Eine Dampflok steht auf einem Gleis
Die Dampflok der Baureihe 50 aus Schwarzenberg schleppt schwere Holzzüge durch Thüringen. Bildrechte: VSE/Tom Radics

Für bessere Schienen Schwarzenberger Dampflok bespannt "Protest-Züge" in Thüringen

03. Juli 2024, 15:44 Uhr

Über Thüringer Nebenbahnen fahren mittelständische Eisenbahnunternehmen viele Holzzüge ab. Der Zustand der Strecken lasse jedoch zu wünschen übrig, mitunter sind Ausnahmegenehmigungen für schwere Loks und Züge erforderlich. Eine Firma aus Gotha fordert mehr Engagement der Deutschen Bahn als Streckenbetreiber. Um mehr Aufmerksamkeit für das Problem zu bekommen, wurde eine Dampflok aus dem Erzgebirge angeheuert.

Noch bis Donnerstag ist die Dampflok 50 3616 des Vereins Sächsische Eisenbahnfreunde aus Schwarzenberg mit "Protest-Zügen" in Thüringen unterwegs. Bei der Aktion unter dem Motto "Schienenwege wie 1950 - Loks wie 1950" will das Eisenbahnunternehmen Railsystems RP aus Gotha gegen die aus seiner Sicht vernachlässigte Schieneninfrastruktur auf einigen Strecken hinweisen. Um angesichts der schwierigen Thematik eine breite Öffentlichkeit zu erreichen, wurde den Angaben zufolge die Dampflok aus dem Erzgebirge angemietet.

Protestposter auf einer Dampflok
Am Tender der Dampflok wird auf die Protestaktion hingewiesen. Bildrechte: VSE/Tom Radics

Das erst kürzlich wieder in Betrieb genommene Dampfross (Baujahr 1940) zieht seit Montag Güterzüge zwischen Meiningen, Themar und Schleusingen - unterstützt von einer historischen Diesellok aus tschechoslowakischer Produktion. Am Sonntag hatte sich die Lok in aller Frühe mit einem Mannschaftswaggon fürs Personal auf den Weg vom Erzgebirge nach Thüringen gemacht.

Kritik an fehlenden Investitionen der Deutschen Bahn

Die Strecken in Thüringen werden laut Schwarzenberger Eisenbahnverein unter anderem zum Abtransport von Schadholz aus umliegenden Wäldern genutzt. Wegen des Zustandes der Schienen und von Brücken seien für viele dieser Transporte Ausnahmegenehmigungen nötig. Die Strecken gehören der Deutsche Bahn-Tochter Infrago, die für die Nutzung entsprechende Trassengebühren kassiert.

Die Eisenbahnunternehmen erwarten, dass auch mit Hinblick auf die Verkehrswende die Einnahmen in Erhalt und Ausbau dieser Strecken investiert werden. Dies unterbleibe jedoch, sodass die mittelständischen Bahnunternehmen leichtere Loks einsetzen müssen. Das führt zu einem Mehraufwand, weil beispielsweise lange Güterzüge mit zwei Loks bespannt oder geteilt gefahren werden müssen. Zudem drohe eine Verlagerung der Transporte auf die Straße.

Ein Unternehmen, das im unternehmerischen Sinne nachhaltig wirtschaftet, würde nunmehr bestrebt sein, solche Verkehre zu stabilisieren, indem es die Erlöse aus den Verkehren in die Verbesserung seiner Infrastruktur investiert.

Railsystems RP und VSE

Eine Dampflok steht auf einem Gleis
Vier Tage lang ist diese Dampflok in Thüringen im regulären Güterzugeinsatz. Bildrechte: VSE/Tom Radics

Nach Angaben des Vereins sei die 50er-Dampflok so konstruiert und gebaut, dass sie die Güterzüge auf den Nebenstrecken befördern könnte. Allerdings sei das eben nicht mehr zeitgemäßer Eisenbahnverkehr, hieß es.

Organisatoren hoffen auf viele Fotos

Mit der Dampflok soll das Dilemma einer breiten Öffentlichkeit aufgezeigt werden. Die Fahrzeiten der Züge sind detailliert veröffentlicht. Damit hoffen die Initiatoren auf möglichst viele Fotos von diesen Zügen und bitten Eisenbahnfans zugleich darum, keinesfalls die Gleise zu betreten.

Der Schwarzenberger Eisenbahnverein teilte MDR SACHSEN mit, man unterstütze die Aktion in Thüringen gerne und kooperiere schon länger mit dem Gothaer Eisenbahnunternehmen. Dieses hatte beispielsweise unlängst zu den Schwarzenberger Eisenbahntagen Dieselloks für die Ausstellung ins Erzgebirge geschickt.

Eine Diesellok steht auf einem Gleis
Diese historische Diesellok unterstützt die Dampflok bei den Holzzügen. Bildrechte: VSE/Tom Radics

Deutsche Bahn verweist auf Ausnahmegenehmigung

Die Deutsche Bahn kann die Kritik nur teilweise nachvollziehen und verweist auf Sanierungsrückstau vergangener Jahre. Die Eisenbahnstrecken seien in sogenannte Streckenklassen eingeteilt, die jeweils für bestimmte Lasten konzipiert sind, so die Konzernpressestelle.

Bei der konkreten Verbindung für die Holztransporte Meiningen - Themar sei bis 30. Juni eine Ausnahmegenehmigung erteilt worden, die nun aber wegen des Streckenzustandes nicht mehr verlängert worden sei. An der ursprünglichen Streckenklasse - eben zugelassen für leichtere Loks - habe sich aber nichts geändert. Auch die Strecke Eisenach - Eisfeld sei nur für leichtere Fahrzeuge ausgelegt.

Grafik - Regionalnachrichten Chemnitz 3 min
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MDR SACHSEN – Das Sachsenradio

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Aufwertung der Strecken planungs- und zeitintensiv

"Eine kurzfristige Verbesserung der Streckenklasse ist leider nicht möglich", so eine DB-Sprecherin. Hierzu sei "eine aufwendige Überarbeitung der Strecke mit einem planerischen Vorlauf von mehreren Jahren notwendig, um Bahndämme, Stützmauern und Brücken für eine größere Last zu ertüchtigen". Regelmäßige Instandsetzungsarbeiten zum Erhalt der Streckenklasse erfolgen hingegen fortlaufend, hieß es. Für die Strecke Plaue - Ilmenau läuft nach Bahnangaben bereits eine Planung mit dem Ziel der Streckenklassenerhöhung. Die Umsetzung dauere bis 2030.

"Kurzfristig besteht für die betroffenen Verkehrsunternehmen die Möglichkeit, die Güter zum Beispiel in Saalfeld oder Eisenach auf die Eisenbahn zu verladen", erklärte die Konzernsprecherin. Diese Strecken seien auch für Radsatzlasten über 20 Tonnen ausgelegt.

Mansfelder Bergwerksbahn am Bahnhof Kupferkammerhütte 25 min
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MDR (lam)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 03. Juli 2024 | 13:30 Uhr

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