Nicht nur für SciFi-Fans Theater in Chemnitz lädt zur Reise in den Kosmos von "Herrn Lem"
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01. Februar 2025, 14:02 Uhr
Im gerade eröffneten Kulturhauptstadtjahr 2025 zeigt das Theater in Chemnitz jetzt das Stück "Herr Lem". Der Titel spielt auf den großen polnischen Science Fiction-Autor an: Stanislaw Lem liebte futurologische Gedankenspiele, aber auch DDR-Autos und Marzipan, weiß Fan und Landsmann Bogdan Kocan. In seinem Stück nimmt er die Zuschauer mit auf eine Reise in den Lem-Kosmos. Geistreich und in der Hauptrolle furios gespielt, lobt unser Kritiker nach der Premiere vom Freitag im Spinnbau.
- Im Spinnbau der Theater Chemnitz hat am Freitag das Stück "Herr Lem" Premiere gefeiert.
- Vom polnischen Science Fiction-Autor Stanislaw Lem ließ sich Bogdan Kocan inspirieren, der Autor und Regisseur der Inszenierung ist.
- Die Reise in den Kosmos des SciFi-Autors findet unser Kritiker unterhaltsam und geistreich, auch dank des furiosen Auftritts von Christian Ruth als "Herr Lem".
Wie muss man sich eine futurologische Begegnung vorstellen? Zudem noch mit Herrn Lem. Bei dem es sich in so einer Konstellation natürlich nur um Stanislaw Lem handeln kann.
Den mit über 45 Millionen weltweit verkauften Büchern unbestrittenen Großmeister der Science Fiction- Literatur. Den Philosophen und selbsternannten Futurologen, der offensichtlich ein Faible für Autos aus ostdeutscher Produktion hatte. Erfahren wir in diesem Stück doch nebenbei, dass zu seinem privaten Fuhrpark offensichtlich ein P70 aus dem VEB Sachsenring Zwickau und ein Wartburg 312 Sport Coupé aus Eisenach gehörten. Hier kennt sich offensichtlich jemand gut aus.
Weltall, Bühne, Mensch: Stück als Reverenz an SciFi-Autor Stanislaw Lem
Bogdan Kocan ist ein Landsmann von Stanislaw Lem und als Theatermensch nicht nur ein Allrounder, sondern auch Weltenbummler. Der Schauspieler, Regisseur, Dramatiker, Kostüm- und Bühnenbildner und auch Komponist hat lange und erfolgreich in Australien gearbeitet, natürlich auch in seiner Heimat und nun zum wiederholten Mal in Chemnitz.
Diesmal als Regisseur seines eignen Stücks, das Bühnenbild und die Kostüme hat er der Australierin Domenica Conte überlassen. Viel hatte sie nicht zu tun. Die kleine Bühne des Ostflügels schmückt sich im Wesentlichen mit einer in edlen Gold- und Silbertönen glänzenden Schrankwand-Adaption, vor der ein skelettiertes Klavier und eine Sitzgelegenheit für zwei platziert wurde.
Ein Autor und seine Geschöpfe im Spinnbau Chemnitz
Die beiden, die dort gleich zu Beginn Platz nehmen heißen laut Programmheft Trurl und Klapauzius und werden von Lem-Kennern schnell als das Kybernetiker-Paar aus seinem Erzählungszyklus "Kyberiade" erkannt. Hier treten sie aber erst einmal als eine Art Free-Jazz-Duo auf und bringen das Klavier und die Schrankwand zum Klingen.
Eine coole Ouvertüre für den Auftritt eines offensichtlich etwas verklemmten Herrn. Dessen beredt stumme Spiel findet erst nach gefühlten fünf Minuten seine Auflösung in dem Satz: "Ich weiß wirklich nicht, wie ich anfangen soll." Egal, von da an kommt die Sache ins Rollen.
Reise in den Kosmos Lem und unsre Welt
Bogdan Kocan hat einen Text geschrieben, der die Zuschauer mitnimmt auf eine aberwitzige Reise in den Kosmos Lem. Wir lernen etwas über seine utopische Lust am freien Gedankenspiel: "Die einzige Grenze ist die fehlende Vorstellungskraft." Oder über seinen tiefen Pessimismus: "Ein destruktiver nutzloser Tumor ist die Menschheit." Die aber auch so wunderbare Dinge wie das Marzipan erfunden hat. Das der offensichtlich an Diabetes leidende wirkliche Herr Lem wider besseres Wissen mit vollem Genuss und Händen konsumierte. Immerhin 84 Jahre alt ist er im echten Leben geworden.
Die einzige Grenze ist die fehlende Vorstellungskraft.
Großartiges Solo für einen lockeren "Herrn Lem"
Hier auf der Chemnitzer Bühne wird ihm und seinem Werk auf geistreich-kluge und spielerisch-surreale Weise ein schönes Denkmal gesetzt. In erster Linie vom nuancenreichen und mit nahezu perfektem polnischem Zungenschlag absolvierten Spiel von Christian Ruth. Der als Herr Lem dem Abend einen furiosen, wie es im Text einmal heißt, "Stempel der Anwesenheit" verleiht.
Ulrike Euren und Andreas Manz-Kozár müssen sich gegenüber diesem darstellerischen Furor als kybernetisches Duo Trurl-Klapauzius mit dem Part des skurrilen Sidekicks zufriedengeben. Und der noch sehr junge Clemens Kersten in der Rolle des Weltraumcowboys und philosophischen Albtraumdeuters Ijon Tichy, noch zu echter spielerischer Überzeugung finden.
Alles in allem aber ganz klar: Daumen hoch für diesen lockeren Lem.
Quelle: MDR KULTUR (Wolfgang Schillling), Redaktionelle Bearbeitung: ks
Angaben zum Stück
Herr Lem
Futurologische Begegnung von Bogdan Koca
Aus dem Polnischen von Agnieszka Jabłońska
Uraufführung am 1. Februar 2025
Spinnbau Ostflügel der Theater Chemnitz
Altchemnitzer Straße 27
09120 Chemnitz
Weitere Termine (Auswahl)
Donnerstag, 13. Februar, 20 Uhr
Samstag, 15. März, 20 Uhr
Sonntag, 13. April, 19 Uhr
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 01. Februar 2025 | 08:40 Uhr