Flucht nach Deutschland Anstieg illegaler Einreisen: Polizei greift mehr Schleuser bei Chemnitz auf
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19. Juli 2023, 18:40 Uhr
In den vergangenen Wochen sind vermehrt Ausländer nach Sachsen geschleust worden. Nach Angaben der Bundespolizeiinspektion Chemnitz haben sich die Zahlen verdreifacht. Aber auch die Vorgehensweise der Schleuser habe andere Züge angenommen als noch vor einem Jahr, sagt die Bundespolizei.
- Die Bundespolizei fährt mehr Einsätze wegen illegaler Schleusungen.
- Schleuser gehen immer skrupelloser vor.
- Sachsens Regierung ist sich über Asylpolitik uneins.
Die Bundespolizei fährt rund um Chemnitz vermehrt Einsätze wegen illegaler Schleusungen. So stand am Montag das Bürgertelefon der Bundespolizei nicht still: An mehreren Stellen war beobachtet worden, wie Menschen an Bundesstraßen aus Transportern herausgelassen wurden. Binnen 24 Stunden griff die Polizei in Chemnitz und Mittelsachsen 60 unerlaubt Eingereiste auf. Es waren vor allem syrische Staatsangehörige, darunter auch Frauen und Kinder. Zwei Schleuser, die aus Usbekistan stammen und mit tschechischen Autos fuhren, wurden vorläufig festgenommen.
Die Zahl der Schleusungen hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht.
"Im ersten Halbjahr hat sich die Zahl der Schleusungen im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht", sagt die Chemnitzer Bundespolizeisprecherin Anett Bochmann. "Insbesondere im Juni und Juli war ein signifikanter Anstieg zu verzeichnen." Bei den Migranten handele es sich fast ausschließlich um syrische Männer und Frauen. Die Wege der Schleuser führten im Chemnitzer Raum vor allem über die grenzüberschreitenden Bundesstraßen B174 und B95.
Skrupelloses Vorgehen der Schleuser
"Die Schleuser werden immer skrupelloser", sagt Polizeihauptkommissarin Bochmann. Sie verweist auf den Todesfall in der vergangenen Woche bei einer Schleuserfahrt auf der A17. Wenige Tage zuvor war am 9. Juli bei Reitzenhain ein Schleuser wegen einer Polizeikontrolle aus seinem fahrenden Auto gesprungen. Der Wagen mit den 22 Geflüchteten landete im Straßengraben und es gab Verletzte. In Berggießhübel fanden Einsatzkräfte nach einem Unfall mit einem Schleuserfahrzeug eine tote Frau auf der Ladefläche.
"Die Schleusungen sind von sehr hoher krimineller Energie geprägt", fasst Bochmann zusammen. Dabei werde der Tod der Migranten in Kauf genommen. Laut Bochmann ist es der Bundespolizei in vielen Fällen gelungen, den Schleusern auf die Spur zu kommen. Man arbeite sehr gut mit der Landespolizei zusammen.
Bundespolizei verstärkt Binnenfahndung
Auch der Sprecher der Bundespolizeidirektion Pirna, Axel Bernhardt, bestätigt vermehrt unerlaubte Einreisen und Schleusungen. Schwerpunkte seien die sächsischen Grenzen zu Polen und Tschechien. Hauptherkunftsländer der Migraten seien Syrien, Afghanistan und die Türkei.
Herkunft von Asylsuchenden in Sachsen
Die meisten Asylsuchenden kamen laut Statistik des Ausländerzentralregisters in diesem Jahr (Stichtag 31. Mai) aus Venezuela (1.370). Dahinter folgten Menschen aus Syrien (869), Afghanistan (664), Türkei (369), Georgien (180) und Russland (155).
Im vergangenen Jahr kamen die meisten Asylsuchenden aus Syrien (3.937).
Landesdirektion Sachsen
Nach Bernhardts Worten verstärkt die Bundespolizei derzeit die Binnenfahndung. So würden punktuell Kontrollstellen eingerichtet und Fahrzeuge gestoppt. Zudem arbeite man gut mit den polnischen und tschechischen Kollegen zusammen.
Streit über Asylpolitik in Sachsen
Nachdem der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, einen Systemwechsel in der europäischen Asylpolitik verlangt hatte, gibt es darüber Streit in der sächsischen Landesregierung. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) begrüßte die Äußerungen seines Parteikollegen. Die Forderung nach einem Ende des individuell geprägten Asylrechts sei ein wichtiger Debattenbeitrag, sagte Kretschmer am Rande einer Dienstreise in Niederschlesien. Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland sei erkennbar zu groß.
Der stellvertretende Ministerpräsident Wolfram Günther (Grüne) widersprach dem vehement. Auf Twitter schrieb der Politiker, die Forderung von Frei sei ein Angriff gegen einen Grundsatz der Verfassung und juristisch unsinnig. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) nutzte unterdessen die Debatte, um erneut stationäre Grenzkontrollen zu verlangen. Mindestens an der Grenze zu Polen seien die zwingend erforderlich, so Schuster.
MDR (ama)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 18. Juli 2023 | 15:30 Uhr