Vietnamesen Chemnitz Pham Phi Son und seine Familie
Pham Phi Son, seine Frau Nguyen Thi Quynh Hoa und Tochter Emilia bangen immer noch um ihren dauerhaften Aufenthalt in Chemnitz. (Archivbild) Bildrechte: Harry Härtel

Ausländerbehörde Chemnitz Frau und Kind von Pham Phi Son sollen ausreisen

17. Mai 2023, 21:30 Uhr

Noch ist das letzte Wort nicht gesprochen: Doch die Chancen auf einen Verbleib der Familie des Vietnamesen Pham Phi Son in Chemnitz schwinden. Die Ausländerbehörde hat seiner Frau und seiner Tochter die Ausreise nahegelegt. Die bundesweite Unterstützung für die Familie hält unvermindert an. Inzwischen haben mehr als 100.000 Menschen eine Petition gegen die Abschiebung unterschrieben.

Die Lage des von Abschiebung bedrohten Vietnamesen Pham Phi Son und seiner Familie spitzt sich zu. Wie der Sächsische Flüchtlingsrat mitteilte, wurde zwar die Duldung von Pham Phi Son von der Ausländerbehörde Chemnitz verlängert, nicht aber die seiner Familie. Zuerst hatte die "Freie Presse" berichtet.

"In dem Gespräch wurde seiner Frau Nguyễn Thi Quynh Hoa und der sechsjährigen Tochter nahegelegt, freiwillig auszureisen", so der Pressesprecher des Flüchtlingsrates, Dave Schmidtke. "Die Bedrohung durch eine Abschiebung war noch nie so akut wie jetzt."

Ehe wird in Deutschland nicht anerkannt

Grund für die unterschiedliche Behandlung sei, dass die vietnamesische Ehe des Paares in Deutschland nicht anerkannt wird. "Für eine Heirat in Deutschland fehlen aber dafür nötige Papiere", so Schmidtke. "Aktuell wird die Familie von den Behörden nicht als Familie anerkannt." Dass die beiden seit sechs Jahren ein gemeinsames Kind aufziehen, das in Deutschland geboren wurde, scheint nach Angaben von Schmidtke nicht auszureichen.

Die Anwältin der Familie habe Widerspruch gegen die Ablehnung der Duldung eingelegt. Außerdem bereite sie gemeinsam mit dem Flüchtlingsrat einen dritten Gang vor die Härtefallkommission vor. "Wir erhoffen uns eine Klärung und werden auf rechtlichem Weg alles versuchen", sagte Schmidtke.

Der Fall Pham Phi Son - Pham Phi Son ist bereits 1987 als Vertragsarbeiter aus Vietnam in die DDR gekommen. Seit dem Jahr 2011 hatte er eine unbefristete Niederlassungserlaubnis.

- Fünf Jahre später überschritt er mit einem neunmonatigen Aufenthalt in Vietnam die Frist für Auslandsaufenthalte. Diese beträgt nur sechs Monate. Daraufhin entzog ihm die Chemnitzer Ausländerbehörde sämtliche Aufenthaltsrechte.

- Pham klagte dagegen, unterlag aber in einem Prozess.

- Auch die Sächsische Härtefallkommission entschied sich 2018 und erneut im Februar 2023 gegen ihn.

- Der Fall hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht. In einer Petition verlangen inzwischen mehr als 100.000 Menschen ein Bleiberecht für die Familie.

Die Familie ist laut Schmidtke mental stark belastet. "Frau Nguyen kann kaum noch schlafen", sagte er. Er würde sich wünschen, dass die Bemühungen der Familie in den letzten Monaten anerkannt würden. Pham Phi Son und seine Frau haben ihre Deutschprüfungen bestanden und sind seit Montag unbefristet bei einem Caterer aus Limbach-Oberfrohna beschäftigt. Die Tochter soll im Sommer eingeschult werden.

Flüchtlingsrat schließt öffentlichen Protest nicht aus

Sollte der rechtliche Weg keine Lösung bringen, schließt Schmidtke auch einen öffentlichen Protest nicht aus. "Wir bekommen zahlreiche empörte Zuschriften aus der Bevölkerung, die nicht verstehen, warum die Familie so behandelt wird", sagte er. Die Stadt Chemnitz wollte sich auf Anfrage von MDR SACHSEN nicht zu dem Fall äußern und berief sich auf den Datenschutz.

Stadtratsfraktionen empört über Vorgehen

Die Fraktion Die Linke/Die Partei aus dem Chemnitzer Stadtrat zeigt sich empört über das Vorgehen. "Für uns ist nicht nachvollziehbar, warum die Ausländerbehörde jetzt mit diesem 'neuen' Plan um die Ecke kommt, nachdem die Familie Pham in den vergangenen Monaten den immer neuen Auflagen zum Nachweis ihrer Integration nachgekommen ist", so die Stadträte Klaus Bartl und Carolin Juler. "Jetzt noch die Trennung der Familie in den Raum zu stellen, ist für uns unerhört und völlig inakzeptabel."

SPD Chemnitz: Diese Familie gehört zu Chemnitz

Auch die SPD Chemnitz zeigt sich bestürzt. "Durch die neuerliche Entscheidung droht der Familie nun die Trennung voneinander. Die Familie lebt seit sechs Jahren zusammen", sagte Attila Bihari, Beisitzer des Vorstandes der SPD Chemnitz und Mitglied im Migrationsbeirates der Stadt Chemnitz. "Tochter Emilia wird faktisch die Einschulung verweigert, also einem Kind, welches in Deutschland geboren wurde. Wir sind entsetzt!" "Ich erwarte, dass die Ausländerbehörde ihren rechtlichen Spielraum und die sächsische Härtefallkommission ihre Eingreifmöglichkeit nutzt. Für uns steht fest: diese Familie gehört zu Chemnitz – und zwar alle zusammen!", ergänzt Renata Marwege, Co-Vorsitzende der SPD Chemnitz.

Mehr als 100.000 Menschen unterschreiben Petition

Die bundesweite Unterstützung für die Familie hält unvermindert an. Inzwischen haben mehr als 103.000 Menschen eine an Sachsens Innenminister Schuster, Ministerpräsident Kretschmer, die Ausländerbehörde und den sächsischen Petitionsausschuss gerichtete Petition gegen die Abschiebung unterschrieben, darunter neben vielen Sachsen auch Menschen aus Hamburg, Ludwigshafen oder Cloppenburg.

MDR (ali)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 17. Mai 2023 | 15:30 Uhr

Mehr aus Chemnitz und Stollberg

Mehr aus Sachsen

Außenansicht des Landratsamtes Mittelsachsen, ein ocker gestrichener Industriebau mit zwei Ecktürmen. 2 min
Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich
2 min 05.11.2024 | 13:50 Uhr

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Mo 04.11.2024 17:04Uhr 02:18 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/chemnitz/freiberg/audio-2785412.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio