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Viele Menschen in Sachsen-Anhalt müssen für die Nebenkosten ihrer Wohung tiefer in die Tasche greifen. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance / Stephan Persch
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MDR SACHSEN-ANHALT Fr 13.12.2024 08:28Uhr 03:19 min

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Mietnebenkosten Frist läuft aus: Vermieter verlangen oft hohe Nachzahlungen der Betriebskosten

16. Dezember 2024, 12:36 Uhr

Viele Menschen in Sachsen-Anhalt müssen für ihre Wohnung tiefer in die Tasche greifen. Oft verlangen Vermieter kräftige Nachzahlungen für die Betriebskosten. Allerdings sind viele der Nebenkostenabrechnungen fehlerhaft. Ein genauer Blick in die Zahlen lohnt sich oft und spart bares Geld.

MDR SACHSEN-ANHALT-Autor Hannes Leonard steht im Profil vor einer Wand
Bildrechte: MDR/Hannes Leonard

Für die 22-jährige Studentin Emely E. aus Magdeburg war die Nachricht ein richtiger Schock. "Ich weiß noch genau, wie ich den dicken Umschlag aus dem Briefkasten geholt habe", erinnert sich die Mutter eines zweijährigen Sohnes im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT. In dem Schreiben wird die junge Frau darüber informiert, dass sie rund 500 Euro Mietnebenkosten nachzahlen muss. "Wie soll ich das alles bezahlen?", schießt es ihr sofort durch den Kopf. 

Wie soll ich das alles bezahlen?

Emely E. Studentin aus Magdeburg

So richtig erklären kann sich Emely E. nicht, warum sie so viel Geld nachzahlen muss. Aber: So unangenehme Post wie sie bekommen gerade viele Sachsen-Anhalter. "Etwa 12 Prozent unserer Mieterinnen und Mieter erhielt für das Abrechnungsjahr 2023 eine Nachforderung", erläutert Steffen Schier. Er ist Sprecher der Halleschen Wohnungsgesellschaft (HWG), dem nach eigenen Angaben größten Vermieter der Saale-Stadt.

Es gebe mehrere Ursachen, die zu einer Nachforderung führen: "Neben höheren Verbräuchen oder höheren Energiekosten bei gleichzeitig gleichbleibendem Verbrauchsverhalten können auch zu niedrige Vorauszahlungen zu einer Nachforderung führen", erklärt Schier.

Gründe für Nachzahlungen sind vielfältig

Niedrige Abschlagszahlungen sind möglicherweise auch Lukas Glier aus Zwintschöna zum Verhängnis geworden. "Vorher hat in unserer Wohnung eine alte alleinstehende Dame gelebt", erzählt der 26-Jährige. Jetzt bewohnt Glier mit seiner Lebensgefährtin und den zwei kleinen Kindern die Dreiraumwohnung. Die Abschlagszahlungen sind nach dem Wechsel aber nicht angepasst worden. "Für die müssen wir knapp 1.400 Euro Nebenkosten nachzahlen", erzählt Glier verärgert.

Frist für die Nebenkostenabrechnung Vermieter haben nach § 556 BGB zwölf Monate lang Zeit, ihren Mietern die Betriebskostenabrechung zukommen zu lassen. Die Frist beginnt mit Ende des Abrechnungszeitraums zu laufen. Heißt: Die Abrechnung für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2023 muss Mietern bis zum 31.12.2024 zugehen. Kommt die Nebenkostenabrechnung zu spät, braucht der Mieter eine eventuelle Nachzahlung grundsätzlich nicht zu leisten. Hat der Mieter weniger verbraucht, als er an Abschlägen bezahlt hat, muss der Vermieter aber trotzdem das Guthaben auszahlen.

Auf eine Umfrage in den Social-Media-Kanälen von MDR SACHSEN-ANHALT melden sich in kurzer Zeit viele Menschen und berichten über Nachzahlungen von meistens mehreren hundert Euro, die Vermieter derzeit von ihnen einfordern. Auch die Berater beim Deutschen Mieterbund in Halle prüfen seit Wochen fast ausschließlich Nebenkostenabrechnungen, erzählt Ellen Schultz. "Viele trifft es sehr hart, mit mehrstelligen, zum Teil vierstelligen Beträgen in der Nachzahlung", stellt sie fest.

Heizung und Warmwasser schlagen zu Buche

Auch bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt haben die Mitarbeiter viel zu tun. "Der Beratungsbedarf zu Abrechnungen von Wärme und Warmwasser ist in den letzten drei Monaten wieder deutlich gestiegen", erläutert Heike Bose. "Für viele Verbraucher, die eine Beratung in Anspruch nehmen, ist die Abrechnung klärungsbedürftig. Hohe Nachzahlungen für die Mietnebenkosten sind der häufigste Grund."

In der Beratung stelle sich häufig heraus, dass trotz der Energieeinsparung im Haushalt höhere Kosten entstanden sind. "Diese liegen meist über den Abrechnungen der Vorjahre, weil die Preise für Öl und Gas gestiegen sind", so Verbraucher-Schützerin Bose. "In diesem Jahr ist besonders die Heizkostenabrechnung spannend, die ja Bestandteil der Betriebskostenabrechnung ist", bestätigt auch Ellen Schultz vom Mieterbund.

Oft sind staatliche Zuschüsse für Öl und Gas nicht berücksichtigt

Oft sind die Heizkosten-Abrechnungen "klärungsbedürftig, fehlerhaft oder nicht nach den gesetzlichen Vorschriften erstellt", erläutert Bose. Beispielsweise seien oft die im Jahr 2023 geltenden Preisbremsen für Öl und Gas nicht berücksichtigt oder ausgewiesen. "Die gängigsten Fehler finden wir bei der Abrechnung der ganzen staatlichen Zuschüsse", bestätigt auch Schutlz vom Mieterbund. Seit 2023 müssen auch die CO2-Kosten von Öl- und Gasheizungen zwischen Mietern und Vermietern aufgeteilt werden. Allerdings fehlt in vielen Abrechnungen die Berechnungsgrundlage für die Verteilung der Kosten, müssen die Berater bei der Verbraucherzentrale immer wieder feststellen.

Zur Erinnerung: Seit 2023 müssen die CO2-Kosten von Öl- und Gasheizungen zwischen Mietern und Vermietern aufgeteilt werden. Der Verteilungsschlüssel ist abhängig von der Gebäude-Effizienz. Je mehr Energie benötigt wird, um ein Gebäude zu heizen, desto höher ist der Anteil des Vermieters an den Kosten. "Bei energetisch sehr gut sanierten Gebäuden liegt dieser für den Vermieter bei null Prozent, bei unsanierten Gebäuden bei bis zu 95 Prozent", erklärt Bose von der Verbraucherzentrale in Halle.

Viele Abrechnungen fehlerhaft

Die Anforderungen an die Abrechnung der Heizkosten seien so hoch, da schlichen sich sehr schnell Fehler ein, meint Schultz. "Wir haben das Gefühl, mehr als jede zweite Nebenkostenabrechnung ist falsch." Ein recht neues Phänomen sind sogenannte Dienstleistungs-Kosten, die sich häufig auf der Nebenkostenabrechnung finden. Das sind Ausgaben der Vermieter für die Ablesung der Heizung, für Wartung oder für die Erstellung von Abrechnungen. "Das hat alles sehr stark zugenommen und auch durch gestiegene Lohnkosten, haben wir da hohe Kostenpositionen, die geprüft werden müssen."

Außerdem sei der Erfindungsreichtum der Wohnungswirtschaft sehr groß, was zusätzliche Kosten angeht. "Da werden Wartungskosten versteckt, es werden Verwaltungskosten versteckt, die nicht umlagefähig sind. Nutzerwechselgebühren, die zu streichen sind, werden umgelegt", erzählt Schultz. "Viele kleine Positionen, die aber letztlich doch den Topf voll machen." Doch damit nicht genug: Was bei vielen ebenso groß ist, ist die Verwirrung, die dadurch entsteht.

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MDR (Hannes Leonard) | Erstmals veröffentlicht am 13.12.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 13. Dezember 2024 | 08:10 Uhr

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