Justiz Imker gewinnt nächste Runde im Honig-Streit gegen Böhmermann vor OLG Dresden
Hauptinhalt
18. Juli 2024, 15:47 Uhr
Der Streit des TV-Satirikers Jan Böhmermann gegen einen Imker aus Meißen zieht sich seit einem dreiviertel Jahr durch mehrere Instanzen. Am Donnerstag hat der Satiriker vor Gericht erneut den Kürzeren gezogen. Zuerst hatte das Landgericht Dresden zugunsten des Imkers geurteilt. Das sah die satirische Werbeaktion des Bio-Imkers als Retourkutsche auf einen TV-Beitrag im ZDF-"Magazin-Royale" als rechtens an. Das wiederum hatte Böhmermann nicht auf sich sitzen lassen und war in Berufung gegangen.
Im sogenannten Honig-Streit hat der Fernseh-Moderator und TV-Satiriker Jan Böhmermann gegen den Imker Rico Heinzig vor dem Oberlandesgericht Dresden (OLG) verloren. Die Richter wiesen eine Klage Böhmermanns zurück. Das war schon im Januar vor dem Landgericht Dresden so, als die Richterin der Argumentation des Imkers gefolgt war. Gegen dieses erste Urteil hatte Böhmermann Berufung eingelegt. Der Satiriker kam bislang nicht zu den Gerichts- und Anhörungsterminen nach Dresden, auch diesmal nicht. Auch sein Anwalt erschien nicht.
Gericht: Aktion des Imkers hat zur Meinungsbildung über Thema beigetragen
Der 4. Zivilsenat des OLG sah in der Werbeaktion nun wie schon das Landgericht ein "Ereignis der Zeitgeschichte" und attestierte ihr zugleich einen satirischen Charakter. Zugleich sei ein Informationsbedürfnis befriedigt worden. Der Vorsitzende Richter Markus Schlüter sagte, die Aktion des Imkers habe dazu geführt, dass über das Thema insgesamt diskutiert werde - auch über die Frage, wie Werbung gemacht werden darf und Journalismus im Zusammenhang mit Satire gestaltet werden kann. Zudem machte er geltend, dass auch Böhmermann in seiner Sendung ein Foto von Heinzig verwendet hatte. "Er muss die Möglichkeit haben, darauf zu reagieren."
Heinzig nahm als Inhaber der Firma MyHoney die Entscheidung zufrieden und mit einem Lächeln zur Kenntnis. "Der Ball liegt jetzt bei Herrn Böhmermann," sagte er MDR SACHSEN. "Ich bin kein Streithansel, ich war noch nie einer. Ich würde ja vorschlagen, man begräbt das Kriegsbeil". Zugleich lud Heinzig Böhmermann noch einmal zum Besuch seiner Imkerei ein, damit er sich selbst ein Bild von seiner Arbeit machen könne.
Ich bin kein Streithansel, ich war noch nie einer. Ich würde ja vorschlagen, man begräbt das Kriegsbeil.
Heinzig darf nun weiter mit Foto und Namen Jan Böhmermann für seinen Honig werben. Den strittigen Honig will er wieder in seinem Online-Shop anbieten.
Welche juristischen Möglichkeiten hat Böhmermann noch?
Falls Böhmermann mit der Entscheidung nicht einverstanden ist und weiter vor Gericht streiten möchte, gibt es zwei Wege. Gegen die Entscheidung des OLG im Eilverfahren ist ein Rechtsmittel nicht mehr möglich. Allerdings könnte Böhmermann nun ein Hauptsacheverfahren am Landgericht Dresden anstrengen und im weiteren Verlauf bei Bedarf das Oberlandesgericht und den Bundesgerichtshof anrufen. Der festgesetzte Streitwert von nun 25.000 Euro lässt dies zu. Möglich wäre auch, direkt vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zu ziehen.
Darum geht's im Streit Böhmermann gegen Imker
Anlass für den Streit war Böhmermanns Magazin-Sendung im November 2023, in der er die Firma des Meißners Rico Heinzig namens Myhoney Bio-Imkerei in Wort und Video kritisierte und ihr vermeintliches Engagement für Nachhaltigkeit und Artenschutz vorwarf. Wörtlich hieß es: "So, auch wenn es wie Naturschutz aussieht und vor allem so aussehen soll, ist dieses ganze Honigbienenangesiedel nichts anderes als 'beewashing'". Es handele sich um Werbung, Geld und Business.
Diesen "Beewashing-Vorwurf" wollte der Inhaber Rico Heinzig nicht auf sich sitzen lassen und verkaufte daraufhin "Böhmermann-Honig". In der ersten Gerichtsverhandlung sagte er dazu, dass er vier Plakate drucken und einen Stand mit 150 Honiggläsern in einem Dresdner Edeka-Markt aufbauen ließ. Auf dem Plakat ließ er Böhmermann einen "Beewashing Honey" empfehlen, nannte ihn einen "führenden Bienen- und Käferexperten". "Beewashing" ist eine Anspielung auf Greenwashing und dem englischen Wort für Bienen.
Auf jedem Glas klebte ein QR-Code, über den Interessierte auf einem YouTube-Kanal die Imkersicht auf Böhmermanns Vorhaltungen erfahren konnten. Vor dem Landgericht sagte Heinzig, dass im Supermarkt anfangs nur acht Gläser verkauft worden seien, den Erfolg nannte er "weniger erfolgreich".
Um genau diese Reaktion des Imkers auf die im ZDF geäußerten Vorwürfe geht es in der Bewertung des OLG Dresden: Ist das Satire oder nicht? Hat Imker Heinzig die Persönlichkeitsrechte des Moderators verletzt?
Das sagen Böhmermann und sein Anwalt
Ja, hat er und es ist keine Satire, findet Böhmermann-Seite. Sie machte in einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung einen Unterlassungsanspruch in Bezug auf Werbung für den Honig geltend. "In dem Rechtsstreit geht es lediglich um das angestrebte Verbot eines unerlaubten, kommerziellen Verkaufs von Produkten mit dem Bildnis und dem Namen von Herrn Böhmermann. Irgendwelche Zahlungsansprüche sind nicht Gegenstand des Verfahrens", betonte Jan Böhmermanns Anwalt Torben Düsing auf Nachfrage von MDR SACHSEN. Böhmermann gehe grundsätzlich gegen die unerlaubte kommerzielle Verwendung seines Namens und Fotos von ihm in der Unternehmenswerbung vor.
Herr Böhmermann geht grundsätzlich gegen die unerlaubte kommerzielle Verwendung seines Namens und Bildnisses in der Unternehmenswerbung vor und wird dies auch in Zukunft tun.
So sieht der Imker seine Reaktion
Der Imker wiederum sieht es so: "Meine Persönlichkeitsrechte wurden verletzt, Videomaterial über meine Firma wurde ungefragt gezeigt und der gesamte Berufsstand der Imker durch den Kakao gezogen - für die TV-Quote im gebührenfinanzierten Fernsehen." Aus seiner Sicht habe er sich satirisch gegen Böhmermann und dessen Vorwürfe gegen seine Imkerei gewehrt. "Ich fühle mich im Recht."
Heinzig wirft dem TV-Moderator zweierlei Maß vor. Böhmermann dürfe als Satire getarnte Vorwürfe und Behauptungen aufstellen und Bilder ungefragt nutzen. "Wenn man es ihm gleich tut, reagiert er wie ein beleidigtes Kind und empfiehlt Betroffenen, sich doch gerichtlich zu wehren. Also genau das, was er später wieder anprangert, dass Kontrahenten nichts anderes einfallen würde als zu klagen."
Es ist schon verwunderlich, dass jemand, der seinen Kontrahenten öffentlich Humorlosigkeit, deutsche Spießigkeit, zu wenig Grips vorwirft und dass sie immer nur Gerichte einschalten, dann genau das tut und keinerlei Spaß versteht.
Böhmermann findet Streit "spannend"
Im Podcast des Hessischen Rundfunks namens "Freiheit deluxe" vom 7. März sagte Jan Böhmermann übrigens über den Honig-Streit: "Bei dieser Honiggeschichte treffen einfach zwei Satiriker aufeinander. Ich finde es spannend, herauszufinden, ob das eine neue Form von Satire ist. Dass, wenn mir etwas nicht gefällt, ich dann quasi Persönlichkeitsrechte von Leuten verletzen kann und damit Produkte verkaufen kann. Ich würde das gern für mich wissen. Dann spare ich mir die ganze Arbeit mit der Sendung und werde anderweitig reich."
- Warum es bei dem Rechtsstreit um mehr als Honig geht, lesen Sie im Online-Beitrag hier und in einer Fachzeitschrift unter diesem Link
MDR (kk/kbe)/epd,dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 18. Juli 2024 | 19:00 Uhr