Festival für urbane Kunst Ibug in Riesa: Kraftfuttermischwerk wird mit Urban Art neu belebt
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02. September 2024, 05:00 Uhr
Die Ibug, das sächsische Festival für urbane Kunst, findet 2024 in Riesa statt. Am 30. August wird die 19. Ausgabe im alten VEB Kraftfuttermischwerk eröffnet. Urban Artists aus aller Welt – darunter Kanada, Gran Canaria, Griechenland, Italien und Russland, aber auch aus Sachsen – haben die leerstehenden Werkshallen in Riesa in eine Kunstausstellung verwandelt. Von Graffiti und Malerei bis Häkel-Handwerk und Projektionen wird alles gezeigt. Das hat auch langfristige Auswirkungen in Riesa.
- Vom 30. August bis zum 8. September wird auf dem Gelände des ehemaligen VEB Kraftfuttermischwerk Riesa das Kunstfestival Ibug veranstaltet.
- Kunstschaffende aus aller Welt haben mit Graffiti und anderen Techniken direkt an den Gebäudewänden gearbeitet.
- Das Festival will so auch auf vergessene Orte aufmerksam machen und ihnen so ein zweites Leben ermöglichen.
Imposant ragen die weißen Betonzylinder der Kornspeicher in den blauen Sommerhimmel. Die Gebäude direkt daneben sind nicht weniger majestätisch und erinnern eher an einen Palast als an eine Produktionsstätte für Tierfutter. Zu DDR-Zeiten war hier der VEB Kraftfuttermischwerk Riesa zu Hause, später ein Standort der Firma Muskator. Für zwei Wochenenden avanciert das Gebäude nun zur Kunsthalle.
"Die Leute kommen hier rein und wahrscheinlich gibt es dann noch einen Eisstand", erklärt Martin Langhof vom Verein Ibug, der auf der Freifläche vor dem Gebäude steht. "Da sind auch die ersten zwei Installationen." Danach geht es durch eine unscheinbare Metalltür ins Innere der Mühle, die zum Futtermittelwerk gehört. Und damit ins kühle Halbdunkel, treppauf und treppab durch schmale Gänge, die sich immer wieder zu riesigen Fabrikhallen öffnen. Alles bespielt mit urbaner Kunst, die in den vergangenen Wochen direkt hier vor Ort entstand. Dazu reisten Künstlerinnen und Künstler aus Kanada, Gran Canaria, Griechenland, Italien und Russland an. Aber auch Sachsen sind dabei.
Viefalt der Urban Art
Street-Art – das ist weit mehr als Tags und Graffiti. Stencils, Paste Ups oder klassische Mural-Wandmalerei gehören auch dazu, zählt Martin Langhof Techniken auf. Dabei werden mit Schablonen und Spraydose, Kleister und Papier oder Farbe Bilder an die Wand gebracht. "Das sind erstmal so die klassischen Genres", so Langhof.
Daneben gebe es aber auch Installationen, Videoarbeiten "und dann diese Blume, die an der denkmalgeschützen Wand angehäkelt wurde." Das sei eine Technik, von der er gar nicht richtig sagen könne, wie man sie bezeichnen solle, gibt Langhof zu. Grundsätzlich sei alles möglich, fasst er die Richtlinien zusammen, solange der Raum mit einbezogen werde.
Auf dem Rundgang durch das riesige Gelände wird klar, wie das im Einzelnen aussehen kann: Da gibt es farbenfrohe Gemälde, die locker eine ganze Fabrikhallenwand okkupieren. Und winzige Objekte, die sich in versteckte Nischen schmiegen. Amorphe Objekte aus hauchdünner Folie atmen, vom Lufthauch bewegt, langsam vor sich hin. Und machmal ist unklar, ob es sich um ein Ausstellungsstück oder ein Überbleibsel aus der Zeit des Leerstands handelt.
Die Kunst ist auch ein Vehikel, um über den Raum zu sprechen.
Alte Orte in Sachsen wiederentdecken
Bei der Ibug wird der Ausstellungsrundgang zur Schnitzeljagd auf einem riesigen Abenteuerspielplatz für Erwachsene. Die Kunst selbst solle möglichst niederschwellig, also in Inhalt und Form für ein großes Publikum verständlich sein. "Die Kunst ist auch ein Vehikel, um über den Raum zu sprechen", erklärt Martin Langhof.
"Die einen Besucher haben mehr Bezug zur Kunst, die anderen haben mehr Bezug zur Historie oder zum Gelände. Und diese Leute kommen dann zusammen und sprechen darüber, wo wir hier eigentlich sind", so stellt sich Langhof das Festival vor.
Wo wir hier sind, weiß zum Beispiel Volker Busch. Er war einer der Mechaniker im Heizhaus, einem flachen Gebäude aus den 60er-Jahren, mit so genanntem Schmetterlingsdach. "Dort hinten war der Dampfverteiler, hier standen die Kessel", erinnert er sich. "Und dort, wo das Graffito dran ist, stand ein großer Speisewasserbehälter. Alles zweckmäßig gemacht."
Der Riesaer hat hier schon seine Lehre gemacht. Er arbeitete, bis sich die Betriebstore im Jahr 2011 endgültig schlossen, im Heizhaus. Volker Busch freut sich, wieder einmal an seinen früheren Arbeitsplatz zu kommen. Dass die Wände nun im Rahmen der Ibug deutlich Farbe angenommen haben, sieht er entspannt: "Das ist Geschmacksache. Aber ich kann damit leben, wenn es auf diese Weise eine Verwendung findet."
Nachwirkungen in Riesa
Das Heizhaus soll sogar ein fester Ort der Kunst und der Begegnung bleiben, wenn die Ibug ihre Zelte wieder abgebrochen hat. Bereits seit 2023 plant der EKM Verein aus Riesa, das Gebäude zur Kunsthalle auszubauen und hat es jetzt im Juni 2024 gekauft. Für Martin Langhof und den Ibug Verein ist das ein positives Signal: "Wir wollen mit unserem Festival ja den Rahmen bieten, damit Leute auf das Objekt aufmerksam werden, und die Leute ihren Ort wieder zurückgewinnen können."
Einen Vorgeschmackt gibt es schon an den Ibug-Wochenenden: So wird es neben Führungen zu den Kunstwerken auch eine historische Führung zur Geschichte des Ortes geben. Darüber hinaus lädt die Ibug zum Herumstromern und Kunstgucken auf dem insgesamt 11.000 Quadratmeter großen Gelände ein.
Weitere Informationen zur Ausstellung
Ibug – Festival für urbane Kunst 2024
30. August bis 8. September
Adresse:
Muskator Werke Riesa
Breite Straße 9
01587 Riesa
Öffnungszeiten:
30. August und 6. September, von 15 bis 20 Uhr
31. August und 7. September, von 10 bis 20 Uhr
1. und 8. September, von 10 bis 20 Uhr
Im Anschluss bleibt der Biergarten für den Austausch noch bis mindestens 22 Uhr geöffnet.
Redaktionelle Bearbeitung: tsa, bh
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 30. August 2024 | 07:10 Uhr