Neue Grenzwerte Ostsachsen besonders belastet von Feinstaub - auch aus Osteuropa

07. September 2023, 05:00 Uhr

In Europa sollen neue, niedrigere Grenzwerte für Feinstaubbelastung gelten. Darüber stimmt das EU-Parlament am 11. September ab. Die Region Ostsachsen fällt bei den Datenanalysen besonders häufig auf. Würden die neuen Grenzwerte jetzt schon gelten, hätten vier sächsische Landkreise 2022 den zulässigen Jahresdurchschnitt gerissen.

Die Europäische Kommission will neue Grenzwerte für Feinstaub festlegen und das Parlament darüber abstimmen lassen. Das würde für Sachsen bedeuten, dass jeder vierte Bewohner des Freistaats in Gebieten lebt, in denen die Luft zu hoch mit Feinstaub belastet ist. Das betrifft vor allem Menschen in Ostsachsen, hat eine Recherche des MDR ergeben. Bundesweit folgt Sachsen damit auf Platz drei hinter Berlin und Nordrhein-Westfalen.

Das Limit für die durchschnittliche jährliche Feinstaubbelastung soll von aktuell 25 auf 10 Mikrogramm pro Kubikmeter ab 2030 gesenkt werden. Die EU-Kommission richtet sich nach den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation, die aber um einiges strenger sind. Würden die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Grenzwerte schon gelten, hätten die Landkreise Görlitz, Bautzen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sowie die Stadt Dresden 2022 den zulässigen Jahresdurchschnitt überstiegen.

Feinstaub aus Südosteuropa belastet Sachsen

Der Wissenschaftler des Leibnitz-Instituts für Troposphärenforschung in Leipzig, Prof. Dr. Hartmut Herrmann, erklärt im Interview mit MDR Data die hohe Feinstaubbelastung im Osten Sachsens so: "In der Grenzregion zu Polen und Tschechien gibt es einen Import von Luftmassen, die mit Feinstaub beladen sind." Der Wind bringe Feinstaub aus Südosteuropa heran, wo es noch viel Kohle- und Holzverbrennung gibt. Dadurch gebe es eine Art Hintergrundbelastung, die vor allem in den Städten durch lokale Feinstaubquellen verstärkt werde.

Diese Feinstaubquellen in Sachsen verstärken das Problem:

  • Straßenverkehr: ausgestoßen von Motoren und Abrieb von Bremsen und Reifen
  • Aufwirbelung von Staub von der Straßenoberfläche
  • Feinstaub durch Kraft- und Fernheizwerke
  • Feinstaub durch Öfen, Heizungen und Kamine in Wohnhäusern
  • Feinstaub der Metall- und Stahlerzeugung und beim Umschlagen von Schüttgütern
  • Bodenerosion von großen Äckern und Ammoniakemissionen aus Viehhaltung

Was tun gegen den Feinstaub?

Weil ein großer Teil des Feinstaubs in Ostdeutschland durch Luftmassen aus Südosteuropa antransportiert werde, sei lokal gar nicht so viel zu machen, sagt der Troposphärenforscher Hartmut Herrmann. Ansetzen könnte man in Deutschland noch bei Emissionen aus Festbrennstoffen wie etwa bei Holzheizungen und Kaminen, die im Winter vielfach genutzt würden. Oder beim Agrarstaub und Ammoniakemissionen in der Tierhaltung. Es gebe aber große Interessengruppen im Land, die dagegen arbeiteten. Das Durchzusetzen sei wegen der gestiegenen Energiepreise schwierig.

Wo man noch ansetzen könnte, sind die Emissionen aus Festbrennstoffen, also beispielsweise bei Holzheizungen, die im Winter viel genutzt werden.

Prof. Dr. Hartmut Herrmann Leibnitz-Institut für Troposphärenforschung Leipzig

Wo es möglich ist, sei Deutschland schon relativ weit. Das bestätigt dem MDR auch das Umweltbundesamt in Dessau: "Gerade im Bereich Verkehr ist immens viel passiert. Da haben wir eine ganze Menge erreicht."

Europäisches Problem

Der Troposphärenforscher Herrmann verweist auf EU-Förderprogramme, mit denen speziell in Rumänien, Bulgarien und Polen seit Jahren versucht werde, Boiler, die noch mit Kohle betrieben werden, auf andere Heißwasserbereitung oder Heizsysteme umzustellen. Das soll dafür sorgen, dass weniger Feinstaub produziert wird, der dann in den Ostwetterlagen nach Mitteldeutschland transportiert werden kann. Auch der besonders betroffene Kreis Görlitz verweist auf die höheren Politikebenen in Berlin und Brüssel.

MDR (kk/Katharina Forstmair)

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