MDR-Bericht vom 09.09.2019 Kino Bischofswerda: Vom Klangkunstwerk zum Bürgerhaus?
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09. September 2019, 13:52 Uhr
Ein Dresdner Soundkünstler ist auf akustische Forschungsreise im alten Kino in Bischofswerda gegangen. Das Ergebnis war am Wochenende zu hören. Einen Tag war dafür das Haus geöffnet, an dessen Zukunft bereits gearbeitet wird.
Vor sieben Jahren flimmerte im Bischofswerdaer Kino in der Karl-Liebknecht-Straße der letzte Film über die Leinwand. Die gibt es immer noch, ebenso wie alte Kinoplakate oder die Getränkekarte über der Bar im Foyer. Sie zeugen von besseren Zeiten. Doch in das alte Kino soll das Leben zurückkehren. Wie das aussehen könnte, davon konnten sich am Wochenende erstmals nach langer Zeit wieder Besucher überzeugen. Denn das Haus hatte für eine Veranstaltung geöffnet und dabei gezeigt was in ihm steckt – nämlich jede Menge Klänge.
Das Gebäude als Instrument
Für die sorgte unter anderem der Dresdner Soundkünstler Jarii van Gohl. Er "vertont" Architektur, hat zum Beispiel schon aus den Klängen des Hygienemuseums oder der Gläsernen Manufaktur in Dresden Sound- und Musikcollagen kreiert. Sein neuestes Forschungsobjekt ist das alte Kino Bischofswerda.
Mit Mikrofon und Aufnahmegerät hat er das Haus erkundet: "Man kann das Gebäude unter Kopfhörern noch einmal ganz anders und neu entdecken", findet Jarii van Gohl. Wie klingt zum Beispiel das Heizungsgitter aus Holz und die Kinoleinwand, wenn man darüberstreicht? Oder ein alter Lampenschirm, den man zum Klingen bringt? Welches Geräusch macht die Klinke der Eingangstür? Für Jarii van Gohl werden diese Dinge zu Instrumenten, mit deren Klängen er seine Musikstücke baut.
Erste Veranstaltung seit sieben Jahren
Das Ergebnis war am Sonntag im alten Kino zu hören. Auch für Leo Schöning vom Verein Kulturort Bischofswerda war das eine ganz neue Seite des alten Hauses, die entdecken konnte. Der Kulturort e.V. hat das Kino vor einem Jahr gekauft und will daraus ein Bürgerhaus für alle Bischofswerdaer machen. Was alles möglich ist, sollte auch die Veranstaltung am vergangenen Wochenende zeigen. In Zusammenarbeit mit dem Archiv der Avantgarden der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden wurde das Gebäude zum Klangkunstwerk und Konzertort. Es war die erste große Veranstaltung seit der Schließung vor sieben Jahren. "Wir wollten den Leuten auch zeigen, was hier möglich wäre", sagt Leo Schöning.
Ein Haus für alle
Ideen für die Nutzung des Kinos mit dem historischen König-Albert-Saal gibt es viele. Der ehemalige Kinosaal habe eine gute Größe für Vereine, die ihn für kleinere Veranstaltungen wie Turniere oder Ausstellungen nutzen können, sagt Leo Schöning. Auch Konzerte und Theateraufführungen seien denkbar. Wichtig für die künftige Nutzung ist dem Verein vor allem eines: "Wir wollen mit den Bürgern zusammen das Haus entwickeln." Nur eine Einschränkung gibt es: Als Kino darf es nicht mehr genutzt werden, das wurde beim Kaufvertrag festgelegt.
Sanierung wird teuer
Allerdings muss das alte Kino vor einer Nutzung umfassend saniert werden. Rund 1,5 Millionen Euro würde das schätzungsweise kosten, sagt Leo Schöning vom Kulturort e.V.. Ohne Fördermittel sei das nicht machbar. Aber die könnten von der Sächsische Aufbaubank kommen, vorausgesetzt der Verein und die Stadt leisten ihren Eigenanteil. Ob die Stadt aber dazu bereit ist hängt laut Schöning noch in der Luft. Grund sei das Thema Kulturhaussanierung, über das noch diskutiert wird.
Dass die Bischofswerdaer an ihrem alten Kino hängen, hat die Veranstaltung am Wochenende gezeigt. Das Interesse war groß: Mehrere hundert Besucher wollten sehen und hören, welche Klänge in dem alten Gebäude stecken.
Quelle: MDR/vis
Dieses Thema im Programm bei MDR SACHSEN MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 08.09.2019 | 14:40 Uhr