Blick auf den Tagebau Nochten vom Turm am Schweren Berg bei Weißwasser.
Die schwarzbraune Abraumkippe des Tagebau Nochten sorgt bei Sandstürmen immer wieder für viel Dreck in Weißwasser. Bildrechte: MDR/Viola Simank

Staubbelastung Warum Sandstürme aus dem Tagebau für Weißwasser teure Folgen haben

15. August 2024, 13:12 Uhr

Der Tagebau Nochten liegt nur wenige Hundert Meter vor Weißwasser. Er bringt Jobs für die Menschen der Region, aber auch Lärm, Staub und manchmal Sandstürme. Der letzte Anfang Juli war besonders schlimm. Der Sand verdreckt aber nicht nur Fenster oder aufgehangene Wäsche, sondern auch manche technische Geräte. Für die Stadt bedeutet das zusätzliche Kosten für Reinigung und Reparatur. Jetzt arbeitet sie an einer Lösung.

Der 6. Juli 2024 war ein heißer und trockener Tag in Weißwasser, das Temperaturen kletterten auf mehr als 30 Grad. Ellen Urban kann sich daran noch gut erinnern. Die Weißwasseranerin saß bei einer Tasse Kaffee auf der Terasse, als der Sandsturm als dunkle Wand ankam. Erst habe sie gedacht, dass es Starkregen sei, erzählt sie. "Bis wir mitbekommen haben, dass es kein Starkregen war, hatten wir die Augen schon voller Sand. Es war alles dreckig, alles schwarz." So schlimm wie diesmal sei das noch nie gewesen. Es ist der dritte Sandsturm in Weißwasser in diesem Jahr.

Ellen Urban, Einwohnerin von Weißwasser
Ellen Urban hat schon einige Sandstürme in Weißwasser erlebt. Bildrechte: MDR/Viola Simank

Bis wir mitbekommen haben, dass es kein Starkregen war, hatten wir die Augen schon voller Sand. Es war alles dreckig, alles schwarz. So schlimm war es noch nie.

Ellen Urban Einwohnerin von Weißwasser

Teure Folgen für Technik

Der mit Kohlestaub vermischte Sand stammt aus dem nahegelegenen Tagebau Nochten. Dessen Abraumkippe liegt direkt in der Hauptwindrichtung, die gen Weißwasser bläst. Dass der Sand von dort so stark aufgewirbelt wurde, lag am trockenen Boden, den hohen Temperaturen und den extrem starken Windböen von um die 80 Stundenkilometern. Das zeigen die Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes jenes Tages.

Der Sand verdreckte aber nicht nur Terrassenmöbel und Fensterbretter. Auch in technischen Geräten und Luftfiltern hinterließ er Spuren, sagt Swantje Schneider-Trunsch von der Stadtverwaltung Weißwasser. So sei in der Oberschule die Trafo-Anlage komplett ausgefallen, weil sie verdreckt und versandet war. Auch Luftfilter wie beispielsweise in der Eishalle müssten öfter ausgewechselt werden.

10.000 Euro zusätzliche Kosten

Dafür zuständig ist Gebäudemanager Steffen Korn. Er sorgt unter anderem dafür, dass die Lüftungsanlagen in Eishalle, Schulen oder Kitas laufen. "Die Luftfilter saugen alle die Außenluft an und damit auch die Stäube." Dadurch würden sich die Filter schneller zusetzen und die Lüftungsanlage keine Luft mehr anziehen. Die Folge: Die Filter müssen teilweise doppelt so oft gewechselt werden, wie es unter normalen Bedingungen der Fall wäre. Für das gesamte Stadtgebiet bedeute das rund 10.000 Euro zusätzlich Kosten, rechnet Korn vor.

Zahlt Tagebaubetreiber LEAG?

Müsste das nicht der Tagebaubetreiber, der Energiekonzern LEAG, bezahlen? Schließlich kommt der Staub aus deren Tagebau. Bisher sei das leider nicht so, sagt Swantje Schneider-Trunsch von der Stadt Weißwasser. Man sei dazu im Gespräch, aber es gebe noch keine Lösung. Deshalb zahle momentan die Stadt alles.

Der LEAG ist das Problem durchaus bewusst. Wir sind auch im Gespräch, aber es gibt noch keine abschließende Lösung. Aktuell tragen wir die Unterhaltskosten, die zusätzlich entstehen.

Swantje Schneider-Trunsch Stadtverwaltung Weißwasser
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Bildrechte: MDR/Viola Simank
3 min

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Mi 14.08.2024 15:53Uhr 02:32 min

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LEAG: Staubbelastung unter Grenzwert

Die LEAG wiederum verweist darauf, dass sie Weißwasser auf andere Weise finanziell unterstütze, zum Beispiel bei der Vereinsförderung. Außerdem bemühe man sich, die Auswirkungen des Tagebaus auf die Stadt so gering wie möglich zu halten. Man habe unter anderem Beregnungsanlagen am Tagebaurand installiert, die bei Bedarf anspringen.

An mehreren Stellen in der Stadt wird die Staubbelastung außerdem monatlich gemessen. Bisher sei alles deutlich unter den Grenzwerten geblieben, betont Jens Höhna. Er kümmert sich bei der LEAG um den Immissionschutz, also um den Schutz vor Staub, Dreck und Lärm.

Rekultivierung am wichtigsten

Die wichtigste Maßnahme gegen den Staub, sagt Jens Höhna, sei eine schnelle Rekultivierung der Tagebauflächen. Denn sobald der erste Grashalm sprieße, könne der Staub nicht mehr abwehen. "Wir konzentrieren uns deshalb jetzt darauf, alles was gegenüber von Weißwasser ist zu verkippen, damit dort die Rekultivierung beginnen kann." Bis zum Jahr 2028 soll die Abraumkippe abgedeckt sein, die momentan den Weißwasseranern so viel Probleme bereitet. Etwa ein Jahr später könnte dort schon das erste Gras wachsen, sagt Jens Höhna.

Jens Höhna, LEAG-Immissionsschutzbeauftragter vor dem Tagebau Nochten.
Jens Höhna ist Immisionsschutzbeauftrager bei der LEAG Bildrechte: MDR/Viola Simank

Das Wichtigste ist eine schnelle Rekultivierung der Flächen. Sobald der erste Grashalm sprießt, ist die Emmision von Staub großflächig eingedämmt.

Jens Höhna Immissionsschutzbeauftrager der LEAG

Staub-Frühwarnsystem für Weißwasser

So lange will die Stadt aber nicht warten. Gebäudemanager Steffen Korn entwickelt deshalb gerade mit Hilfe von Sensoren ein Frühwarnsystem für seine Lüftungsanlagen. Die Sensoren sollen an verschiedenen Orten der Stadt ständig die Staubbelastung messen. Über eine Software würden die Daten dann an die zentrale Gebäude-Leittechnik der Stadt übertragen, erklärt Steffen Korn. "Die Leittechnik steuert unsere Lüftungsanlagen und könnte sie dann bei zu hoher Staubbelastung zeitnah ausschalten." Dadurch würden die Filter nicht so schnell verschmutzt.

Lüftungsanlage an der Eishalle Weißwasser
Die Lüftungsanlage an der Eishalle in Weißwasser: Durch die dunkelgrauen Türme wird die Luft angesaugt bzw. wieder ausgeblasen. Bildrechte: MDR/Viola Simank

Andere Kommunen könnten profitieren

Noch tüftelt der Ingenieur am System. Dafür nutzt er öffentlich zugängliche Opensource-Software, die er entsprechend programmiert. "Bisher gibt es so etwas kaum, nur sehr teure Lösungen von großen Anbietern." Steffen Korn hofft, bis Ende des Jahres sein Frühwarnsystem zum Laufen zu bringen. Dann könnten auch andere Kommunen davon profitieren, die mit ähnlichen Staub-Problemen zu kämpfen haben.

Gegen verdreckte Wäsche und staubige Fensterbretter helfen die Sensoren allerdings auch nicht. Den Anwohnerinnen und Anwohnern Weißwassers wie Ellen Urban bleibt deshalb nur eines, um sich gegen den Tagebaustaub zu wappnen: "Wir schauen, wie das Wetter wird. Und wenn ein Sturm kommt, holen wir Wäsche und Sitzkissen sofort rein.“ 

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Bautzen | 14. August 2024 | 14:30 Uhr

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