Energiewende Warum rund um Aschersleben so viele Windräder stehen
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27. Januar 2024, 17:21 Uhr
Anwohner und Städte sollen finanziell von Windkraftanlagen und Solarparks in ihren Orten profitieren. Das Land arbeitet gerade an einem Gesetz, das Zahlungen der Betreiber zur Pflicht macht. Allerdings soll das Gesetz nur für neu errichtete Anlagen gelten. Ascherslebens Oberbürgermeister Steffen Amme wünscht sich, dass die Regelungen ausgebaut werden. Um die Stadt herum stehen rund 160 Windräder. Ein Interview.
MDR SACHSEN-ANHALT: Herr Amme, um Aschersleben herum stehen seit Jahrzehnten sehr viele Windräder. Warum ist das so?
Steffen Amme: Die stehen schon eine ganze Weile da. Zur Einordnung: Wir sind das Mittelzentrum mit der höchsten Dichte an Windkraftanlagen in Sachsen-Anhalt. Und das resultiert daraus, dass um die Stadt Aschersleben herum drei Planungsregionen angrenzen. Jede Planungsregion hat natürlich erstmal schön an der Peripherie gebaut. Daraus resultierend haben wir diese hohe Anzahl an Windkraftanlagen. Natürlich bringt das Einschränkungen mit sich. Wenn man den Blick Richtung Harz und Brocken richtet, dann stehen diese Windkraftanlagen natürlich hier in der Blickachse. Nichtsdestotrotz müssen wir auch umdenken, was das Thema Energie, erneuerbare Energien anbelangt. Und wir müssen es hinbekommen, eine möglichst dezentrale Energieversorgung zu gewährleisten. Und da spielen die erneuerbaren Energien natürlich eine entscheidende Rolle.
Städte und Anwohner sollen von Windkraftanlagen und Solarparks in ihrer Umgebung profitieren. Die Betreiber sollen verpflichtet werden, Kommunen zu beteiligen. Wie schaut die Stadt auf die Pläne des Energieministeriums und den Gesetzentwurf?
Das ist prinzipiell eine gute Idee. Was die Stadt Aschersleben betrifft, sehe ich das als zweischneidiges Schwert, weil die Zahlungen, die hier in Rede stehen, vorrangig für neu gebaute Anlagen, beziehungsweise für repowerte Anlagen bezogen werden. Um Aschersleben herum stehen viele Bestandsanlagen. Etwa 160 Windkraftanlagen. Für diese Anlagen würde das hier nicht zur Realisierung kommen. Prinzipiell finde ich, dass dieser Ansatz richtig ist. Die Kommunen, die noch keine Windkraftanlagen in dieser Zahl haben, werden da natürlich stärker von profitieren als die Stadt Aschersleben, die ihre Flächenziele ja schon mehr oder weniger übererfüllt hat.
Der Entwurf des Akzeptanz- und Beteiligungsgesetzes sieht vor, Kommunen nach der Nennleistung der Anlagen zu beteiligen. Nicht nach der Menge des erzeugten Stroms. Rein theoretisch: Wenn die Stadt für alle Windräder Zahlungen bekäme – wie hoch wären die Einnahmen?
Wenn die 160 Anlagen um Aschersleben jetzt neu gebaut würden und das Akzeptanzgesetz auch greifen würde: Man spricht ungefähr von sechs Euro pro Kilowatt Nennleistung. Ich sag mal, das sind etwa 30.000 Euro pro Windkraftanlage. Mal 160. Dann wären wir bei einer stolzen Summe von 4,8 Millionen und das würde den städtischen Haushalt momentan sehr positiv aussehen lassen. Und wir könnten natürlich das eine oder andere Vorhaben umsetzen, was wir jetzt aufgrund der Konsolidierung nicht können. Das würde uns in die Lage versetzen, Projekte umzusetzen – bis dahin, dass man über Bürgerstromtarife oder Ähnliches nachdenken könnte. Leider sprechen wir hier nur im Konjunktiv.
Nun würde das neue Gesetz lediglich neu gebaute Anlagen oder alte Anlagen betreffen, die durch neue ersetzt werden. Das Land befürchtet rechtliche Schwierigkeiten, wenn Betreiber von Bestandsanlagen zu Zahlungen verpflichtet würden. Sehen Sie Nachbesserungsbedarf?
Ich weiß, es gibt auch immer einen rechtlichen Rahmen, wo das Ganze auch einzuordnen ist. Wir haben aber momentan auch die Möglichkeit, über einen Paragrafen im Erneuerbare-Energien-Gesetz des Bundes (EEG), eine freiwillige Zahlung von 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde von den Betreibern zu bekommen. Es gibt Anlagenbetreiber, die diese Zahlungen vornehmen. Aufgrund der Freiwilligkeit ist es natürlich noch ausbaufähig, und ich erhoffe mir an der Stelle, dass man noch mal darüber nachdenkt, ob diese Zahlung von 0,2 Cent pro Kilowattstunde für Bestandsanlagen verpflichtend geregelt werden kann.
Windkraftanlagen und Solarparks sorgen immer wieder für Diskussionen. Kann es etwas bringen, wenn für die Anwohner, die Ortschaftsräte in der Nähe klar ist: Sie haben etwas davon? Die Stadt hat etwas davon?
Wir haben in der letzten Zeit drei sogenannte Zielabweichungsverfahren durch den Stadtrat beschließen lassen. Ein Zielabweichungsverfahren betrifft das Gebiet der sogenannten "Arnstädter Warte", wo beispielsweise auch unsere Stadtwerke ein Windrad errichten wollen, um mit dem Strom künftig Wärme zu erzeugen. Das hat natürlich vorrangig auch im Ortschaftsrat Westdorf zu Diskussionen geführt. Letztendlich hat der Stadtrat die Entscheidung getroffen, dieses Verfahren einzuleiten. Und ich bin der festen Überzeugung, dass aufgrund dieser Entwicklungen, wir es auch schaffen, gemeinsam die Wärmewende zu meistern. Geht es da um ein "Was-hab-ich-davon?" Speziell in der Ortschaftsratssitzung in Westdorf ist das auch thematisiert worden. Und wir müssen an dieser Stelle auch ganz klar sagen: Wenn das Akzeptanzgesetz greift, dann haben wir natürlich eine höhere Einnahme über neu errichtete repowerte Windkraftanlagen. Das würde letztendlich auch der Kommune wieder zugutekommen, um in die Infrastruktur zu investieren. Auf langfristige Sicht haben wir alle etwas davon.
Die Fragen stellte Tom Gräbe.
MDR (Tom Gräbe)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 19. Januar 2024 | 18:00 Uhr
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