Bildung Diskussion: Was soll sich in Sachsens Schulen bis 2030 ändern?

21. Dezember 2023, 15:02 Uhr

Wie sieht die Schule der Zukunft aus? Was sollte im Jahr 2030 anders sein als heute? Experten hatten dazu 218 Empfehlungen gegeben. Die Betroffenen, also Schülerschaft, Lehrerkräfte und Schulpraktiker haben darüber teils kontrovers diskutiert. Nun stellte Sachsens Kultusminister Piwarz die Ergebnisse vor. Die Frage ist, was fließt daraus alles in ein Strategiepapier, das 2024 vorliegen soll?

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Aufgaben der Bildungsforen und Ziele

Sachsens Kultusministerium will 2024 ein Strategiepapier zur Weiterentwicklung der schulischen Bildung vorlegen. Das hat der sächsische Kultusminister Christian Piwarz (CDU) am Donnerstag angekündigt. Grundlage für dieses Papier waren fünf regionale Diskussionsforen innerhalb des Projektes "Bildungsland Sachsen 2030" zur Schule der Zukunft.

Es gibt ganz viele Punkte, die reformbedürftig sind.

Manuel Schneider arbeitete im Bautzner Bildungsforum mit

Kopfnoten abschaffen? Schule später beginnen lassen? Mehr Mitbestimmung der Schüler, mehr digitale Formate? Diese und 214 weitere Punkte analysierten Praktiker, Lehrer und Schüler gemeinsam in den Foren. "Die Rückmeldungen aus den Bildungsforen machen deutlich, wie kontrovers die Frage nach der Schule der Zukunft diskutiert wird", sagte Kultusminister Piwarz. Für die Bildungsforen waren die Beteiligten ausgelost worden. Sie hatten von Juni bis November 2023 insgesamt 218 Handlungsempfehlungen von Experten vor sich und klopften sie auf ihre Praxistauglichkeit hin ab.

  • Die Ergebnisse in Lang- und Kurzform finden Sie auch hier.

Einigkeit in den Runden: Lehrpläne checken, mehr Mitsprache (Auswahl)

  • Selbstorganisiertes Lernen: Wurde von den Bildungsforen befürwortet, Konzepte für selbstorganisiertes Lernen in der Schule sollten entwickelt werden.


  • Wie relevant sind Lerninhalte für Kompetenzerwerb? Laut Kultusminister stieß der Expertenvorschlag, das gründlich zu hinterfragen auf sehr große Zustimmung. Konsequenz wäre: Die Lehrpläne sollten überarbeitet und auf Relevanz und Kompetenzerwerb geprüft werden.


  • Berufsorientierung für alle allgemeinbildenden Schularten überprüfen: Das unterstützen die Diskussionsrunden und sind auch dafür, vorhandene Angebote zur beruflichen Orientierung und die Lehrplanbezüge und Materialien dafür für alle allgemeinbildenden Schularten auf Qualität, Nachhaltigkeit und Ressourcen zu überprüfen und - wenn nötig - auszubauen.


  • Ein Viertel aller Unterrichtsstunden eigenverantwortlich von Schule verwenden: Die Foren begrüßten die Empfehlung des Expertenrats, dass die Stundentafeln künftig 25 Prozent eigenverantwortlich von den Schulen verwendet werden könnten, zum Beispiel für Förderungen, Angebote gemäß Schulprofil oder Schwerpunkte je nach Bedarf der Schülerschaft.


  • Multiprofessionelle Teams etablieren: Die Idee, das Schulteam gezielt mit anderen Professionen wie Verwaltungsassistenz und Schulsozialarbeit zu erweitern, erhielt große Zustimmung.

Streitpunkte: Späterer Schulbeginn, Kopfnoten abschaffen?

  • Unterricht nach Biorhythmus: Der Vorschlag der Expertenräte, Unterricht und Schulalltag stärker am Biorhythmus der Kinder und Jugendlichen zu orientieren, wurde sehr kontrovers diskutiert. Die Befürworter begrüßten es, wenn sich Schule an den Bedürfnissen der Schülerschaft orientiert. Widerstand kam aus den ländlichen Bildungsforen, weil dort die Koordination mit dem ÖPNV eine größere Rolle spielt als in Städten.

  • Statt Unterrichtsausfall gezielt Lernmedien nutzen: Sehr kontrovers betrachteten die Foren die Experten-Anregung, gezielt digitale Lernmedien einzusetzen, um Defizite wegen Stundenausfällen zu vermeiden. "Digitale Medien dürfen und können keine Lehrkräfte ersetzen" und "digitale Lernmedien ersetzen keinen Unterricht, der durch eine Lehrkraft gehalten wird", lauteten Anmerkungen aus den Bildungsforen. Es wurden aber auch große Chance gesehen, um Unterrichtsausfall etwa bei Krankheitsfällen zu kompensieren oder parallelen Unterricht mehrerer Klassen durch einen Lehrer zu ermöglichen.

  • Statt Noten alternative Rückmeldeformate: Hoch kontrovers diskutiert wurde der Vorschlag, Noten durch digital gestützte Rückmeldeformate zu ersetzen. Pro-Argumente waren, dass es schon positive Erfahrungen damit gebe, Kompetenzen nicht immer durch Noten abbildbar seien und die schriftliche Rückmeldung differenzierter als Zensuren ausfallen könnte. Als Contra-Argument wurde die Gefahr genannt, dass am Ende Worthülsen wie verklausulierte Noten eingesetzt werden könnten, der Aufwand viel größer als bei der Zahlen-Benotung sei und die Schüler den Noten-Vergleich auch wünschen würden.


  • Kopfnoten abschaffen: Kontrovers diskutiert wurde auch die Empfehlung zur Abschaffung der Kopfnoten. Die seien deutlich subjektiver als andere Zensuren, hätten kaum Einfluss auf die Entwicklung und Coaching-Gespräche. Mit Zielvereinbarungen würden Menschen viel gerechter als Zahlenwerte in 5er-Skala eingeschätzt, argumentierten Befürworter. Mehrfach sei aber auch der Hinweis erfolgt, dass Kopfnoten ein wichtiges Kriterium im Bewerbungsverfahren etwa für Ausbildungsplätze oder Jobs sein könnten.

Durchgefallen: Keinen Schulurlaub statt Ferien

  • Konzept Schulurlaub wird geprüft: Die Handlungsempfehlung, statt der üblichen Schulferien einen Schulurlaub zu prüfen, stieß in den Bildungsforen allgemein auf Ablehnung.


  • Eigenständige Digitalbudgets der Schulen: Stark diskutiert wurde darüber, ob Schulen eigenständige Digitalbudgets haben sollten. Im Praxischeck fiel die Idee durch: Den Teilnehmenden war das Risiko zu groß, dass einzelne Schulen mit der Budget-Verwaltung überfordert sein könnten.

Quelle der Auflistungen: sächsisches Kultusministerium

Christian Piwarz (CDU), Kultusminister von Sachsen, nimmt an einer Pressekonferenz anlässlich des bevorstehenden Schuljahresbeginn 2023/24 teil. 8 min
Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert
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MDR KULTUR - Das Radio Do 21.12.2023 15:30Uhr 08:02 min

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Reaktionen Beteiligter: Ergebnisse müssen folgen

Nicht nur Schülerverteter betonten, dass die Vorschläge nun auch umgesetzt werden müssten. Auch Burkhard Naumann von der Bildungsgewerkschaft GEW Sachsen verlangt, dass den Empfehlungen nun auch Taten folgen müssten.

Der Sächsische Lehrerverband mahnte zu bedachten Reformen. Das Projekt "Bildungsland Sachsen 2030" berge Chancen, aber auch Herausforderungen. Landeschef Michael Jung sagte, es wäre beschämend für Sachsen, wenn die engagierte Arbeit aller am Beratungsprozess Beteiligten im Sande verlaufen würde.

Ich hoffe, dass sich das Kultusministerium die Punkte zu Herzen nimmt und dass wir in Zukunft auch was von den Forderungen umgesetzt sehen.

Killian Krämer Schülervertreter aus Leipzig

MDR (kk)/epd/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 21. Dezember 2023 | 19:00 Uhr

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