Was hat es gebracht? Fünf Jahre Welterbe "Montanregion Erzgebirge"
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06. Juli 2024, 04:00 Uhr
Als die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří 2019 von der UNESCO ins Welterbe aufgenommen wurde, war die Freude groß. Das ist jetzt fünf Jahre her und in Freiberg und Umgebung wird nun das Jubiläum gefeiert. Was hat sich seit der Auszeichnung in der Montanregion getan? Wir haben nachgeschaut.
- Die Projekte nach der Verleihung des Welterbe-Titels an die Montanregion Erzgebirge wurden durch die Corona-Beschränkungen ausgebremst.
- Dennoch hat hat die Zahl der Touristen in der Welterberegion einen deutlichen Sprung gemacht.
- Schwierigkeiten gibt es durch des Auslauf von Förderungen und Fremdenfeindlichkeit in der Region.
Der Jubel im Erzgebirge war groß, als die UNESCO-Welterbekommission am 6. Juli 2019 in Baku verkündete, dass die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří nun zum Welterbe gehört. Bis dahin war es ein langer Weg.
Zwanzig Jahre hat es gedauert, bis dieses grenzüberschreitende Projekt von Sachsen und Tschechien endlich den prestigeträchtigen Titel für sich verbuchen konnte – und damit 800 Jahre Bergbau- und Hüttentradition ins kulturelle Erbe der Menschheit aufgenommen wurden.
Corona erschwerte Welterbe-Aktivitäten
Helmuth Albrecht hatte damals maßgeblich die Bewerbung vorangetrieben. Der inzwischen emeritierte Professor für Technikgeschichte und Industriearchäologie der TU Bergakademie erinnert sich an die Stimmung damals: "Das war schon ein besonderer Moment – aber richtig realisiert habe ich es, als wir im September die Urkunde gekriegt haben."
Die Urkundenverleihung wurde 2019 groß gefeiert, mit tausenden von Menschen und ganz zünftig mit einer Bergparade. Doch dann kam Corona.
Albrecht sagt dazu: "Das hat natürlich alle Vorbereitungen, die wir getroffen hatten, erstmal über den Haufen geworfen. Wir haben ja schon Schulprojekte und Lehrerfortbildungen im Vorfeld gemacht und haben da unsere Erfahrungen gesammelt, das hat ganz wichtig dazu beigetragen, das Projekt hier in der Region bekannt zu machen." Diese Projekte würden jetzt fortgesetzt, betont Albrecht, vor allem mit Blick auf die jungen Leute.
Anziehungspunkt für Touristen
Es gibt 22 Bestandteile der Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří, 17 davon auf sächsischer und fünf auf tschechischer Seite. Der Großteil davon ist aber in einem sehr guten Zustand. Es sind Schacht- und Tagebauanlagen, natürlich die Bergstädte wie Marienberg, und nicht zu vergessen die zahlreichen Kirchen.
Vieles davon ist bereits jetzt Anziehungspunkt für Touristen, berichtet Steve Ittershagen, Geschäftsführer vom Welterbeverein, der unter anderem auch für Projektförderung und die Beratung in der Montanregion Erzgebirge zuständig ist.
Er sagt: "Wir merken, dass die Touristenzahlen steigen. Das ist ein deutlicher Fingerzeig, dass das Thema Welterbe anziehend wirkt. Und die Leute verbleiben nicht an einem Ort, sondern sie erkunden die Region und das ist das, worauf es am Ende ein Stückweit ankommt."
Besucherzentren sollen noch entstehen
Die Tourismusstrategie wird in den nächsten Jahren ausgebaut werden, auch in Verbindung mit der Kulturhauptstadt Chemnitz, die ja ins Erzgebirge, in die Montanregion ausstrahlt. Eine zentrale Rolle spielen auch die sechs Welterbe-Besucherzentren. Vier davon sind auf sächsischer Seite geplant.
2026 soll das erste in Marienberg eröffnen. Dazu sagt Ittershagen: "Ende August ist die Grundsteinlegung und dann geht’s los. Dann haben wir erstmal eins und die anderen folgen. Es muss in den kommunalen Haushalt passen, aber es gibt klare Aussage aus der Welterberegion, von den entsprechenden Kommunen, dass sie zu ihren Welterbe-Besucherzentren stehen."
Förderungen laufen aus
Und es gibt auch finanzielle Herausforderungen. Für die ersten fünf Jahre als Welterbe standen zehn Millionen Euro von Bund und Freistaat Sachsen zur Verfügung. Diese Förderung läuft nun aus. Demnach muss jetzt die künftige Finanzierung für Investitionen in die Welterberegion gesichert werden.
Zudem haben Windkraft-Gegner den Titel für sich entdeckt. Sie argumentieren, dass ein Windkraft-Ausbau den Verlust des Welterbestatus bedeuten könnte. Auch hierfür müssen noch rechtliche Grundlagen geschaffen werden.
Weltoffenes Erzgebirge vs. Fremdenfeindlichkeit
Es geht jetzt auch darum, ein Bewusstsein für den Welterbetitel in der Bevölkerung zu schaffen. Welterbevereinschef Ittershagen sagt, dass das wirklich keine leichte Aufgabe und kein Sprint, sondern ein Dauerlauf sei.
Zumal die Bilder von den sogenannten "Spaziergängen" der "Corona-Gegner", die unter anderem in Freiberg von den rechtsextremen "Freien Sachsen" dominiert waren, längst nicht verblasst sind.
Albrecht gehört zu den Gründern der Initiative "Freiberg für alle", die sich damals diesen Protesten entgegengestellt hat. Bei dem Zulauf, den die AfD nach wie vor verzeichnet, ist das Problem längst nicht vom Tisch.
Albrecht beschreibt: "Es ist schwierig. Die versuchen natürlich auch die Tradition für sich zu vereinnahmen. Und ich sag denen auch immer: Das Erzgebirge war schon immer ein Einwanderungsland, die sind von überall hergekommen mit dem Berggeschrey. Das ist eine Geschichte, die man immer wieder erzählen muss: die Internationalität, die Toleranz, die damit verbunden sein muss – und Fremdenfeindlichkeit passt da überhaupt nicht rein. Der Welterbegedanke ist ja entstanden, um Weltoffenheit zu fördern und das muss auch das Ziel hier sein."
Quelle: MDR KULTUR (Grit Krause)
Redaktionelle Bearbeitung: op
Weitere Informationen
Zum fünfjährigen Welterbe-Jubiläum gibt es verschiedene Feierlichkeiten:
Festakt in der Nikolaikirche in Freiberg
6. Juli | 17.00 Uhr
Welterbe-Markt auf dem Buttermarkt in Freiberg
Präsentation verschiedener Akteure aus Montanregion
6. Juli | ab 13.00 Uhr
Einweihung der Skulptur "Trashstone 689" von Wilhelm Mundt
Kunstparcours Purple Path, Station Freiberg
6. Juli | 16.00 Uhr
Führung in Muldenhütten
7. Juli | 11.00 bis 16.00 Uhr
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 05. Juli 2024 | 13:10 Uhr