Besuch im Trubel Euphorie auf dem Striezelmarkt in Dresden
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25. November 2022, 12:37 Uhr
Endlich wieder Glühwein schlürfen, Bratwurst essen, endlich wieder Striezelmarkt heißt es seit dieser Woche auf dem Dresdner Altmarkt. Nach zwei Jahren Corona-Pause atmen die Standbetreiber auf und freuen sich auf einen umsatzstarken Monat. Auch die Besucher blicken voller Vorfreude auf die Adventszeit. Reporter Tobias Zuttmann hat sich für MDR SACHSEN am Eröffnungstag in den Trubel gestürzt.
Geübt nimmt Daniel Malade eine Handvoll Maronen auf seine Schaufel und füllt sie in eine kleine Tüte. "Das macht 4,50 Euro!" ruft er freudestrahlend aus seinem Stand auf dem Striezelmarkt. Malade trägt einen schwarzen Zylinder, schwarze Jacke und dazu einen roten Schal. Man sieht ihm den Spaß an, den er hat, nach zwei Jahren Corona-Pause, endlich wieder auf dem Weihnachtsmarkt zu stehen. "Die Stimmung ist toll und die Leute sind freundlich." Seit gut 20 Jahren besitzt einen Stand auf dem traditionsreichen Markt - so ganz genau weiß er das gar nicht mehr, "und wenn ich das sage, merkt man, wie alt ich bin", sagt er lachend. Dieses Jahr sei für ihn etwas ganz Besonderes: "So voll wie heute, war es an einem Eröffnungstag noch nie", sagt Malade.
Der Weihnachtsmarkt von seiner schönsten Seite
In den Duft der Maronen mischen sich Gerüche von Bratwurst, gebrannten Mandeln und Glühwein. Beim Gang über den Altmarkt zeigt sich der Striezelmarkt von seiner strahlenden Seite: Schwibbögen leuchten, Herrnhuter Sterne funkeln, Weihnachtsbäume sind üppig mit Kugeln und Kerzen dekoriert. Es wirkt, als würden die Mitarbeitenden jetzt nachholen wollen, was sie in den zwei Jahren Corona-Pause alles verpasst haben.
Voriges Jahr war grausam.
"Wir haben die Eröffnung sehnlichst erwartet. Voriges Jahr war es grausam, als die Buden aufgebaut wurden und alles kurzfristig abgesagt wurde. Deshalb bin ich so froh, dass es dieses Jahr wieder so ist, wie es schon mal war", sagt Frank Gunkel. Der Dresdner ist einer der vielen Besucher und kennt den Striezelmarkt noch aus seiner Kindheit: "Aber er wird jedes Jahr schöner", sagt er und seine Augen füllen sich mit Tränen.
Ist der Striezelmarkt wirklich der älteste Weihnachtsmarkt Deutschlands?
- Um diesen Titel haben Bautzen und Dresden jahrelang gestritten. Seit dem Jahr 1384 durften Bautzner Bürger jedes Jahr von Ende September bis in die Weihnachtszeit einen Fleischmarkt abhalten. Später wurde daraus der Wenzelsmarkt.
- In Dresden gab es auch einen Fleischmarkt und mit einer Urkunde zum Marktprivileg 1434 ist der Dresdner Striezelmarkt auch historisch belegt.
- 2015 hat das deutsche Rekordinstitut eine Festlegung getroffen: Beide Weihnachtsmärkte sind Deutschlands älteste ihrer Art. Der Dresdner Striezelmarkt gilt als "Deutschlands ältester beurkundeter Weihnachtsmarkt" und der Bautzner Wenzelsmarkt als "Deutschlands ältester in einer Chronik genannter Weihnachtsmarkt".
Striezelmarkt vom Bürgermeister eröffnet
Es ist eine gute Stunde her, dass Oberbürgermeister Dirk Hilbert den Markt mit dem traditionellen Stollenanschnitt eröffnet hat. Die Stimmung hat sich inzwischen verändert: Man merkt, der offizielle Teil ist vorbei, die Atmosphäre ist ausgelassener. Die Besucher genießen die Heißgetränke, kaufen erste Dekoartikel und reden miteinander. "Super, dass wir wieder draußen sind und was erleben können und nicht nur böse Sachen hören – sondern auch mal schöne Sachen sehen und genießen", freut sich Marlies Schuster. Sie lebt seit einem Jahr in Dresden, kennt den Markt bisher nur als auswärtige Besucherin. "Dieses Jahr können wir länger bleiben und der Heimweg ist nicht so weit", sagt sie lachend.
Dämpfen teurere Preise die Kauflust?
Auch Beate Mikulcak freut sich über die Eröffnung. Sie steht warm angezogen mit Mütze und Schal in einem kleinen Laden, hinter ihr stehen aufwändig gestaltete Schwibbögen, Stufenpyramiden und Räuchermännchen. Sie ist froh, dass die lange Zeit des Wartens vorbei ist. Auch wenn die Verkäuferin in den vergangenen beiden Jahren viel erlebt hat: "Hier ist der Herr Drosten", ruft sie enthusiastisch und zeigt ein Räuchermännchen, der wie der Virologe Christian Drosten aussieht - mit lockigem Haar und Maske vor dem Gesicht. "Der ist in der Corona-Zeit in zehn bis 20 Länder gegangen. Der ist bis in die USA verkauft worden."
Angst, dass durch Inflation und gestiegene Preise die Menschen nun weniger Geld ausgeben können, hat sie keine, "weil sie jetzt zwei Jahre lang kein Geld auf den Weihnachtsmärkten ausgeben konnten."
Wenige Stände weiter macht sich Riko Raimer hingegen etwas Sorgen. Er arbeitet an einem Süßwarenstand, Lebkuchenherzen baumeln ihm vor der Nase. "Ich weiß es ja selbst, dass man auf das Geld achten muss."
Wir unterstützen die Händler.
Dennoch hoffen er und die rund 230 Händlerinnen und Händler, dass die Kaufkraft der erwarteten 2,5 Millionen Besucher nicht nachgelassen hat. Zumindest der Eröffnungsabend gibt Anlass für Optimismus. Christian Arelt aus Sonneberg in Thüringen will sich von den gestiegenen Preisen nicht abschrecken lassen: "Wir unterstützen die Händler, dafür geht man arbeiten. Das muss man mitnehmen. Das werde ich definitiv nicht bereuen." Auch Karola Rabowski aus der Oberlausitz machen die gestiegenen Preise nichts aus: "Ich gönn' den Verkäufern das auch. Dann wird auf was anderes verzichtet, man muss ja nicht immer neue Klamotten kaufen."
Glühwein für 4,50 Euro
Schwungvoll stellt Olga Oese den Glühwein auf den Tresen. Auch ihr ist die Freude bei der Arbeit ins Gesicht geschrieben. Sie ist Teil der Familienkelterei Oese aus Ottendorf-Okrilla. Angst, dass die Menschen weniger Glühwein trinken hat sie keine - auch wenn eine Tasse in diesem Jahr 4,50 Euro kostet. "Schauen Sie sich um, es ist voll."
Die Runde über den Striezelmarkt endet wieder bei Maronen-Verkäufer Daniel Malade. Auch er musste die Preise anheben, zehn Stück kosten in diesem Jahr 4,50 Euro. Er bezieht seine Maronen aus Italien, die Transportkosten seien höher als in den vergangenen Jahren. Außerdem grille er mit Gas und auch die Personalkosten seien gestiegen. Dennoch zeigt er sich optimistisch: "Die Leute haben Verständnis, dass wir die Preise weitergeben müssen", sagt er, nimmt seine Schippe wieder in die Hand und fragt den nächsten Kunden, wieviele er gerne hätte.
MDR (toz)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 23. November 2022 | 19:00 Uhr