Mitarbeiter der Leipziger Verkehrsbetriebe haben sich an der Straßenbahnhaltestelle Angerbrücke zum Warnstreik versammelt.
Zum zweiten Mal in diesem Monat wird im öffentlichen Nahverkehr in Sachsen gestreikt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt

Arbeitskampf Warnstreik im sächsischen Nahverkehr: Wo fährt noch was?

22. März 2024, 16:34 Uhr

In Sachsen ist der nächste Warnstreik in Nahverkehr angelaufen. Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten Sachsens Großstädten sowie in Plauen und Zwickau zu Streiks aufgerufen. Besonders hart trifft es Leipzig, wo Zehntausende Besucher der Buchmesse erwartet werden.

In mehreren Städten in Sachsen steht der Nahverkehr seit dem Morgen still. Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten in Chemnitz, Dresden, Leipzig, Plauen und Zwickau zum Warnstreik aufgerufen. Sie sollen von Freitagfrüh 3 Uhr bis Sonnabendfrüh 3 Uhr ihre Arbeit niederlegen.

Notfahrplan in Leipzig zur Buchmesse

Neben den Pendlern sind von dem Streik vor allem die Besucher der Buchmesse in Leipzig betroffen. Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) haben einen Notfahrplan erstellt. Die Straßenbahnlinie 16 zur Neuen Messe soll trotz des Streiks ab Hauptbahnhof Leipzig alle fünf statt alle drei Minuten fahren.

LVB-Sprecher Marc Backhaus sagte am Freitagvormittag MDR SACHSEN, die Linie 16 sei mit ersten Fahrzeugen unterwegs. Die Situation sei angespannt, die Streikbeteiligung hoch. Außerdem gebe es einen hohen Krankenstand unter den LVB-Mitarbeitern. Weitere Angebote im Liniennetz werde es wahrscheinlich nicht geben, sagte Backhaus weiter.

Eine Straßenbahn der LVB neben Passanten
Die Straßenbahnen der Linie 16 fahren nach einem Notfallplan zur Buchmesse. Bildrechte: picture alliance/dpa/Jan Woitas

Die durch Subunternehmen betriebenen Buslinien 61, 62, 66, 67, 77, 83, 87, 88, 91, 143, 161, 162, 172, 173, 175, 176 sowie die Schulfahrt Sommerfeld – Taucha seien nicht betroffen. Flexa-Fahrten würden weiterhin angeboten. Ebenso fahren, soweit bekannt, alle Regionalzüge und S-Bahnen. Aktuelle Verkehrsmeldungen der LVB gibt es hier.

Dresden: Einige Busfahrten sowie Elbfähren sollen fahren

Der Sprecher der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB), Christian Schmidt, sagte MDR SACHSEN, dass das Tochterunternehmen DVS nicht betroffen sei und somit die Elbfähren übersetzen würden. Weiter sagte er, dass auf einigen Buslinien (65, 66, 68) einzelne Fahrten stattfinden sollen. Auch der Ersatzverkehr für die Linien 4 und 11 sei teilweise unterwegs. "Aber eine gesicherte Prognose kann man da eben nicht stellen", ergänzte er. Auch das Kundenzentrum und die Servicepunkte würden bestreikt.

Nicht vom Streik betroffen sich die Züge der Regionalbahnen und die S-Bahnen. Mit ihnen kommen Reisende durch das Stadtgebiet.

«Ausfall» steht während des Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr auf den Anzeigetafeln an den Haltestellen der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) am Postplatz.
Auf einigen Buslinien im Dresdner Stadtgebiet sollen einzelne Fahrten stattfinden. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Chemnitzer City-Bahn fährt planmäßig

Trotz des Streiks im Nahverkehr rollen im Chemnitzer Stadtverkehr vereinzelt Busse und Bahnen. Einige Linien werden durch Subunternehmer bedient und nicht bestreikt. Auf anderen Strecken hat die Chemnitzer Verkehrs AG einen Notfallfahrplan eingerichtet.

"Das ist uns auch weitestgehend gelungen", sagt Sprecher Uwe Albert. Man habe auf den Hauptlinien zumindest halbwegs eine getaktete Bedienung anbieten können. "Das bedeutet, dass auf den 10-Minuten Linien zumindest aller 30 Minuten etwas fährt und auf allen anderen Linien aller 60 Minuten. Einige Linien können wir aber trotzdem nicht bedienen."

Die City-Bahn Chemnitz GmbH teilte mit, dass im Chemnitzer Stadtgebiet die Linien C11, C13, C14 und zum Teil die C15 fahrplanmäßig verkehren würden. Die City-Bahn Chemnitz würde nicht bestreikt, da sie ihre Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) führt, hieß es weiter.

Erhebliche Behinderungen in Zwickau

Die Städtischen Verkehrsbetriebe Zwickau GmbH teilten mit, dass es am Freitag im Zwickauer Stadtverkehr zu erheblichen Einschränkungen kommen würde. Die Fahrten der Linien 3, 4, 10, 11, 12, und 26 entfallen ersatzlos. Einzelne Fahrten auf den Linien 21, 22, 23, 24, 25, 29, 31 und 32 würden durch voraussichtlich nicht betroffene Subunternehmen geleistet. Auch die Schülerbeförderung könne nicht gewährleistet werden.

An der fast menschenleeren Zentralhaltestelle steht ein Einsatzfahrzeug der CVAG.
Die City-Bahn in Chemnitz wird nicht bestreikt. In Zwickau sind die Behinderungen erheblich. (Symbolbild) Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Straßenbahnen in Plauen fahren nicht

Wie die Plauener Straßenbahn GmbH (PSB) auf ihrer Internetseite mitteilt, werden alle Straßenbahnlinien im Stadtgebiet vom Streik betroffen sein. Die Stadtbuslinien und die Nachtbuslinien sollen fahren.

Auf einem Bus der Hallesche Verkehrs-AG klebt ein Poster mit der Aufschrift "Heute WARNSTREIK"
Der Streik stellt viele Bürger, die auf den ÖPNV angewiesen sind, vor Herausforderungen. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Jan Woitas

Streikgrund: Wertschätzung vermisst

Nachdem die Arbeitgeber in der ersten Verhandlungsrunde im Januar kein Angebot vorgelegt und die zweite Verhandlungsrunde einseitig abgesagt hätten, seien die Gespräche am 19. März 2024 in Leipzig fortgesetzt worden. Dabei stellte der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) laut Verdi zahlreiche Gegenforderungen auf, welche die Wertschätzung für die Arbeitnehmer vermissen ließe.

Verdi-Sprecher: Kurzsichtig und verantwortungslos

Der Verhandlungsführer für Verdi, Paul Schmidt, sagte: "Statt für Entlastung zu sorgen, fordern die Arbeitgeber, dass die Beschäftigten zukünftig bis zu 44 Stunden pro Woche arbeiten. Diese Mehrarbeit soll anders als bisher aber nicht mehr in Freizeit, sondern ausschließlich in Geld abgegolten werden. Im Ergebnis würden die eh schon stark belasteten Kollegen noch schneller verschlissen. Das ist kurzsichtig und verantwortungslos."

Nachwuchs nur schwer zu finden

Die Krankenstände im ÖPNV seien laut Verdi mindestens doppelt so hoch wie in der gesamten Wirtschaft und der Anteil von jüngeren Beschäftigten nur halb so hoch wie in anderen Branchen. Laut Gewerkschaft gelänge es kaum noch, junge Menschen von einem Jobeinstieg im Nahverkehr zu überzeugen. Mit dem Warnstreik soll der Entkopplung der Arbeitsbedingungen vom öffentlichen Dienst entgegen gewirkt werden. Im sächsischen Nahverkehr seien jahrelang die niedrigsten Löhne bundesweit gezahlt worden, hieß es weiter.

MDR (nom)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 22. März 2024 | 10:00 Uhr

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