Ein mittelgroße Menschengruppe steht auf einem Platz und winkt in die Kamera. 4 min
Ende September haben sich in Dresdner Aktive des Projektes X-Dörfer zu einer Bestandsaufnahme getroffen. Es zeigte sich eine große Vielfalt der Projekte und auch Unsicherheiten zur Zukunft. Mehr dazu von Michael Bartsch. Bildrechte: Karsten Eitner

Kultur im ländlichen Raum Zukunft für Projekt X-Dörfer nach Landtagswahl in Sachsen ungewiss

01. Oktober 2024, 08:10 Uhr

Der Freistaat Sachsen fördert seit rund zwei Jahren mit dem Projekt X-Dörfer Kulturinitiativen im ländlichen Raum. Besonders Theaterprojekte in Orten abseits der großen Städte wurden so untersützt. Doch nach der Landtagswahl und der schwierigen Regierungsbildung in Sachsen ist unklar, wie und ob es weiter geht. Die Projektmacher haben sich zu einer Bestandsaufnahme getroffen.

Seit etwa zwei Jahren fördert der Freistaat Sachsen mit dem Programm X-Dörfer kulturelle Basisinitiativen in Dörfern und Kleinstädten. Es läuft allerdings zum Jahresende aus, eine Fortsetzung ist wegen der schwierigen Regierungsbildung ungewiss.

200.000 Euro gibt das Land Sachsen bislang jährlich an diese ländliche Kulturförderung. Zur Koordination werden davon auch drei halbe Stellen in Dresden finanziert. Aus logistischen Gründen sollen die Projekte deshalb im Umkreis von 60 Kilometern um die Landeshauptstadt liegen. Profis können die Vereine aber auch aus ihrem Projektbudget honorieren.

partizipatives Theaterprojekt in Nossen - ein Projekt von "X-Dörfer" vom Staatsschauspiel Dresden.
Auch in Nossen hat ein Theaterprojekt Menschen zusammengebracht. Bildrechte: Michael Kleinhenn

Ländlicher Raum ist kein kulturelles Niemandsland

Ein Treffen von zwanzig Projekten in Dresden illustrierte jüngst die Erfolge von X-Dörfer. Die heitere Stimmung und der angeregte Austausch bei dieser Zusammenkunft im Dresdner Staatsschauspiel Ende September deutete nicht auf die oft kolportierte Problemzone Ländlicher Raum hin.

Die Kulturwissenschaftlerin und Regisseurin Miriam Tscholl, die bis 2019 zehn Jahre die Bürgerbühne des Dresdner Staatsschauspiels leitete, stört dieses Negativimage ohnehin. Sie hatte die Idee entwickelt, vorhandene kleine, lokale Kulturinitiativen künstlerisch-professionell und mit einer Startförderung zu unterstützen.

Eine Frau mit mittellangem, dunklem Haar, eckiger Brille und grüner, gemusterter Bluse steht vor einer grau gefliesten Wand und blickt in die Kamera. 6 min
In Chemnitz wird Miriam Tscholl vom Dresdner Staatsschauspiel Methoden für partizipative Projekte im ländlichem Raum vorstellen. Bildrechte: MDR/Judith Burger

Kulturelle Eigeninitiative stärken

Die ersten vom Programm X-Dörfer unterstützten kulturellen Start-Up's gehen nun schon ins dritte Jahr. Andere bestanden schon länger, erhielten aber durch X-Dörfer einen Schub. Als kulturelle Missionierung dürfe das Programm nicht missverstanden werden, erklärt Tscholl. Ein Kern von Aktiven mit eigenen Vorstellungen müsse vorhanden sein und könne einen Antrag stellen.

Möglichst bald auf eigenen Füßen stehen

Ziel von X-Dörfer ist zudem eine möglichst baldige Entlassung der Geförderten in die Selbständigkeit. Als Muster darf der Verein "Sandsteinspiele" gelten. Weit vor X-Dörfer, zu Tscholls Bürgerbühnenzeiten, ging sie mit dem Landschaftstheater-Spektakel "Der Fall aus dem All" nach Reinhardtsdorf-Schöna in die Sächsische Schweiz. Etwa sechzig Bürger spielten mit.

Kulturcafé Freital - ein Projekt von "X-Dörfer" vom Staatsschauspiel Dresden.
Das Kulturcafé Freital ist ebenfalls ein Projekt von X-Dörfer. Bildrechte: Olaf Rumberg

Als sich Dresden nach zwei Jahren zurückziehen musste, ging die Saat auf. Die Enthusiasten gründeten selbst einen Verein in Bad Schandau, kümmerten sich bei der Kulturstiftung um Förderung und setzten die Reihe der Inszenierungen bis heute fort.

Tanzkurse auf eigenem Grundstück

Unweit von Bad Schandau, in Kleinhennersdorf, macht auch die Heymannbaude wieder von sich reden. Zu DDR-Zeiten ein Ferienheim, von der Treuhand privatisiert, stand sie ein Jahrzehnt lang leer. Beim Treffen in Dresden berichteten Torsten Haubold und seine Gefährtin stolz vom günstigen Kauf des Grundstücks. "X-Dörfer hat uns den Impuls gegeben, nicht länger auf eine Renovierung zu warten, sondern anzufangen!" Vor allem der Saal im DDR-Design wird für Tanzkurse genutzt.

X-Dörfer hat uns den Impuls gegeben, nicht länger auf eine Renovierung zu warten, sondern anzufangen!

Torsten Haubold zum Kulturprojekt Heymannbaude in Kleinhennersdorf

Ein altes Gebäude, davor Sonnenschirme und Sitzgelegenheiten.
Helena Fernandino und Torsten Haubold sanieren die verfallene Heymannbaude in Kleinhennersdorf in der Sächsischen Schweiz als Stätte für Kultur und Begegnung. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Theaterprojekte dominieren

Die zwanzig bei dem Dresdner Treffen vorgestellten Projekte reichen vom Kulturcafé über Ferienworkshops, Tanz und Musik bis zum Literaturzirkel. Die Schreibwerkstatt Pirna mit etwa siebzig Teilnehmern dürfte wahrscheinlich das bekannteste X-Dörfer-Projekt sein.

Das Theater aber dominiert eindeutig. Sogar am Sitz des Mittelsächsischen Theaters in Freiberg. Die "Bürger ohne Bühne" wurden manchmal belächelt und standen im Schatten der Profis. Mittlerweile aber spricht Eike Köhler von einem Qualitätssprung – auch dank professioneller Unterstützung durch X-Dörfer.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 30. September 2024 | 17:10 Uhr

Mehr aus der Region Dresden

Besucher verlassen nach einer Vorstellung das Boulevardtheater Dresden 19 min
Bildrechte: imago/Andreas Weihs
19 min 30.09.2024 | 17:00 Uhr

Gute Laune gefällig? Das Boulevardtheater ist dafür seit zehn Jahren eine gute Adresse, findet Olaf Becker, einer der beiden Theaterchefs. Er sagt: "Wie sind so ein bisschen die Tankstelle für das Gute in der Welt."

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Mo 30.09.2024 20:00Uhr 19:05 min

Audio herunterladen [MP3 | 17,5 MB | 128 kbit/s] Audio herunterladen [MP4 | 35,3 MB | AAC | 256 kbit/s] https://www.mdr.de/sachsenradio/podcast/aufgefallen/audio-boulevardtheater-zehn-jahre-jubilaeum-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio
Christian Bonath, Chorleiter der Dresdner Kapellknaben, sitzt in einem Probenraum im Kapellknabeninstitut im Rahmen eines Fototermins an einem Flügel. 24 min
Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael
24 min 30.09.2024 | 17:00 Uhr

Die Sänger der Dresdner Kapellknaben sind aufgeregt. Sie reisen zu einer Privataudienz zum Papst. Wie kam es zu der Einladung? Wie läuft so eine Audienz ab? Im Gespräch ist der Chorleiter Christian Bonath.

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Mo 30.09.2024 20:00Uhr 23:40 min

Audio herunterladen [MP3 | 21,7 MB | 128 kbit/s] Audio herunterladen [MP4 | 43,7 MB | AAC | 256 kbit/s] https://www.mdr.de/sachsenradio/podcast/aufgefallen/audio-christian-bonath-dresdner-kapellknaben-audienz-papst-rom-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Mehr aus Sachsen