6. bis 13. November 2024 Filmfestival in Dresden rückt Menschenrechte in den Fokus
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06. November 2024, 03:00 Uhr
In Dresden eröffnet das Move it-Filmfestival für Menschenrechte. Bis zum 13. November werden 29 Dokumentar-, Spiel- und Kurzfilme gezeigt, die sich mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Konflikten im Globalen Süden beschäftigen, unter anderem im Iran und Sudan. Zum 20. Jubiläum des Festivals gibt es zudem ein Sonderprogramm mit Workshops, Podiumsdiskussionen und der Verleihung zweier Filmpreise.
- Das Filmfestival Move it läuft bis zum 13. November in mehreren Dresdner Kinos.
- Im Rahmen des Festivals werden Filme gezeigt und ausgezeichnet, die Menschenrechtsverletzungen sichtbar machen.
- In der Dokumentarfilmbranche zeigt sich ein neuer Trend, Menschen in Krisenregionen beim Filmemachen zu unterstützen.
Tanzende Menschen flimmern über das Bild, es läuft mitreißende Musik. Dann wird es auf einmal dunkel, die Musik leiser, man hört Stimmen an der Tür der Wohnung und aufgeregtes Gemurmel. "Leute, seid mal fünf Minuten leise", sagt eine Stimme aus dem Off. "Sonst werden wir verhaftet." Hektisch suchen die Partygäste nach einem Bild des geistlichen Führers Ayatollah Khomeini, um es in der Wohnung aufzuhängen, wie es in iranischen Haushalten von der Regierung gewünscht ist.
Wir begegnen der Welt mit all ihren Krisen, Kriegen, Zerstörung, Unterdrückung, Gewalt, aber auch in all ihrer unfassbaren Schönheit und unergründlichen Vielfalt.
Die Szene ist ein Ausschnitt aus dem Film "My Stolen Planet", der beim Move it Filmfestival zu sehen sein wird. Filmfestival-Jurorin Andrea Kuhn freut sich schon darauf, den Film zu sehen: "Fahranaz Sharifi ist eine der besten Filmemacherinnen und Schnittmeisterinnen des Iran, die schon immer mit Archivbildern arbeitet und daraus Geschichten spinnt."
Fünf Dresdner Kinos beteiligen sich an Filmfestival
In dem Film entwickelt Sharifi aus den Filmschnipseln, die sie teilweise auf iranischen Flohmärkten gefunden hat, eine persönliche Geschichte, die die iranische Frauenbewegung seit der Revolution erzählt. "Und sie macht es mit einer Feinheit und Komplexität, die Persönliches und Allgemeines und Politisches zusammenbringt, dass man nur noch mit offenem Mund dastehen kann", erzählt Kuhn begeistert.
"A Stolen Planet" ist einer von 29 Filmen aus 26 Ländern, die im Rahmen des Move it-Filmfestivals in verschiedenen Dresdner Kinos wie dem Thalia, Zentralkino und PK Ost zu sehen sein werden.
Festival zeigt Filme aus und über den Globalen Süden
Die Filme und Gespräche mit internationalen Filmschaffenden machen das Festival nun schon seit 20 Jahren besonders, wie Festivalorganisatorin Silvia Zimmermann erzählt: "Es kommen Regisseurinnen aus verschiedenen Ländern, es kommen Expertinnen, Referentinnen – das ist das, was das Move it letztlich ausmacht, dass wir nicht nur die Filme zeigen, sondern dass wir auch diese Filmgespräche im Nachhinein anbieten."
Berührende Filme und Gespräche danach – das gab es schon vor 20 Jahren, damals noch mit dem Namen Frauenfilmtage. Der Dresdner Verein Akifra, kurz für Aktionsgemeinschaft für Kinder und Frauenrechte, rief das Festival ins Leben – um Filme von Frauen zu fördern und auf weibliche Genitalverstümmelung in Ostafrika und Zwangsprostitution aufmerksam zu machen. Inzwischen thematisiert das Projekt Menschenrechte allgemein.
In diesem Jahr kann das Publikum unter anderem auf der Leinwand verfolgen, wie eine reiche Nordsudanerin sich für einen Mord an einem Südsudanesen verantworten muss – beim Film "Goodbye Julia" taucht man ein in den Konflikt und die Spaltung in der sudanesischen und südsudanesischen Gesellschaft. In einem anderen Film, "The Pickers", begleitet Dokumentarfilmerin Elke Sasse Wanderarbeiter beim Obsternten in Süditalien bei einer Arbeit ohne Papiere, Verträge und Mindestlohn.
Filmpreis für Menschenrechte 2024 wird verliehen
Einer der Filmschaffenden wird am Ende des Festivals den Move it-Filmpreis für Menschenrechte bekommen, der mit 5.000 Euro dotiert ist und von der Sächsischen Staatskanzlei finanziert wird. Laut Festivalleiterin Silvia Zimmermann ist das für die Filmemacher und -macherinnen aus diesem Bereich viel Geld. "Mir ist es sehr wichtig, dass wir vor allem das Engagement dieser Filmemacher und Filmemacherinnen unterstützen, die so viel leisten und sich auch in gefährliche Situationen begeben, wenn sie Filme im Globalen Süden machen", betont sie.
Seit 2015 wird der Preis von einer dreiköpfigen Jury verliehen. Zu dieser gehört in diesem Jahr Filmemacherin Steffi Niederzoll, die im vergangenen Jahr den Dresdner Filmpreis für ihren Film "Sieben Winter in Teheran" bekam, und Rabih El Khoury, der die Berlinale bei der Filmauswahl berät und unter anderem Filmfestivals im Libanon organisierte, sowie Andrea Kuhn, Mitgründerin des internationalen Filmnetzwerks Human Rights Festival Network.
Seit einigen Jahren gibt es beim Move it-Filmfestival zusätzlich einen Jugendfilmpreis, der von einer Kinder- und Jugendjury ausgewählt wird. Nominiert ist 2024 in diesem Bereich "Mein Totemtier und ich", ein Film über ein Kind in den Niederlanden, dass die Folgen davon zu spüren bekommt, dass der Asylantrag seiner Familie abgelehnt wurde. Anlässlich des 20. Festivaljubiläums gibt es ein Sonderprogramm, zu dem der Workshop "Fit gegen Fake-News" gehört.
Menschen in Krisenregionen eine Stimme geben
Für Jury-Mitglied Andrea Kuhn ist das wichtigste Kriterium bei der Preisvergabe die filmische Qualität. "Vor allem das ethische Profil eines Films muss dazu passen. Also man kann keine unethischen Filme über wichtige Themen machen und dann den Film ausgezeichnet bekommen. Gerade Menschen die Menschenrechtsverletzungen erlebt haben – ein Film, der auf die Tränendrüse drückt oder so ein Betroffenheitskino macht, der wird diesen Menschen nicht gerecht", betont Kuhn. Sie begrüße es, dass immer mehr Filmschaffende mehr Akteure aus der Region an ihren Produktionen beteiligen würden und Erlebnisse einordnen ließen.
Diese Perspektiven sichtbarer zu machen, ist ihrer Meinung nach eine positive Wirkung, die Filmfeste für Menschenrechte haben können. "Dass man die Möglichkeiten auch für Menschen aus strukturell schwächeren Regionen schafft, damit die ihre Geschichten selbst erzählen und dann eben auch verbreiten können, dafür können Filmfestivals zum Thema Menschenrechte ein kleiner Startpunkt sein."
Festival in Dresden will zum Nachdenken anregen
Auf Filmfestivals finde viel Austausch statt, der Filmschaffenden aus dem Globalen Süden Netzwerke schaffe, zu denen sie sonst schwieriger einen Zugang bekämen, sagt Andrea Kuhn. Beim Nürnberger Human Rights Festival, das die Jurorin seit 2007 leitet, gelinge das zunehmend.
Beim Move it-Festival in Dresden erhoffe man sich, dass die Spiel-, Dokumentar-, und Kurzfilme das Publikum nachhaltig beeindrucken. "Wir wollen bei vielen Menschen einen Perspektivwechsel erreichen und bestenfalls auch noch, dass sie sich vielleicht nach dem Festival bei verschiedenen Vereinen oder Initiativen selbst engagieren." Deswegen sei es Kuhn wichtig, Filme mit starken Protagonisten und Protagonistinnen zu zeigen, die in ihrer Gesellschaft etwas verändern wollen.
Weitere Informationen
Move it! - 20. Internationales Filmfestival für Menschenrechte
Vom 6. bis 13. November 2024
Spielstätten:
- Thalia Kino Dresden
- Programmkino Ost
- Zentralkino
- Kino im Kasten
- Filmgalerie Phase IV
Redaktionelle Bearbeitung: vp
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Mittag | 06. November 2024 | 12:40 Uhr