Ernst-Rietschel-Kunstpreis Ausstellung in Dresden: Wie Bildhauerin Iman Issa mit Sehgewohnheiten spielt
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08. Februar 2025, 04:01 Uhr
Die ägyptische Künstlerin Iman Issa ist die Trägerin des 13. Ernst-Rietschel-Kunstpreises für Skulptur. Verbunden mit der Auszeichnung ist eine Ausstellung im Albertinum in Dresden. In ihrer Schau "Das Spiel" zeigt die 1979 in Kairo geborene Bildhauerin ausgewählte Skulpturen sowie eine konzeptuelle Arbeit, die sich mit der Skulpturensammlung in Dresden auseinandersetzt. Iman Issa fordert die Betrachterinnen und Betrachter ihrer Kunst heraus, sich ihrer Sehgewohnheiten bewusst zu werden.
- Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zeigen in der Ausstellung "Das Spiel" Arbeiten von Iman Issa.
- Die ägyptische Bildhauerin ist Preisträgerin des Ernst-Rietschel-Kunstpreises für Skulptur.
- Wie dessen Namensgeber Ernst Rietschel ist Issa für ihre innovativen Skulpturen bekannt.
Der Weg zum "Spiel" der Künstlerin Iman Issa führt ins Schaudepot der Skulpturensammlung. In breiten Vitrinen, inmitten des abgedunkelten Raumes, leuchten unzählige Skulpturen und Plastiken verschiedenster Jahrhunderte, im Licht winziger Lampen, wie unter einem Sternenhimmel.
Da prangt der tönerne Kopf einer schönen Frau stolz neben dem zeitgenössischen Portrait eines jungen Mannes in Strickpullover aus bemaltem Porzellan. Unter der Göttin kuschelt ein schlafendes Paar von Ernst Barlach neben einer Gipsbüste eines streng blickenden Herrn mit Doppelkinn.
Albertinum in Dresden begeistert Künstlerin
"Dieser Ort ist unglaublich", schwärmt Iman Issa. Den Ort für die Ausstellung dürfen sich die Preisträgerinnen und Preisträger im Albertinum selbst wählen. "Und dieser Raum ist mir von einem früheren Besuch in Dresden in Erinnerung geblieben. Damit wollte ich unbedingt etwas machen."
Sie entwickelte ihre Arbeit "Das Spiel". Dafür vertauschte sie einige Kärtchen, mit denen die Ausstellungsstücke beschriftet sind. Eine Spielanleitung an der Wand fordert die Besucherinnen und Besucher auf zu raten, welches dieser Werke die richtige Beschriftung trägt, und welches ein falsches Kärtchen bekommen hat.
Im Zweiten Teil ihrer Ausstellung im Erdgeschoss hat sie Fotografien angebracht. Als Betrachter darf man aus immer drei Bildunterschriften wählen und so selbst bestimmen, was man sieht. Für die herkömmlich geprägte Museumsbesucherin ist das erstmal eine Verunsicherung. Das ist durchaus gewollt. Dadurch denkt man ein bisschen mehr über diese Beziehung zwischen der Beschreibung eines Werks und dem Werk selbst nach, erklärt Iman Issa. "Dieses Nachdenken anzuregen, dass man nicht einfach alles als gegeben hinnimmt – das ist für mich interessant."
Ernst-Rietschel-Kunstpreis Der Ernst-Rietschel-Kunstpreis für Skulptur wird seit 1991 alle zwei Jahre vergeben. Er erinnert an den sächsischen Künstler Ernst Rietschel (1804–1861), der zu den bedeutendsten deutschen Bildhauern des Spätklassizismus gehört. Die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung ging 2024 an Iman Issa. Die Jury betonte, dass Iman Issa als eine der wichtigsten in Deutschland lebenden Künstlerinnen gilt und sie in ihrem Werk die politische Ästhetik unterschiedlicher Gegenwarten verhandelt.
Skulpturen aus dem 3D-Drucker
Auch in ihren Skulpturen spielt Iman Issa mit vorgefundenem Material. Angeregt durch eigene Museumsbesuche begann sie, Objekte, die sie in den Ausstellungen fand, auf einfache Grundformen zu reduzieren. Die aus diesem Vokabular entstehenden Skulpturen tragen das historische Artefakt im Gedächtnis, führen jedoch ein Eigenleben.
So verweisen vier ovale Objekte aus der Serie "Proxies, with a Life of Their Own" auf Persönlichkeiten, wie Hannah Ahrend oder Georges Henein. Doch auf der klaren, glatten Oberfläche ist von Ähnlichkeit keine Spur. Erst der Zusammenhang macht eine Geschichte daraus.
Dieses Nachdenken anzuregen, dass man nicht einfach alles als gegeben hinnimmt – das ist für mich interessant.
Statt Bronze oder Marmor, verwendete Issa einen 3D-Drucker. Wie lässt sich da die Verbindung zu Ernst Rietschel herstellen, dem Namensgeber des Kunstpreises? "Auch Ernst Rietschel war ein zeitgenössischer Künstler, der viele Innovationen in die Skulpturen seiner Zeit eingebracht hat", erläutert Kuratorin Astrid Nielsen. "Dieser Preis ist für Bildhauerinnen und Bildhauer zeitgenössischer Kunst gedacht, um das auch zu fördern und zu zeigen."
Wandererin zwischen den Kulturen
Als Künstlerin hat Iman Issa schon viele verschiedene Kulturen kennengelernt und damit die Wandelbarkeit von Zeichen und Ausdrucksformen verinnerlicht. In Kairo geboren ging sie mit 18 Jahren in die USA. Nach einer Zeit in New York lebt sie inzwischen in Berlin. Und pendelt nach Wien, wo die 45-Jährige eine Professur für Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste hat. In vielerlei Hinsicht kein einfacher Ort zum Leben, sagt sie.
Doch Herausforderungen, und seien sie auch noch so unangenehm, haben für Iman Issa immer auch etwas Gutes. "Manchmal öffnen einem Herausforderungen auch die Augen und man denkt fortan anders über manche Dinge nach", sagt sie lachend. Ein bisschen von diesem Mut, anders über etwas Nachzudenken wünscht sie sich auch von uns Betrachtern. In ihrer Ausstellung können wir diesen Mut – ganz spielerisch – erproben.
Informationen zur Ausstellung:
Iman Issa "Das Spiel"
8. Februar bis 11. Mai 2025
Ausstellung der Preisträgerin des 13. Ernst-Rietschel-Kunstpreises für Skulptur
Albertinum
Skulpturensammlung ab 1800
Tzschirnerplatz 2
01067 Dresden
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr
Redaktionelle Bearbeitung: lig
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 07. Februar 2025 | 18:00 Uhr