Staatsanwältin Julia Bussweiler, Bereich Kinderpornographie und sexueller Missbrauch von Kindern, sitzt in ihrem Büro in der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität (ZIT) vor einem Monitor mit Fotos.
Seit dem Jahr 2020 haben sich die Fälle von Kinderpornografie in den Landkreisen Bautzen und Görlitz verdreifacht. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Arne Dedert

Online-Kriminalität Neue Ermittlungsgruppe gegen Kinderpornografie in Görlitz

06. November 2023, 20:43 Uhr

Seit sich die Richtlinien für Internetdienstleiter verändert haben, werden wesentlich mehr Fälle gemeldet, bei denen kinderpornografische Dateien ins Netz geladen wurden. Lässt sich die Quelle nach Deutschland nachverfolgen, wird die Kripo eingeschaltet. Die Kriminalpolizei der Polizeidirektion Görlitz stockt nun ihr Personal auf, um die vielen Straftaten aufklären zu können.

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Die Polizeidirektion Görlitz geht stärker gegen Kinderpornografie vor. Wie Kriminalrat Thomas Bretschneider berichtet, hat man im Sommer angefangen, das Personal aufzustocken und eine eigene Ermittlungsgruppe gegründet. Ziel ist, dass im Januar nächsten Jahres 13 Beamte und Beamtinnen in einem eigens gegründeten Kommissariat den vielen Straftaten mit sexualisierter Gewalt gegenüber Minderjährigen nachgehen.

Kinderpornografie kommt ans Licht

"Die Zahlen haben sich hier in den vergangenen Jahren sehr erhöht, sodass wir dort auf die Entwicklung reagieren mussten", erläutert Bretschneider. Sie hätten sich demnach verdreifacht. Grund für die vielen Fälle sei unter anderem eine Änderung bei den Melderichtlinien der Internetdienstleister. Dadurch seien mehr Fälle ins sogenannte Hellfeld gerückt, von denen die Polizei sonst keine Kenntnis erhalten hätte. "Hier sind wir verpflichtet, weiter zu ermitteln", so Bretschneider.

Derzeit bearbeiten die Ermittler der Polizeidirektion Görlitz, die für die Landkreise Bautzen und Görlitz zuständig sind, pro Jahr rund 300 bis 400 Fälle von vermuteter Kinderpornografie, wie Steffen Mehnert, Leiter der Ermittlungsgruppe "Kinderpornografie", berichtet. Die Bandbreite reiche vom einfachen Posing bis hin zum schweren sexuellen Missbrauch mit Todesfolge.

Organisation meldet Straftaten an BKA

Die meisten Hinweise erhält die Polizei laut Mehnert von der amerikanischen Organisation "National Center for Missing and Exploited Children" (NCMEC). Diese habe sich dafür stark gemacht, dass die amerikanischen Social-Media-Plattformen wie Whatsapp, Instagram oder Facebook, digital hochgeladene Daten scannen. Werde dabei ein kinderpornografischer Inhalt festgestellt, werde bei deutschem Ursprung das Bundeskriminalamt informiert. Meldungen von Eltern, die etwas mitbekommen haben, seien dagegen eher selten. Für Mehnert ist das nicht überraschend, "da das Thema eher tabuisiert ist in der Gesellschaft", wie er sagt.

Opferhilfe: Eltern in der Verantwortung

Hier müssten sich Erwachsene unbedingt weiterbilden und beim Digitalen mehr hinschauen, betont Josephine Hollmann vom Arbeitskreis gegen sexualisierte Gewalt in der Oberlausitz. Eltern seien in der Verantwortung und sollten daher wissen, was ihr Kind im Internet treibt, findet Hollmann und nennt als Beispiel, dass Pädophile auch Chatfunktionen bei Onlinespielen nutzten, um an Kinder heranzukommen.

Bei der Opferhilfe landen am häufigsten die nichtdigitalen Fälle, etwa der Kindesmissbrauch im familiären Umfeld oder im Sozialraum etwa durch den Nachbarn oder Trainer. Auch hier müssten die Eltern wachgerüttelt werden, sagt Hollmann. Das große Problem sei, dass zwar die Mehrheit wisse, dass sexualisierte Gewalt im sozialen Nahraum stattfindet, gleichzeitig schließe es diese Mehrheit für ihr Umfeld aus.

"Ein Kind kann sich aus einer sexuellen Gewaltsituation alleine nicht retten. Es braucht immer einen Erwachsenen", betont die Hollmann. Statistisch gesehen müsse sich ein betroffenes Kind durchschnittlich bis zu sieben Mal einem Erwachsenen anvertrauen, bis ihm geglaubt werde. "Gerade im familiären Nahraum ist es so unvorstellbar. Es ist aber wichtig, dass die Kinder ernst genommen werden."

Ein Kind kann sich aus einer sexuellen Gewaltsituation alleine nicht retten. Es braucht immer einen Erwachsenen.

Josephine Hollmann Arbeitskreis gegen sexualisierte Gewalt

Pornografische Selfies ebenfalls strafbar

Ein Nebenschauplatz ist für die Polizei Pornografie geworden, die unwissentlich von Kindern beziehungsweise Jugendlichen selbst ins Netz gestellt wird - etwa in Form eines Selfies. Auch wenn das Verbrechenstatbestände sind, versuche man hier menschlich mit den Minderjährigen umzugehen, sagt Mehnert.

Wenn bei Minderjährigen kinderpornografische Inhalte etwa auf dem Handy gefunden werden, versuche man präventiv auf die Jugendlichen einzuwirken. "Wir machen natürlich deutlich, dass es eine Straftat gewesen ist, versuchen aber dann für den Minderjährigen die Einstellung des Verfahrens nach Jugendgerichtsbarkeit herauszuholen", so der Ermittler. Im Gegensatz zu Erwachsenen, die mutmaßlich kinderpornografische Dateien besitzen, komme es bei diesen Jugendlichen in der Regel auch nicht zu Hausdurchsuchungen.

MDR (vis,ama)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | SACHSENSPIEGEL | 06. November 2023 | 19:00 Uhr

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