Eine goldfarbene Justitia-Figur vor Aktenbergen
Im Strafprozess um den Juwelendiebstahl aus dem Grünen Gewölbe ist das Urteil gefallen. Doch der Schadenersatz ist längst nicht geklärt. Nun könnte es für den Freistaat sehr teuer werden. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Britta Pedersen

Grünes Gewölbe Sachsen muss möglicherweise Millionen-Honorare an Remmo-Verteidiger zahlen

18. August 2023, 17:37 Uhr

Der Juwelendiebstahl im Grünen Gewölbe in Dresden hat nicht nur Schlagzeilen verursacht, sondern auch einen Schaden in Millionenhöhe. Der Strafprozess in diesem Fall ist bereits gelaufen. Das Ergebnis: Fünf Männer wurden für schuldig befunden, historische Schmuckstücke gestohlen zu haben. Während des Prozesses wollte der Freistaat die Möglichkeit nutzen und Schadenersatz geltend machen. Das Gericht hat sich dazu nur teilweise positioniert- eine Entscheidung mit womöglich schwerwiegenden Folgen.

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Vor drei Monaten sind am Landgericht Dresden fünf Männer im Grüne-Gewölbe-Prozess zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Nun wird bekannt, dass das Verfahren möglicherweise ein teures Nachspiel für den Freistaat Sachsen hat. Gerichtssprecher Andreas Feron bestätigt MDR SACHSEN, die zuständige Kammer habe entschieden, dass der Freistaat und damit der Steuerzahler einen Teil der Kosten tragen muss – nämlich die Kosten für das sogenannte Adhäsionsverfahren.

Es geht um erhebliche Summen: Von Zahlungen in Millionenhöhe ist die Rede. Sachsen hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt. Nun muss die übergeordnete Instanz über die Beschwerde entscheiden - entweder das Oberlandesgericht oder der Bundesgerichtshof.

Was ist denn ein Adhäsionsverfahren? - Adhäsion kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so wie viel "anhaften".
- Unter einem Adhäsionsverfahren verstehen Juristen ein Verfahren vor einem Strafgericht, in dem das Opfer zivilrechtliche Ansprüche gegen den oder die Angeklagten geltend macht.

- Im deutschen Rechtssystem gibt es eine Trennung zwischen Strafrecht und Zivilrecht. Mit dem Adhäsionsverfahren ist es möglich diese Trennung zu durchbrechen.
- Das Opfer einer Straftat muss also nicht in einem extra Verfahren seine Schadenersatzansprüche verhandeln lassen, sondern kann diese schon in dem Strafverfahren geltend machen.

- Die Regeln zum Adhäsionsverfahren stehen in der Strafprozessordnung ab Paragraph 403.

Adhäsionsverfahren im Grüne-Gewölbe-Prozess

Der Freistaat Sachsen hatte während des Strafverfahrens eine Adhäsionsklage erhoben. Die Staatlichen Kunstsammlung Dresden - als zuständige, untergeordnete Behörde - begründete dies in einer Pressemitteilung. Man gehe diesen Schritt, "um sich etwaige Schadensersatzansprüche sowie Akteneinsicht zu sichern."

Doch der Freistaat hatte mit seinem Adhäsionsantrag im Strafprozess nur bedingt Erfolg. Die Kammer stellte zwar fest, dass der Freistaat dem "Grunde nach" Anspruch auf Schadenersatz habe, über die Höhe aber wurde nicht im Strafprozess entschieden. Das sei viel zu aufwendig und langwierig. Wenn der Freistaat finanzielle Wiedergutmachung erwirken wolle, also einen so genannten Titel, müsse er dazu einen separaten Zivilprozess führen. Eine in finanzieller Sicht folgenschwere Entscheidung.

Der Verlierer muss die Zeche zahlen

Es ist durchaus üblich, dass bei Schadenersatz-Sachen der Unterlegene die Kosten für das Verfahren tragen muss. Im Fall des Grünen Gewölbes konnte sich der Freistaat im Strafprozess nicht mit seiner Adhäsionsklage durchsetzen. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum das Gericht ihm nun die Kosten für dieses Verfahren auferlegt. Die genauen Beweggründe wird erst das schriftliche Urteil offenbaren – und das liegt noch nicht vor.

Honoraransprüche der Anwälte genau geregelt

Im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ist genau geregelt, welches Honorar Verteidiger nach einem Prozess verlangen können. Darin ist auch festgeschrieben, dass durch das Einreichen einer Adhäsionsklage zusätzliche Gebühren fällig werden. Wie hoch die ausfallen, hängt vom Streitwert ab. Und den hat das Gericht im Fall Grünes Gewölbe auf 117 Millionen Euro festgelegt. Diese 117 Millionen Euro entsprechen den ursprünglichen Forderungen des Freistaates Sachsen in seiner Adhäsionsklage.

Das Land kann noch von Glück sprechen, dass der Gesetzgeber für die Honorarforderungen von Anwälten bei Adhäsionsverfahren eine Obergrenze festgelegt hat. Diese Obergrenze beträgt 30 Millionen Euro. Auf Grundlage dieser 30 Millionen berechnen sich nun in einem komplizierten Verfahren die Gebühren, die die Verteidiger im Adhäsionsverfahren des Grüne-Gewölbe-Prozesses fordern dürfen. Laut Aussage von Gerichtssprecher Feron können das pro Pflicht- und Wahlverteidiger über 200.000 Euro sein. Bei insgesamt 15 anspruchsberechtigten Verteidigern müssten bei Rechtskraft an sie rund drei Millionen Euro gezahlt werden. Geld aus der Staatskasse und für den juristischen Laien unfassbar.

Ob es soweit kommt, hängt nun davon ab, ob der Freistaat mit seiner Beschwerde gegen die Auferlegung der Kosten des Adhäsionsverfahrens zu Lasten der Staatskasse Erfolg hat.

War das Adhäsionsverfahren ein Fehler?

Für Außenstehende stellt sich angesichts der möglichen Honorarzahlungen in Millionenhöhe die Frage, ob es vom Freistaat Sachsen nicht klüger gewesen wäre, auf das Adhäsionsverfahren zu verzichten. Hierzu sagt der Sprecher des Landgerichtes Dresden, Andreas Feron, relativierend, dass Sachsen mit seiner Klage zumindest etwas erreicht hat. Sollte das im Grüne-Gewölbe-Prozess verhängte Urteil rechtskräftig werden, müsste in einem etwaigen anschließenden Zivilverfahren gegen die Verurteilten nicht nochmal die komplette und sehr komplexe Beweisaufnahme erfolgen. Im Zivilverfahren ginge es dann "nur" noch um die Höhe des Schadenersatzes. Das würde am Ende Zeit und damit in diesem Nachfolgeverfahren auch Kosten sparen.

MDR (pri)

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