Ernährung Großer Ansturm bei Eröffnung von Sachsens erster veganer Fleischerei

07. Januar 2023, 19:31 Uhr

Das Thema Veganismus scheidet in Deutschland die Gemüter. Die einen sehen es als notwendigen Schritt, um weniger Treibhausgase zu produzieren und das Tierwohl zu verbessern. Für die anderen kommen Fleischersatzprodukte nicht in den Einkaufswagen. Vier Dresdner wollen nun zeigen: Solche Produkte können ihrer Meinung nach in puncto Geschmack und Konsistenz mit ihren fleischigen Konterparts mithalten - und haben Sachsens erste komplett vegane Fleischerei eröffnet.

Wer am Sonnabendvormittag am Bischofsweg in der Dresdner Neustadt unterwegs war, der ist sicherlich früher oder später einer großen Menschenmenge in die Arme gelaufen. Der Grund: In Dresden hat die erste vegane Fleischerei Sachsens eröffnet. Einen solch großen Andrang hat auch Inhaber Nils Steiger nicht erwartet. Der 27-Jährige ist selbst Veganer und hat das Geschäft zusammen mit drei Freunden gegründet.

Ein Jahr Entwicklungszeit

Die Idee für einen Laden, der rein pflanzliche Ersatzprodukte in der Form konventionellen Fleischs verkauft, hatte Nils Steiger mehr als einem Jahr. Gemeinsam mit einem Freund habe er damals veganes Fleisch in Dresden kaufen wollen. Doch einen Laden rein für Ersatzprodukte habe es nicht gegeben.

Wir wollten gerne in einer veganen Fleischerei einkaufen gehen, wir hatten da Bock drauf. Doch leider war der nächste Laden in London und nicht hier bei uns in Deutschland oder noch näher, hier in Dresden.

Nils Steiger Inhaber "Die Vegane Fleischerei"

Kurzerhand sei ihm die Idee gekommen, das Ganze selbst in die Hand zu nehmen. Gemeinsam mit dem veganen Koch Daniel Quis, dem Besitzer des veganen Dönerladens "Der Dicke Schmidt", Andreas Henning und Stefan Meyer-Götz begann er, vegane Fleischersatzprodukte zu entwickeln und herzustellen. Ein gutes Jahr später können Interessierte am Bischofsweg Braten, Aufschnitt, Wurst, Sülze, Leberkäse und noch vieles mehr kaufen. Und das ganz ohne Blut und auf rein pflanzlicher Basis.

Dem Tierwohl zuliebe

Dass für viele Leute die Begriffe "vegan" und "Fleischerei" auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammenpassen, dessen ist sich Inhaber Nils Steiger bewusst. Ein bisschen wollen er und seine drei Geschäftspartner mit dem Namen provozieren, sagt Steiger. Er selbst zum Beispiel liebe zwar den Geschmack von Fleisch, wolle aber nicht mit den Konsequenzen leben, den Fleischkonsum mit sich bringt. Seiner Auffassung nach seien Punkte wie der hohe Verbrauch von Wasser, Agrarfläche und Futtermittel Gründe, weniger bis gar keine tierischen Produkte zu essen.

Wir sind in unserer Gesellschaft nicht mehr gezwungen tierische Produkte zu essen, um zu überleben. Wir haben die Wahl. Und wenn wir eine Wahl haben, dann können wir jeden Tag entscheiden, ob für unseren Konsum ein Lebewesen sterben muss oder nicht.

Nils Steiger Inhaber "Die Vegane Fleischerei"

Die vegane Fleischerei soll all denjenigen, die genauso denken, eine Alternative bieten. Und natürlich auch denjenigen, die einfach nur neugierig sind, wie solche Fleischersatzprodukte schmecken.

Was sagt die Wissenschaft?

Im öffentlichen Diskurs hält sich oft hartnäckig die Behauptung, dass Fleischersatzprodukte in ihrer Ökobilanz nicht besser seien als konventionelle Fleischprodukte. Als Argumente werden unter anderem die lange Zutatenliste und die langen Transportwege von Soja beispielsweise aus Südamerika genannt. Eine Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2020 hat sich die Umweltauswirkungen von Fleisch und Ersatzprodukten angeschaut. Das Ergebnis: Pflanzliche Alternativen, aber auch Alternativen auf Insektenbasis, schneiden klimatechnisch besser ab als "echtes" Fleisch. So werde zum Beispiel für die Produktion eines Kilogramms Fleischersatz auf Pflanzenbasis 2,8 Kilogramm Treibhausgase ausgestoßen. Für Schweinefleisch liege der Wert bei 4,1 Kilogramm, für Geflügel bei 4,3 und für Rindfleisch sogar bei 30,5 Kilogramm.

Die Gründe dafür sind den Angaben zufolge vielfältig: So werde zum Beispiel etwa 70 Prozent der weltweit landwirtschaftlich genutzten Fläche für die Viehzucht verwendet. Des weiteren entstünden bei der Tierzucht Gülle und Methangas, welche den ökologischen Fußabdruck der Viehzucht weiter verschlechterten. Weitere Infos zu dem Thema fasst der jährlich erscheinende Fleischatlas zusammen.

MDR (koh)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 08. Januar 2023 | 19:00 Uhr

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