Brennendes Haus, zerstörter Bus an Baum; Polizeiauto mit Menschen
Drei Schicksalsschläge in Sachsen haben eins gemeinsam. In allen drei Fällen wurden im Anschluss Spenden für die Betroffenen über Gofundme gesammelt. Bildrechte: MDR/dpa/LausitzNews.de/Matthias Wetzel

Gofundme und Co. Drei Schicksalsschläge in Sachsen, ein Spendenportal: Worauf sollte man achten?

06. Januar 2024, 12:09 Uhr

Ein paar Klicks auf einer Spendenplattform und das Geld kommt bei Menschen an, die es nötig haben. So einfach können Spendenwillige heutzutage etwas Gutes tun. Mehrere Beispiele in Sachsen aus dem vergangenen Jahr zeigen, dass es auch Haken beim Spenden über diese Portale gibt. Das Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) bemängelt die Gebühren und fehlende Transparenz.

Das Wohnhaushaus einer Familie in Strahwalde brennt kurz vor Weihnachten ab, ein Kind stirbt bei einem Busunglück in Cranzahl, ein Junge wird bei einem Amoklauf in Bischofswerda schwer verletzt. Das sind drei von vielen Fällen im vergangenen Jahr in Sachsen, bei denen Betroffene oder Freunde einen Spendenaufruf über die Internet-Plattform Gofundme gestartet haben, um zu helfen.

So kamen etwa nach dem Amoklauf in Bischofswerda vergangenen August innerhalb von zwei Wochen mehr als 47.000 Euro über Gofundme zusammen. Initiatorin Annegret Scheers, eine Freundin der Familie, deren Kind bei dem Amoklauf schwer verletzt wurde, wollte Gutes tun und war schließlich überwältigt von der Spendensumme, die zusammenkam. Sie beendete die Kampagne bereits Anfang September, "da das ursprüngliche Spendenziel weit übertroffen wurde und der traurige Anlass nicht dafür genutzt werden soll, ggf. unverhältnismäßig viele Spenden zu sammeln!", wie sie auf der Spendenplattform schreibt.

Mehr als 100.000 Euro nach Busunglück in Cranzahl gespendet

Auch nach dem Busunglück Anfang Dezember in Cranzahl im Erzgebirge, bei dem ein zehnjähriger Junge starb, wurden innerhalb kurzer Zeit mehr als 101.000 Euro über Gofundme gespendet. Um der Familie des Opfers finanziell unter die Arme zu greifen, waren zunächst 15.000 Euro anvisiert worden. Damit sollte zum Beispiel die Beerdigung des Jungen bezahlt werden. "Wir haben in keinster Weise damit gerechnet, dass die Spendenbeteiligung solche überwältigenden Ausmaße annimmt," schreibt der Berufskraftfahrer Thomas Küchler aus Sehmatal, der die Kampagne gestartet hatte. "Gemeinsam mit Marcus' Familie haben wir uns deshalb dazu entschlossen, auch den anderen Verletzten finanziell unter die Arme zu greifen."

Doch das gestaltet sich gar nicht so einfach. Viele von ihnen hätten sich inzwischen gemeldet und gesagt, dass sie von dem Geld nichts haben wollen, sagte Küchler MDR SACHSEN. Es sollte stattdessen der Familie des Opfers zugute kommen. "Die Familie selbst wollte das Geld eigentlich auch nicht annehmen und möchte damit jetzt auch Andere unterstützen," so Teichler. Für den verunglückten Busfahrer haben Kollegen über GoFundMe Geld ebenfalls gesammelt. Das Spendenziel von 4.000 Euro wurde hier bereits knapp überschritten. Die Kampagne läuft aber noch.

Die Familie selbst wollte das Geld eigentlich auch nicht annehmen und möchte damit jetzt auch Andere unterstützen.

Thomas Küchler Initiator der Spendenaktion nach dem Busunglück in Cranzahl

Plattform Gofundme arbeitet gewinnorientiert

Dass über Plattformen wie Gofundme; Betterplace.org oder Helpdirect schnell und einfach Spenden gesammelt werden können, weiß auch Burkhard Wilke, Geschäftsführer des Deutschen Zentralinstituts für Soziale Fragen (DZI). Wilke kritisiert, dass manche Plattformen wie Gofundme gewinnorientierte Unternehmen sind.

Gofundme mit Sitz in Kalifornien verlangt etwa für jede Spende in Deutschland nach eigenen Angaben 2,9 Prozent + 0,25 Cent. Bei einer Spende von beispielweise 50 Euro bleiben also 48,30 Euro übrig. Hinzu kommt, dass bei einer 50-Euro-Spende zusätzlich 7,50 Euro als freiwilliger Betrag voreingestellt sind, der aber weggeklickt werden kann. Bei einer Spende wie in Bischofswerda von 47.000 Euro hat Gofundme damit nach Berechnungen von MDR SACHSEN mindestens knapp 1.800 Euro verdient – ohne den voreingestellten freiwilligen Betrag. Wurde dieser nicht weggeklickt, kämen noch gut 7.000 Euro für das Unternehmen dazu.

DZI: Spendenaufrufe über Plattformen prüfen

Bei privaten Spendenaufrufen rät DZI-Experte Wilke deshalb generell zur Vorsicht. "Privaten Spendenaufrufen sollten sie auf diesen Plattformen nach unserer Einschätzung nur dann trauen, wenn man die Person, die hinter dem Aufruf steckt, persönlich kennt und ihr vertraut," sagte Wilke MDR SACHSEN.

Auch dass bei Gofundme niemand überprüfe, was mit den eingesammelten Spenden getan wird, sei kritisch zu betrachten. Das könne im Fall, dass viel mehr Geld gespendet wurde als erwartet, zu einer Debatte über die Verteilung der Spendengelder führen. "Umso tragischer ist das für die betroffenen Familien, wenn sie dadurch zusätzlich belastet werden," so Wilke. Das DZI hat die Spendenportale gemeinsam mit Stiftung Warentest untersucht.

Eigentümer Panoramahöhe: "Ich würde es nicht nochmal machen."

Geld gesammelt über Gofundme hat auch Marco Standke in Berggießhübel, dessen Ausflugslokal Panoramahöhe und Wohnhaus kurz vor Weihnachten 2022 abgebrannt war. Standke würde aber von einer weiteren Spendenkampagne über das Portal absehen, weil es auch Neider gegeben habe. "Ich würde es nicht noch mal machen. Denn viele Leute haben auch negativ darüber gesprochen", sagte Standke MDR SACHSEN.

In jedem Fall aber hätte die Hilfe der Spender seelisch gutgetan, vor allem seinen Eltern, die auf der Panoramahöhe ihr Zuhause hatten. Marco Standke hat das Spendengeld von gut 8.000 Euro in Technik für den Wiederaufbau gesteckt – so in einen kleinen Dumper, um Schutt wegzuräumen.

MDR (kbe/ama)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 04. Januar 2024 | 19:00 Uhr

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