Polizisten befinden sich an einem Kontrollpunkt am Georgplatz in Dresden.
Die Polizei Sachsen will auch weiterhin auf die Einstufung bestimmter Stadtbereiche als "gefährliche Orte" setzen. Aktuell gibt es im Freistaat 37 solcher Kriminalitätshotspots (Symbolfoto). Bildrechte: xcitepress

Kontrollen ohne Verdacht "Gefährliche Orte" in Sachsen: Wie viele gibt es und was bringen sie?

20. März 2025, 12:00 Uhr

Die Polizei hat die Altstadt von Görlitz wiederholt als "gefährlichen Ort" eingestuft. Das kritisiert die Linke in Sachsen, weil in den Kriminalitäts-Hotspots Menschen ohne Verdacht kontrolliert werden können. Der Freistaat will daran weiter festhalten und verfolgt ein bestimmtes Ziel.

Die Görlitzer Altstadt ist vor kurzem wieder als "gefährlicher Ort" eingestuft worden. Dort gibt es nach Angaben der Polizei Görlitz verhältnismäßig viele Auto- und Fahrraddiebstähle und Einbrüche in Wohnungen und Firmen. Kritik kommt von der Linken in Sachsen, die unter anderem bemängelt, dass in diesen Bereichen Menschen ohne Verdacht kontrolliert werden können. In Sachsen hat die Polizei Dutzende Orte als Kriminalitätsschwerpunkte definiert.

Wie viele "gefährliche Orte" gibt es aktuell in Sachsen?

Aktuell sind es 37 Orte, die von der Polizei als "gefährlicher Ort" eingestuft wurden, teilte das Innenministerium auf Anfrage von MDR SACHSEN mit. Im Jahr 2018 waren das 61 festgelegte Bereiche. In den Folgejahren schwankte demnach diese Zahl zwischen 35 im Jahr 2019 und 52 Orten im Jahr 2023.

Seit wann und auf welcher Grundlage werden die Orte festgelegt?

Nach Angaben des Innenministeriums kontrollieren Polizeibeamte seit 1991 in diesen Bereichen. Die Einstufung erfolgt auf Grundlage des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes. Voraussetzung dafür ist, dass dort regelmäßig Personen Straftaten verabreden, vorbereiten oder verüben. Dazu gehört laut Gesetz, wenn es an den Orten regelmäßig zu Verstößen gegen Aufenthaltsanordnungen oder Kontaktverboten kommt oder sich dort Straftäter verbergen. Dies gelte auch für Orte, an denen Personen der Prostitution nachgehen und durch Straftaten gefährdet sind.

Die Einstufung basiert auf Analysen der Polizeilichen Kriminalstatistik. Sie wird alle sechs Monate von der Polizei neu bewertet.

Blick am Abend auf den menschenleeren Untermarkt mit dem Alten Rathaus in der Altstadt von Görlitz.
In den Abendstunden ist die Altstadt von Görlitz heimelig anzuschauen. Seit mehreren Jahren wird die historische Altstadt jedoch als "gefährlicher Ort" von der Polizei eingestuft und gilt somit als Kriminalitätsschwerpunkt. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Robert Michael

Wie sind die Kontrollen ohne Verdacht zu rechtfertigen?

Hauptziel der Kontrollen in den festgelegten Kriminalitätsschwerpunkten ist es, Straftaten zu verhindern. Das Innenministerium verweist dabei auf den Sächsischen Verfassungsgerichtshof. Dieser bestätigte demnach, dass die Kontrollen dem legitimen Zweck der "konkreten Gefahrenabwehr" dienten und verhältnismäßig seien. Da es in diesen Bereichen eine höhere Wahrscheinlichkeit für Straftaten gebe, seien verdachtsunabhängige Kontrollen verhältnismäßig.

Allerdings: Dem Innnenministerium liegen keine Auswertungen vor, die belegen, dass die Einstufung als "gefährlicher Ort" tatsächlich zu besseren Ergebnissen bei der Ermittlung von Straftaten geführt haben.

Die Möglichkeit bzw. der Anlass, Identitätskontrollen an diesen Orten durchführen zu können, ist als Maßnahme der präventiven Gefahrenabwehr bzw. der Straftatenverhinderung gerechtfertigt.

Innenministerium Sachsen

Warum werden "gefährliche Orte" geheim gehalten?

Durch die Geheimhaltung will man den Angaben zufolge verhindern, dass sich potentielle Täter in diesen Bereichen darauf einstellen können. Eine Bekanntmachungs- oder Informationspflicht sieht das Gesetz nicht vor.

Will Sachsen an der Einstufung der Kriminalitätsschwerpunkte festhalten?

Sachsen will nach Angaben des Innenministeriums daran festhalten. Es sei ein "unverzichtbares Mittel der Gefahrenabwehr". Die Kontrollen dienen demnach nicht nur dazu, Straftaten zu verhindern, sondern auch durch die Polizeipräsenz das Sicherheitsgefühl bei Anwohnern und Passanten zu erhöhen. Zudem wachse dadurch auch der Druck auf Straftäter. Die könnten sich nicht mehr selbstverständlich im öffentlichen Raum bewegen, wie vor der Einstufung als Kriminalitätsschwerpunkt.

Die Möglichkeit, Identitätskontrollen an Orten durchzuführen, an denen sich regelmäßig Kriminelle aufhalten oder sich die Straßenkriminalität deutlich vom übrigen Stadtgebiet abhebt, ist ein unverzichtbares Mittel der Gefahrenabwehr.

Innenministerium Sachsen

Ist der Titel "gefährlicher Ort" für einen Kriminalitätsschwerpunkt problematisch?

Aus Sicht des Innenministeriums ist die Bezeichnung "gefährlicher Ort" für Bereiche mit erhöhter Kriminalität problematisch. Man könnten dadurch darauf schließen, dass von diesen Bereiche eine konkrete Gefahr für jeden Einzelnen ausgehen könnte. Es gebe jedoch keine Belege dafür, dass es ein so hohes Risiko gibt, in diesen Bereichen selbst Opfer zu werden und deswegen die Orte zu meiden.

MDR (phb)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 14. März 2025 | 15:30 Uhr

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