Rico Heinzig, Imker, steht neben einem Plakat mit dem Foto des Moderators Jan Böhmermann.
Imker Rico Heinzig (re.) hatte vor dem OLG Dresden Erfolg. Die Klage des TV-Moderators Jan Böhmermann wurde abgewiesen. Ist damit der sogenannte Honig-Streit beendet? Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Justiz Imker gewinnt nächste Runde im Honig-Streit gegen Böhmermann vor OLG Dresden

18. Juli 2024, 15:47 Uhr

Der Streit des TV-Satirikers Jan Böhmermann gegen einen Imker aus Meißen zieht sich seit einem dreiviertel Jahr durch mehrere Instanzen. Am Donnerstag hat der Satiriker vor Gericht erneut den Kürzeren gezogen. Zuerst hatte das Landgericht Dresden zugunsten des Imkers geurteilt. Das sah die satirische Werbeaktion des Bio-Imkers als Retourkutsche auf einen TV-Beitrag im ZDF-"Magazin-Royale" als rechtens an. Das wiederum hatte Böhmermann nicht auf sich sitzen lassen und war in Berufung gegangen.

Im sogenannten Honig-Streit hat der Fernseh-Moderator und TV-Satiriker Jan Böhmermann gegen den Imker Rico Heinzig vor dem Oberlandesgericht Dresden (OLG) verloren. Die Richter wiesen eine Klage Böhmermanns zurück. Das war schon im Januar vor dem Landgericht Dresden so, als die Richterin der Argumentation des Imkers gefolgt war. Gegen dieses erste Urteil hatte Böhmermann Berufung eingelegt. Der Satiriker kam bislang nicht zu den Gerichts- und Anhörungsterminen nach Dresden, auch diesmal nicht. Auch sein Anwalt erschien nicht.

Gericht: Aktion des Imkers hat zur Meinungsbildung über Thema beigetragen

Der 4. Zivilsenat des OLG sah in der Werbeaktion nun wie schon das Landgericht ein "Ereignis der Zeitgeschichte" und attestierte ihr zugleich einen satirischen Charakter. Zugleich sei ein Informationsbedürfnis befriedigt worden. Der Vorsitzende Richter Markus Schlüter sagte, die Aktion des Imkers habe dazu geführt, dass über das Thema insgesamt diskutiert werde - auch über die Frage, wie Werbung gemacht werden darf und Journalismus im Zusammenhang mit Satire gestaltet werden kann. Zudem machte er geltend, dass auch Böhmermann in seiner Sendung ein Foto von Heinzig verwendet hatte. "Er muss die Möglichkeit haben, darauf zu reagieren."

Mehrere Menschen stehen in einem Gerichtssaal
Der Meißner Imker Rico Heinzig (links) mit seinem Anwalt Markus Hoffmann (Mitte) und der Vorsitzende Richter Markus Schlüter vor der Urteilsverkündung am Oberlandesgericht Dresden. Bildrechte: MDR/Klaus Becker

Heinzig nahm als Inhaber der Firma MyHoney die Entscheidung zufrieden und mit einem Lächeln zur Kenntnis. "Der Ball liegt jetzt bei Herrn Böhmermann," sagte er MDR SACHSEN. "Ich bin kein Streithansel, ich war noch nie einer. Ich würde ja vorschlagen, man begräbt das Kriegsbeil". Zugleich lud Heinzig Böhmermann noch einmal zum Besuch seiner Imkerei ein, damit er sich selbst ein Bild von seiner Arbeit machen könne.

Ich bin kein Streithansel, ich war noch nie einer. Ich würde ja vorschlagen, man begräbt das Kriegsbeil.

Rico Heinzig Imker aus Meißen

Heinzig darf nun weiter mit Foto und Namen Jan Böhmermann für seinen Honig werben. Den strittigen Honig will er wieder in seinem Online-Shop anbieten.

Welche juristischen Möglichkeiten hat Böhmermann noch?

Falls Böhmermann mit der Entscheidung nicht einverstanden ist und weiter vor Gericht streiten möchte, gibt es zwei Wege. Gegen die Entscheidung des OLG im Eilverfahren ist ein Rechtsmittel nicht mehr möglich. Allerdings könnte Böhmermann nun ein Hauptsacheverfahren am Landgericht Dresden anstrengen und im weiteren Verlauf bei Bedarf das Oberlandesgericht und den Bundesgerichtshof anrufen. Der festgesetzte Streitwert von nun 25.000 Euro lässt dies zu. Möglich wäre auch, direkt vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu ziehen.

Ein Imker kontrolliert einen Bienenkasten
Bio-Imker Rico Heinzig aus Meißen wehrt sich gegen den Vorwurf, er würde mit seinem Unternehmenskonzept "Beewashing" betreiben. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/Robert Michael

Darum geht's im Streit Böhmermann gegen Imker

Anlass für den Streit war Böhmermanns Magazin-Sendung im November 2023, in der er die Firma des Meißners Rico Heinzig namens Myhoney Bio-Imkerei in Wort und Video kritisierte und ihr vermeintliches Engagement für Nachhaltigkeit und Artenschutz vorwarf. Wörtlich hieß es: "So, auch wenn es wie Naturschutz aussieht und vor allem so aussehen soll, ist dieses ganze Honigbienenangesiedel nichts anderes als 'beewashing'". Es handele sich um Werbung, Geld und Business.

Diesen "Beewashing-Vorwurf" wollte der Inhaber Rico Heinzig nicht auf sich sitzen lassen und verkaufte daraufhin "Böhmermann-Honig". In der ersten Gerichtsverhandlung sagte er dazu, dass er vier Plakate drucken und einen Stand mit 150 Honiggläsern in einem Dresdner Edeka-Markt aufbauen ließ. Auf dem Plakat ließ er Böhmermann einen "Beewashing Honey" empfehlen, nannte ihn einen "führenden Bienen- und Käferexperten". "Beewashing" ist eine Anspielung auf Greenwashing und dem englischen Wort für Bienen.

Imker Jens Ardelt sitzt an einer Werkbank und hat viele kleine mit Honig gefüllte Gläser vor sich. Die beklebt er mit Etiketten für den Online-Versand des Bio-Imkers Heinzig, der vom Moderator Jan Böhmermann verklagt wurde.
Jens Ardelt bereitet den "Beewashing Honig" für den Verkauf in Rico Heinzigs Firma vor. (Archvibild) Bildrechte: MDR/Kathrin König

Auf jedem Glas klebte ein QR-Code, über den Interessierte auf einem YouTube-Kanal die Imkersicht auf Böhmermanns Vorhaltungen erfahren konnten. Vor dem Landgericht sagte Heinzig, dass im Supermarkt anfangs nur acht Gläser verkauft worden seien, den Erfolg nannte er "weniger erfolgreich".

Um genau diese Reaktion des Imkers auf die im ZDF geäußerten Vorwürfe geht es in der Bewertung des OLG Dresden: Ist das Satire oder nicht? Hat Imker Heinzig die Persönlichkeitsrechte des Moderators verletzt?

Auf einer Holzplatte stehen 3 gleich große Honiggläser nebeneinander. Und ein kleines Minigläschen Honig steht ganz rechts daneben.
Moderator Böhmermann will dem Imker Heinzig aus Meißen den Vertrieb eines nach einer Sendung des "ZDF Magazin Royale" kreierten "Beewashing"-Honigs verbieten. Wegen des Rechtsstreits hat Heinzig auf den Aufklebern das Gesicht eines Mannes im blauen Anzug unkenntlich gemacht. Bildrechte: MDR/Kathrin König

Das sagen Böhmermann und sein Anwalt

Ja, hat er und es ist keine Satire, findet Böhmermann-Seite. Sie machte in einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung einen Unterlassungsanspruch in Bezug auf Werbung für den Honig geltend. "In dem Rechtsstreit geht es lediglich um das angestrebte Verbot eines unerlaubten, kommerziellen Verkaufs von Produkten mit dem Bildnis und dem Namen von Herrn Böhmermann. Irgendwelche Zahlungsansprüche sind nicht Gegenstand des Verfahrens", betonte Jan Böhmermanns Anwalt Torben Düsing auf Nachfrage von MDR SACHSEN. Böhmermann gehe grundsätzlich gegen die unerlaubte kommerzielle Verwendung seines Namens und Fotos von ihm in der Unternehmenswerbung vor.

Herr Böhmermann geht grundsätzlich gegen die unerlaubte kommerzielle Verwendung seines Namens und Bildnisses in der Unternehmenswerbung vor und wird dies auch in Zukunft tun.

Torben Düsing Anwalt Jan Böhmermann

So sieht der Imker seine Reaktion

Der Imker wiederum sieht es so: "Meine Persönlichkeitsrechte wurden verletzt, Videomaterial über meine Firma wurde ungefragt gezeigt und der gesamte Berufsstand der Imker durch den Kakao gezogen - für die TV-Quote im gebührenfinanzierten Fernsehen." Aus seiner Sicht habe er sich satirisch gegen Böhmermann und dessen Vorwürfe gegen seine Imkerei gewehrt. "Ich fühle mich im Recht."

Heinzig wirft dem TV-Moderator zweierlei Maß vor. Böhmermann dürfe als Satire getarnte Vorwürfe und Behauptungen aufstellen und Bilder ungefragt nutzen. "Wenn man es ihm gleich tut, reagiert er wie ein beleidigtes Kind und empfiehlt Betroffenen, sich doch gerichtlich zu wehren. Also genau das, was er später wieder anprangert, dass Kontrahenten nichts anderes einfallen würde als zu klagen."

Es ist schon verwunderlich, dass jemand, der seinen Kontrahenten öffentlich Humorlosigkeit, deutsche Spießigkeit, zu wenig Grips vorwirft und dass sie immer nur Gerichte einschalten, dann genau das tut und keinerlei Spaß versteht.

Rico Heinzig Imker und Unternehmer

Böhmermann findet Streit "spannend"

Im Podcast des Hessischen Rundfunks namens "Freiheit deluxe" vom 7. März sagte Jan Böhmermann übrigens über den Honig-Streit: "Bei dieser Honiggeschichte treffen einfach zwei Satiriker aufeinander. Ich finde es spannend, herauszufinden, ob das eine neue Form von Satire ist. Dass, wenn mir etwas nicht gefällt, ich dann quasi Persönlichkeitsrechte von Leuten verletzen kann und damit Produkte verkaufen kann. Ich würde das gern für mich wissen. Dann spare ich mir die ganze Arbeit mit der Sendung und werde anderweitig reich."

Jan Böhmermann
TV-Satiriker Jan Böhmermann fasst in seiner ZDF-Show gerne heikle Themen an. In der Folge stehen immer wieder Gerichtstermine an. Am Donnerstag verkündet das OLG Dresden sein Urteil. Es geht ihm um Unterlassungsansprüche bei Werbung mit Böhmermanns Gesicht. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Christophe Gateau

MDR (kk/kbe)/epd,dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 18. Juli 2024 | 19:00 Uhr

Mehr aus Meissen

Mehr aus Sachsen