum beeindrucken, glaubt er. "Die Erfahrungen zeigen, dass die Menschen in der Tat sehr nachdenklich sind, wenn sie zur Wahl gehen und wenn sie von der Wahl kommen. Das ist ja doch ein wichtiger, staatstragender Akt für jeden einzelnen", erzählt Tobaben von den Erfahrungen der letzten Jahre. Nur ganz wenige, so Tobaben, verweilen vor oder nach der Wahl bei einer Tasse Kaffee.

Ein Mann steht vor einer Glastür, die in ein historisches Gebäude führt.
Jörn-Heinrich Tobaben überlässt der Stadt Grimma immer den Kutschenraum des Ritterguts Kössern als Wahllokal. Bildrechte: MDR/Roland Kühnke

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MDR (bbr/rkü)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 26. August 2024 | 17:40 Uhr

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