Gülle wird ausgebracht
Landwirte müssen nun schärfere Regeln für das Düngen von Flächen beachten, die als mit Nitrat belastet ausgewiesen sind. (Symbolbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Mögliche Krebsgefahr Nitrat: Größere Agrarfläche als belastet ausgewiesen

18. Januar 2023, 16:16 Uhr

In Sachsen-Anhalt hat sich die Agrarfläche, die als mit Nitrat belastet ausgewiesen ist, fast verdoppelt. Jetzt hat die Landesregierung schärfere Regeln für das Düngen solcher Flächen erlassen. Dahinter steckt ein Verfahren, das die EU wegen zu hoher Werte gegen Deutschland eingeleitet hatte. Der Bauernverband kritisiert das Vorgehen als defizitbehaftet.

In Sachsen-Anhalt gilt eine deutlich größere Fläche Ackerboden als mit Nitrat belastet. Das geht aus einer Mitteilung des Landwirtschaftsministeriums hervor. Demnach zählen nunmehr rund 135.200 Hektar – das entspricht nahezu der Fläche des Landkreises Anhalt-Bitterfeld – zu sogenannten roten Gebieten. Bislang galten rund 73.000 Hektar im Land als nitratbelastet.

Nitrat im Grundwasser: Bedenklich bei Versorgung von Kleinkindern

Nitrat gelangt laut Umweltbundesamt (UBA) unter anderem über Mineraldünger und Gülle aus der Massentierhaltung in Boden und Grundwasser. Der Stoff gilt nach Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft als bedenklich, besonders bei der Versorgung von Kleinkindern. Durch die Aufnahme erhöhter Nitratmengen können sich Stoffwechselprodukte im Körper bilden, die im Verdacht stehen, krebserregend zu sein – Nitrosamine zum Beispiel. Bis die Konzentrationen im Grundwasser zurückgehen, kann es Jahrzehnte dauern.

Zwar werden die Grenzwerte im Trinkwasser, das aus zu großen Teilen aus Grundwasser gewonnen wird, dem UBA zufolge eingehalten. Dies sei jedoch bei zunehmenden Nitratmengen mit immer höherem Aufwand und hohen Kosten für die Wasseraufbereitung verbunden.

Strengere Vorschriften

Agrarbetriebe, die belastete Flächen bewirtschaften, müssen in Sachsen-Anhalt nun verschärfte Anforderungen einhalten. Die entsprechende "Verordnung über zusätzliche düngerechtliche Vorschriften" sei am Dienstag von der Landesregierung beschlossen worden, hieß es aus dem Landwirtschaftsministerium.

Hintergrund ist ein Vertragsverletzungsverfahren, das die Europäische Kommission wegen zu hoher Nitrat-Belastung des deutschen Grundwassers eingeleitet hatte. Mit der Verordnung habe Sachsen-Anhalt seinen Beitrag dafür geleistet, dass die Kommission das Verfahren nicht fortführe, hieß es aus dem Ministerium.

Jetzt seien 11,7 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen als sogenannte rote Gebiete eingestuft.

Kritik vom Bauernverband

Der Bauernverband kritisierte das Vorgehen des Landes. Pressereferent Erik Hecht teilte MDR SACHSEN-ANHALT mit, das Messnetz, auf dem die aktuell verfügbaren Daten beruhten, sei in Umfang und Qualität völlig unzureichend. Dennoch würden auf dieser Grundlage Landwirte mit Auflagen belegt.

Ebensowenig werde berücksichtigt, ob der jewilige Betrieb in der Vergangenheit nachweislich besonders wenig Dünger eingesetzt habe. Es müsse ein nachvollziehbares Verursacher-Prinzip gelten. Wo besonders erhöhte Nitratwerte festgestellt werden, müssten die Ursachen geklärt werden, um zielführende Maßnahmen ergreifen zu können.

Landwirtschaftsminister Schulze sagt Bauern Hilfe zu

Landwirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) sagte betroffenen Bauern seine Unterstützung zu. "Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass landwirtschaftliche Betriebe, die nachhaltig wirtschaften, nicht benachteiligt werden, sofern sie nachweisen, dass sie nicht zu den Verursachern der Nitratbelastung gehören und eine weitere Optimierung des Messstellennetzes erfolgt", erklärte der Politiker.

dpa, MDR (Daniel Salpius, Leonard Schubert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 18. Januar 2023 | 08:00 Uhr

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