Gewalt und Fremdenfeindlichkeit Mehr politisch motivierte Straftaten von rechts – Aufklärungsquote gestiegen
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25. April 2023, 23:49 Uhr
Die Polizei in Sachsen-Anhalt hat im vergangenen Jahr mehr Straftaten registriert, die dem rechten Spektrum zuzuordnen sind. Die Zahl der politisch motivierten Gewaltdelikte stieg auf den höchsten Stand seit zehn Jahren. Auch Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus haben der jüngsten Statistik zufolge zugenommen. Allerdings können die Behörden immer mehr Fälle aufklären.
- In Sachsen-Anhalt hat es im vergangenen Jahr mehr rechtsmotivierte Straftaten gegeben als noch 2021.
- Die Zahl der antisemitischen Delikte stieg – viele standen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.
- Warum es mehr Fälle von Fremdenfeindlichkeit im Land gegeben hat, ist Innenministerin Zieschang zufolge nicht eindeutig erklärbar.
In Sachsen-Anhalt sind 2022 mehr politisch motivierte Straftaten erfasst worden, die aus Sicht der Polizei dem rechten Spektrum zuzuordnen sind. Innenministerin Tamara Zieschang erklärte am Nachmittag in Magdeburg, es wurden 1.847 rechtsmotivierte Delikte registriert und damit 287 mehr als noch im Jahr 2021. Damit werden knapp zwei Drittel aller politisch motivierten Straftaten dem rechten Spektrum zugeordnet. Zieschang sprach von einem "herausragenden Schwerpunkt" für die polizeiliche Arbeit.
Zwei Drittel der Fälle im rechten Spektrum sind sogenannte Propaganda-Straftaten, also etwa das Tragen verfassungsfeindlicher Symbole, verbotene Schmierereien oder das Rufen von Nazi-Parolen. Auch rechtsmotivierte Gewaltdelikte haben zugenommen: Waren es 2021 noch 84 Fälle, wurden im vergangenen Jahr 111 rechte Gewaltstraftaten – meist Körperverletzung – registriert.
Zehn-Jahres-Höchstwert bei Gewaltstraftaten
Im Bereich der als linksmotivierten Kriminalität verzeichnete die Polizei einen Rückgang um gut 40 Prozent auf 314 Delikte. Dies sei unter anderem auf weniger Sachbeschädigungen zurückzuführen. Neben Sachbeschädigungen (208 Fälle) wurden unter anderem Beleidigungen und Verstöße gegen das Versammlungsgesetz registriert. Kriminaldirektor Mike Schnorrer erklärte bei der Vorstellung der Statistik, im linken Spektrum handele es sich häufig oft um Delikte, die sich gegen die rechte Szene richteten.
Insgesamt sind die Fälle von politisch motivierter Kriminalität durch die Rückgänge im linken und im nicht zuordenbaren Bereich gesunken – um knapp zehn Prozent auf 2.835 Delikte. Allerdings stiegen die Fälle, bei denen Gewalt angewendet wurde, um mehr als 30 Prozent an. Insgesamt wurden 230 politisch motivierte Gewaltdelikte erfasst, so viele in den vergangenen zehn Jahren nicht. Zieschang sprach von einem "alarmierenden" Anstieg der Zahlen.
40 Prozent mehr fremdenfeindliche Delikte
Auch die fremdenfeindlichen und antisemitischen Straftaten haben zugenommen. Insgesamt 604 fremdenfeindliche Delikte wurden erfasst – gut 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der antisemitischen Straftaten stieg auf 144. Etwa ein Viertel davon sei im Internet begangen worden, sagte Kriminaldirektor Schnorrer. Bei vielen habe es einen Zusammenhang zur Corona-Pandemie gegeben – etwa, wenn sich Impfgegner mit jüdischen Personen in der Zeit des Nationalsozialismus verglichen.
Der Grund für den Anstieg der fremdenfeindlichen Delikte ist nach Angaben von Innenministerin Zieschang nicht eindeutig auszumachen. "Wir haben versucht, ein Erklärungsmuster zu finden", sagte die CDU-Politikerin. Einen eindeutigen Zusammenhang gebe es aber nicht, vielmehr habe man es mit einem kontinuierlichen Anstieg zu tun. Mit Blick auf Fälle von Antisemitismus erklärte Zieschang, der Anstieg sei auch damit zu erklären, dass die Bevölkerung derlei Fälle immer häufiger zur Anzeige bringe. Das zeige, dass Vertrauen zur Polizei bestehe, sagte die Innenministerin.
Aufklärungsquote ist gestiegen
Zieschang betonte, dass sich die Aufklärungsquote bei der politisch motivierten Kriminalität verbessert habe. Sie lag mit insgesamt knapp 50 Prozent deutlich über dem Vorjahreswert (38,6 Prozent). Gewaltdelikte konnten zu gut 72 Prozent, die aus dem rechten Spektrum sogar zu gut 80 Prozent aufgeklärt werden. Die Innenministerin begründete das mit dem konsequenten Vorgehen der Behörden.
2021 war in Sachsen-Anhalt mit 3.133 politisch motivierten Straftaten der höchste Wert seit dem Jahr 2001 registriert worden. Meist hätten sie im Zusammenhang mit Wahlen gestanden.
MDR (Hannes Leonard, Felix Fahnert), dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 25. April 2023 | 17:00 Uhr