Für das Garagenprojekt der Kulturhauptstadt Chemnitz fotografiert Maria Sturm aus Berlin 100 Garagenbesitzer wie Katja Lücke für eine Ausstellung. 4 min
Mit dem Kulturhauptstadt-Projekt "3.000 Garagen" wird die Garage zum Kulturgut. Was es da alles zu entdecken gibt, hat Grit Krause im Audio erkundet. Bildrechte: MDR/Ines Gruner-Rudelt
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Eines der Hauptprojekte der Kulturhauptstadt Chemnitz würdigt die Garage als Ort von Kultur, Geselligkeit und Erfindergeist. Was hat es mit dem Projekt "3.000 Garagen" auf sich? Grit Krause berichtet.

MDR KULTUR - Das Radio Mi 15.01.2025 08:10Uhr 04:09 min

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Kulturhauptstadt 2025 Zwischen Moped und Biertisch: Chemnitz macht die Garage zum Kulturgut

15. Januar 2025, 03:00 Uhr

Die Garage gilt vielen als Keimzelle für technische Innovation und mehr oder weniger gute Musik. In Chemnitz, der Europäischen Kulturhauptstadt 2025, wird die Garage in diesem Jahr mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen als Kulturgut gewürdigt – und mit ihr auch ihre Besitzer und Besitzerinnen. "3.000 Garagen" nennt sich eines der Hauptprojekte der Kulturhauptstadt. Dabei wird der Frage nachgegangen, was an diesen noch aus DDR-Zeiten stammenden Autostellplätzen so besonders ist.

Es ist nicht unbedingt üblich, dass Garagenbesitzer und auch -besitzerinnen Fremden die Türen zu ihren Schrauberparadisen öffnen. Denn oftmals werden hier Schätze gehortet, "Garagengold", wie auch bei Dirk Schmerschneider: "Das ist ein Nachschalldämpfer und Zwischenrohr vom Trabant, kann man nie genug haben." Der Chemnitzer hat gleich mehrere Garagen, und zumindest in eine davon gewährt er einen Blick.

Nahezu ausgefüllt wird sie von einem roten Peugeot, Baujahr 1992. Um den Wagen organisiert sich ein geordnetes Chaos. "Also für einen Trabi ist es ideal, da können Sie auch noch schön drumherum laufen und ein Moped daneben stellen. Aber viele Leute, die sich heute einen SUV zulegen, die haben ein Problem: Die können reinfahren, aber nicht mehr aussteigen."

Ein Relikt der DDR in Chemnitz

Genormt reihen sich in diesem – wie auch in anderen Garagenhöfen – die Stellplätze aneinander. Um die 30.000 soll es in Chemnitz und Umgebung geben. Erbaut wurden die in kollektiven Wochenendeinsätzen ab den 70er-Jahren von den Anwohnern selbst, die darin wiederum geschraubt und repariert haben. Eine Eigeninitiative, die damals zwingend notwendig war und die heute wieder gefragt ist.

Volofilme 2024 (Reihe 2): Metropole der Garagen 15 min
Volofilme 2024 (Reihe 2): Metropole der Garagen Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Garagen sind allerdings weitaus mehr als nur ein Unterstellplatz für Autos und eine Werkstatt, wie Dirk Schmerschneider betont: "Diesen Kosmos Garage mal zu zeigen, ist doch ganz spannend." Denn die Garagen seien auch Orte der Gemeinschaft: "Es gibt wirklich noch viele, die echt schrauben und da immer schön mit einem Biertischchen und einem Kasten davor sitzen und klönen, sich auch gegenseitig beim Schrauben helfen. Und dann fährt man mal eine Runde zusammen."

Mikrokosmos Ost-Garage

Mit dem Projekt "3.000 Garagen" der Kulturhauptstadt wird dieses verborgene Universum jetzt als ein Ort ins Rampenlicht gerückt, an dem sich das Machertum manifestiert hat – das ja ein zentraler Leitgedanke von Chemnitz 2025 ist.

Die Garage ist aber auch ein Ort, wo sich Menschen treffen und ins Gespräch kommen. So zumindest hat es die Fotografin Maria Sturm erlebt: "Die Garagen in Chemnitz – ich komme ja aus Rumänien und das kenne ich auch noch so aus Osteuropa, Südosteuropa – haben mich gereizt, weil sich da ein Potenzial befindet, eine interessante Schnittstelle zwischen privatem und öffentlichem Raum."

Einblick in eine Garage mit Wolle
Die Garagen in Chemnitz sind nicht nur Plätze zum Basteln und Schrauben, sondern auch für Geselligkeit. Bildrechte: MDR/Anett Linke

Künstlerin fotografiert Chemnitzer

Im vergangenen Jahr war die Künstlerin auf Dutzenden Garagenhöfen in Chemnitz zu Gast und hat dort mehr als 170 Besitzerinnen und Besitzer porträtiert. Und nicht nur das: Sie sei durch deren Erzählungen eingetaucht in ihre Leben. Es seien die unterschiedlichsten Männer und Frauen gewesen, die Maria Sturm dabei getroffen hat – eine große Vielfalt im vermeintlich monoton wirkenden Garagen-Kosmos.

Dirk Schmerschneider ist mit letzten Handgriffen an einer DKW Schüttoff für die Sonderausstellung “Vom Arschwärmer zum Stachelschwein – 100 Jahre DKW-Motorradbau” beschäftigt.
Dirk Schmerschneider ist Sammlungsleiter des Fahrzeugmuseums in Chemnitz (Foto) und ließ auch seine Garage fotografieren. Bildrechte: picture alliance/dpa | Kristin Schmidt

Müsste die Künstlerin dennoch einen Typus Garagenbesitzer beschreiben, dann wohl so: "Menschen, die pragmatisch sind, die Dinge einfach machen und in dem Gefühl vielleicht Leute, die sich in diesem Mikrokosmos miteinander austauschen und gegenseitig helfen", so schildert Sturm ihre Eindrücke und setzt fort: "Und das spiegelt auch mein Gefühl von Chemnitz allgemein wider, so ein Gefühl von 'Ja, wir schaffen das!'."

Kulturhauptstadt wirft Blick hinter das Garagentor

Die Ausstellung mit ihren Porträtaufnahmen wird während des Kulturhauptstadtjahres gezeigt. Doch es ist nicht das einzige Kunstprojekt, das bereits gemeinsam mit den Garagenbesitzern entstanden ist. Für eine Installation von Martin Maleschka im Museum für sächsische Fahrzeuge haben sie beispielsweise Fundstücke aus ihren Garagen beigesteuert. Diese Arbeit mit den scheinbar banalen Objekten in neongelben Regalen nennt sich daher auch "Ersatzteillager".

Außenansicht des Museums für säcjhsische Fahrzeuge, eine historische Hochrarage im Art-Déco-Stil.
Das sächsische Fahrzeugmuseum in Chemnitz. Hier ist die Ausstellung "Ersatzteillager" zu sehen. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

"Zum Beispiel all diese Flüssigkeiten fürs Auto, die sind alle in Karl-Marx-Stadt hergestellt", erklärt Agnieszka Kubicka-Dzieduszycka, die Kuratorin des Projekts "3.000 Garagen". Sie hofft, die Gäste der Kulturhauptstadt für das Phänomen Ost-Garage zu begeistern. Schließlich solle man "diese Räume, die in Chemnitz überall sind, wieder ein bisschen als Begegnungsorte betrachten, wenn auch diese identitätsstiftende Bedeutung mehr vergegenwärtigt wird", erklärt die Kuratorin. Zukunftsszenarien rund um die Frage, wie diese Räume umgenutzt werden können, hält Kubicka-Dzieduszycka für besonders interessant.

Garage: Raum für Kreativität?

Dieses künftige Potenzial dieser Kreativräume auszuloten, wird 2025 mitunter das Thema von Workshops mit internationalen Künstlerinnen, Architekten und Designerinnen sein. Aber es soll auch in den Garagenhöfen gefeiert werden – mit Konzerten, Kino und Grillabenden, bei denen sich Chemnitzerinnen und Chemnitzer gemeinsam mit den Gästen der Kulturhauptstadt treffen und austauschen können.  

Ein junger und ein älterer Mann stehen lächelnd vor einem Garagentor. 4 min
Vom Garagen-Besitzer Rainer Loch (r.) bekommt der Künstler Martin Maleschka "gesammelte Werke", sprich Trabi-Ersatzteile übergeben. Bildrechte: MDR / Jacqueline Hene
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Martin Maleschka war in Chemnitz auf Schatzsuche für sein Projekt zum Kulturhauptstadt-Jahr Chemnitz 2025. Was er in der "Garagensprechstunde" erlebt hat, berichtet Jacqueline Hene.

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Informationen zu den Ausstellungen:

Ausstellung "Mitgliederversammlung"
Ab dem 16. Januar in den Schaufenstern von 50 Geschäften in der Chemnitzer Innenstadt

Ausstellung "Ersatzteillager"
Bis 29. November 2025

Museum für sächsische Fahrzeuge
Zwickauer Str. 77
09112 Chemnitz

Mehr Informationen finden Sie auf der Website des Museums für sächsische Fahrzeuge.

Redaktionelle Bearbeitung: tis

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 15. Januar 2025 | 08:10 Uhr

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