Wintersport Skigebiet in Oberwiesenthal zwischen Schneefrust und Weltcup-Vorbereitungen

03. Januar 2023, 17:08 Uhr

Die aktuelle Skisaison am Fichtelberg war wahrscheinlich bisher die kürzeste aller Zeiten - ganze 8 Tage hat sie gedauert. Milde Temperaturen und Regen haben den künstlich produzierten Schnee in wenigen Tagen schmelzen lassen. Auf der anderen Seite laufen bereits die Vorbereitungen für den Skicross Weltcup, der dieses Jahr zum ersten Mal in Sachsen ausgetragen werden soll. Wie passt das zusammen?

Mit einer 30 Zentimeter hohen Schneedecke war Liftbetreiber René Lötzsch Mitte Dezember in die Saison gestartet, nur wenige Tage später musste die Skisaison am Fichtelberg unterbrochen werden. "Ich muss ehrlich sagen, ich hätte damals, wo wir am 16. Dezember hier eröffnet haben, nie damit gerechnet, dass wir acht Tage später hier 20 Grad mehr auf der Uhr haben", sagt er.

Um überhaupt öffnen zu können, hat Lötzsch in dieser Saison bislang rund 150.000 Euro in die künstliche Beschneiung investiert. Man sei aber noch lange nicht am Ende. "Wir haben Kostensteigerungen von fast 100 Prozent", sagt Lötzsch. "Aber wir können damit nicht sparen, wir müssen investieren, damit wir hier am Fichtelberg Skibetrieb bieten können."

Fehlendes Wasser hemmt Schneeproduktion

Gereicht hat der künstlich hergestellte Schnee allerdings nur für den Haupthang und nicht für die Himmelsleiter. Benötigt wird für die Herstellung vor allem jede Menge Wasser und das hat nicht für alle Pisten ausgereicht. Genutzt werden die natürlichen Zuläufe der Quellen am Fichtelberg, die aber in dieser Saison nicht mehr so viel Wasser führen, wie noch in den Jahren zuvor. "Zum Vergleich: Wir konnten in den letzten Jahren zwei Nächte beschneien oder zwei Tage, da hat man es kaum am Speichersee gemerkt", erzählt Lötzsch. "Dieses Jahr ist der Wasserspiegel rapide nach unten gesunken, weil halt der Zulauf extrem wenig war."

Wie entsteht technischer Schnee?

Generell wird Wasser unter Druck verdüst (zerstäubt) und in die Luft geschleudert. Während des Fallens auf den Boden gefrieren die Wassertröpfchen und es bilden sich Schneekristalle. Hierzu sind nur Wasser und Energie notwendig, keine weiteren Zusätze.

Quelle: Deutscher Skiverband

Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit Beschneiungsanlagen in Betrieb genommen werden können?

Nach wie vor ist eine sinnvolle und effiziente Beschneiung von Pisten nur bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt möglich. Leichte Minusgrade um -2°C über mehrere Tage hinweg sind die Voraussetzung, damit die feinen Wassertröpfchen gefrieren können. Neben der Temperatur ist auch die Luftfeuchte von Bedeutung. Je trockener die Luft ist, desto besser funktioniert die Beschneiung, und desto höher kann auch die umgebende Lufttemperatur sein. Beide Faktoren zusammen ergeben die sogenannte Feuchtkugeltemperatur, mit der das Beschneiungspotential angegeben wird. Zudem muss das zugeleitete Wasser ebenfalls kalt genug sein.

Quelle: Deutscher Skiverband

Wie viel Wasser braucht die technische Beschneiung?

Der Bedarf an Wasser für die Schneeerzeugung ist beträchtlich. Einmal ausgebrachtes Wasser ist jedoch nicht verloren, sondern geht nach der Schmelze in den natürlichen Wasserkreislauf zurück. Für die Herstellung von einem Kubikmeter Schnee benötigt man je nach Schneequalität 250 bis 350 Liter Wasser. Ein Kubikmeter Schnee entspricht einer Fläche von ca. 1,7 Metern mal 1,7 Metern bei einer Schneehöhe von 30 cm.

Quelle: Deutscher Skiverband

Für die angereisten Winterurlauber in Oberwiesenthal heißt es nun umdenken. "Wir gehen ein bisschen wandern, dann haben wir noch vor, einen Thermenbesuch zu machen", erzählen Gäste. Auch ein Ausflug mit der Schwebebahn auf den Fichtelberg steht für die meisten auf dem Programm.

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Bildrechte: Stefan Marx

"Schneekanonen sind nicht nachhaltig"

Die Region sollte sich darauf einstellen, sagt Thomas Walther vom Kreisverband der Grünen im Erzgebirge. Fördergelder sollten in nachhaltig ganzjährig nutzbare Tourismusprojekte investiert werden und nicht in den Wintersport. "Die Schneekanonen sind nicht nachhaltig. Also die Beschneiung und das Festhalten an der Erzeugung von Schnee, auch wenn der dann nur ein paar Tage liegen bleibt", sagt er. "Das ist natürlich nicht nachhaltig und funktioniert auch nicht."

Außerdem sei die Beschneiung auch sehr energieintensiv. "An dieser Stelle muss man auch schauen, welche Alternativen zum Skifahren bestehen", so Walther. In Oberwiesenthal werden laut seiner Aussage bereits solche Alternativen geschaffen, die im ganzen Jahr touristisch genutzt werden können.

Der Skitourismus hat schon in den Alpen durch den Klimawandel langfristig keine Zukunft. Für Sachsen gilt das erst recht.

Felix Ekardt Vorsitzender des BUND Sachsen

Auch der sächsische Landesverband des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) spricht sich gegen eine Beschneiung in sächsischen Skigebieten aus. "Der Skitourismus hat schon in den Alpen durch den Klimawandel langfristig keine Zukunft. Für Sachsen gilt das erst recht", sagt Felix Ekardt, Vorsitzender des BUND Sachsen. "Schneekanonen sind wegen ihres extremen Energieeinsatzes in Zeiten der Energiekrise erst recht ein Unding."

Bürgermeister will am Fichtelberg als Wintersportstandort festhalten

Trotz alledem will Jens Benedict, Bürgermeister von Oberwiesenthal, am Fichtelberg als Standort für Wintersport festhalten. "Wir liegen nicht zu tief. Es gibt viele Skigebiete um uns herum, die auf 800 Meter liegen", sagt er. "Uns bescheinigt aber die Klimastudie, dass sich in unserem Skigebiet in den nächsten 50 Jahren Wintersport betreiben lässt und damit können wir gut leben und werden uns auch in diese Richtung entwickeln."

Niemand bestreite den Klimawandel und dieser werde die Stadt auch in Zukunft zu bestimmten Maßnahmen zwingen. "Aber dadurch wird nicht das gesamte Skigebiet in Frage gestellt", sagt Benedict. "Denn auch die wissenschaftliche Betrachtung sagt uns, wir werden weiterhin Winter haben, der für unsere Skizwecke vollkommen ausreichend ist."

Skicross Weltcup ohne Schnee?

Am 4. und 5. März soll in Oberwiesenthal der FIS-Skicross Weltcup stattfinden. "Wir haben mal zurückgerechnet und es ist schon über 20 Jahre her, dass ein Weltcup im Skibereich in Oberwiesenthal stattfindet", sagt Benedict. "Das ist für uns auch ein Aushängeschild als Leistungsstandort."

Ob jedoch genug Schnee liegen wird, kann aktuell noch niemand sagen. "Wir haben oft die Wetterkapriolen erlebt und wir wissen, dass es im Februar meistens am Fichtelberg weiß ist", sagt Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Außerdem gebe es Kunstschnee. "Aber wir sind in einem Mittelgebirge und da kann es schon sein, dass auch kein Schnee liegt", so Kretschmer. "Wir drücken die Daumen." Stattfinden soll der Weltcup aber in jedem Fall, ob mit oder ohne Schnee.

Dass die Skisaison komplett vorbei ist, davon geht Liftbetreiber René Lötzsch nicht aus. Auch im vergangenen Jahr habe der Schnee auf sich warten lassen. "Es wird sich alles etwas verschieben", sagt er. "Wir werden jetzt noch kalte Temperaturen kriegen und wir werden auch mit Sicherheit noch Schnee kriegen." Sobald es kalt genug ist, sollen die Schneekanonen wieder laufen. Bis der Skibetrieb dann wieder anlaufen kann, dauert es allerdings noch acht Tage, um genügend Schnee zur Verfügung zu haben.

MDR (ali/mdc/ds)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Chemnnitz | 03. Januar 2023 | 16:30 Uhr

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