Männer hocken auf dem Boden und zeigen einem Jungen Spiele
Ehrenamtliche Helfer des Dresdner Vereins "Impreuna" haben für die Kinder auch Spiele mitgebracht. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Hilfstransport Dresdner Verein unterstützt ukrainische Flüchtlinge im eigenen Land

05. März 2025, 13:47 Uhr

Vor drei Jahren hat Russland die Ukraine überfallen. Eine Welle der Solidarität erfasste Deutschland: Hunderttausende Geflüchtete wurden aufgenommen, viele private und öffentliche Hilfstransporte versorgten die Ukraine. Doch je länger der Krieg dauert, umso weniger ist diese Hilfe in der Wahrnehmung präsent. Dabei gibt es viele, die sich seither unermüdlich engagieren.

Die polnisch-ukrainische Grenze hat der Hilfskonvoi vom Dresdner Verein "Impreuna" passiert. Nach einer Nachtfahrt ohne nennenswerte Pausen und mehr als 1.000 Wegkilometern kommt der Zielort Chmelnyzkyj näher. Am Straßenrad weht fast an jedem Friedhof mindestens eine ukrainische Flagge, hier ruhen gefallene Soldaten. Diese Symbole eines langanhaltenden Krieges stimmen nachdenklich, so auch die sechs ehrenamtlichen Helfer aus Dresden und Pirna. Schließlich nach 15 Stunden Fahrtzeit wird vor einem einstöckigen, alten Backsteinhaus Olena Terletska in die Arme geschlossen.

Mehrere Transporter parken auf einem Seitenstreifen einer Schnellstrasse. 4 min
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4 min

MDR SACHSENSPIEGEL Mo 03.03.2025 19:00Uhr 04:07 min

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Die Ukrainerin kümmert sich mit ihrem Verein "KinderArche Ukraine" um mehr als 300 Binnenflüchtlinge aus dem Osten des Landes. Reicht Heizgeräte, Gehhilfen, Decken und andere Hilfsgüter weiter, die "Impreuna" hier abliefert. "Die Leute sind wirklich sehr müde, weil wir ganz viele junge Leute verlieren, viele Zivilisten. Auch viele Kinder sind gestorben, aber wir geben nicht auf und die Hoffnung besteht immer," sagt sie. "Wir können unsere Leute, unsere Jungs nicht verraten," so Olena Terletska.

Frau steht zwischen Gebäuden und Klettergerüst
Olena Terletska Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wir wissen, dass wir auch weiterkämpfen. Wir können unsere Leute, unsere Jungs nicht verraten.

Olena Terletska Verein "KinderArche Ukraine"

Dresdner Verein half schon vor russischem Angriff

Schon lange vor dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 unterstützte "Impreuna" den Verein "KinderArche Ukraine" von Olena. Sie halfen zum Beispiel dabei, ein Kinderheim zu renovieren. Seit der großangelegten Invasion organisieren die Dresdner etwa jedes Quartal einen Hilfstransport. Laut Vereinten Nationen sind allein innerhalb der Ukraine fast vier Millionen Menschen auf der Flucht. In eine Kinderbetreuung von Flüchtlingen für Flüchtlinge in Chmelnyzkyj bringen die Helfer von "Impreuna" Kisten voller Spielzeug und Süßigkeiten.

Frauen und Kinder stehen in einem Raum
Die Kinderbetreuung in einem Keller nahe der Innenstadt von Chmelnyzkyj organisieren Flüchtlinge für Flüchtlinge. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

"Einen Weg zurück gibt es für uns nicht"

Dort engagiert sich auch Tetyana Oleksandriwna. Fragt man sie und die anderen Frauen bei dem Treffen nach ihren Wünschen, dann wollen sie mit ihren Familien zurück in die ostukrainische Heimat. Tetyana aber hat sich mit den neuen Realitäten abgefunden. "Wir sind am 8. März 2022 aus Lyssytschansk ausgereist, da war das noch ukrainisches Gebiet, dann ist es bald von Russland besetzt worden, bis heute. Wir können nicht mehr nachhause fahren, niemanden besuchen, nicht nachschauen. Wir sind jetzt hier in Chmelnyzkyj sesshaft geworden, haben für uns und die Kinder entschieden, hier zu leben, einen Weg zurück gibt es für uns nicht," sagt Oleksandriwna.

Gräber mit ukrainischen Flaggen
Am Straßenrand von Chmelnyzkyj weht fast an jedem Friedhof mindestens eine ukrainische Flagge, hier ruhen gefallene Soldaten. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die unablässigen Grausamkeiten des Krieges sind auch im Herzen von Chmelnyzkyj allgegenwärtig. Die Gesichter gefallener Soldaten säumen als Bilder die Einkaufsstraße. Mehr als 600 Bürger sind laut dem stellvertretenden Oberbürgermeister Mykola Vavryshchuk allein aus der 270.000 Einwohnerstadt Chmelnyzkyj gefallen. Der Alltag in der Stadt: Manchmal gehe es mehrmals am Tag wegen des Luftalarms in Schutzräume. Der Wirtschaft fehlen Arbeitskräfte und durchgängige Elektrizität, die Stadt könne keine größeren Investitionen angehen.

Schwieriges Verhältnis zu den USA beunruhigt

"Das ist der Preis, den wir bezahlen," sagt Vavryshchuk. "Und wenn jemand im Ausland über den Krieg in der Ukraine spricht und Entscheidungen fällt, kann ich ihnen sagen: Wenn Du bei einer Beerdigung dabei sein würdest, den Müttern und Ehefrauen in die Augen schauen würdest, wenn Du die 600 Gräber mit ukrainischen Flaggen hier besuchen würdest, würdest du wahrscheinlich anders denken."

Das neue schwierige Verhältnis zu den USA unter Trump beunruhigt den stellvertretenden Oberbürgermeister. Die Ukraine brauche Europa nun mehr denn je und umgekehrt sei die Ukraine bereit, Europa vor Russland zu schützen, sagt Vavryshchuk. Diese politische Großwetterlage spielt für den Verein "Impreuna" erst einmal keine Rolle. Solange die Sicherheitslage es zulässt, sollen aus Dresden ehrenamtlich organisierte Hilfskonvois weiter anrollen.

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MDR (kbe)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 03. März 2025 | 19:00 Uhr

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