Sonnenkollektoren in einem Solarpark.
In der Gemeinde Möser soll ein Solarpark entstehen. (Symbolbild) Bildrechte: imago images/Thomas Eisenhuth

Erneuerbare Energien Geplanter Solarpark in Möser sorgt für Diskussionen

28. Februar 2023, 18:18 Uhr

Die Gemeinde Möser im Jerichower Land will einen Solarpark bauen. Dafür haben bereits mehrere Investoren Flächen angeboten. Der Landesbauernverband rechnet mit steigenden Pachtpreisen, weil Solar- und Windparks mehr Gewinn bringen als eine landwirtschaftliche Nutzung. Die Anwohnerinnen und Anwohner der Gemeinde befürchten den Verlust von Grünflächen.

MDR San Mitarbeiterin Annette Schneider-Solis
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

Die Zukunft ist sonnig und windig. Regenerative Energie ist auf dem Vormarsch und das ist gewollt. Auf dem Weg zur Klimaneutralität will Deutschland den Anteil an erneuerbaren Energien bis 2030 auf 80 Prozent steigern. Das bedeutet auch: 80 Prozent mehr Strom aus Sonne, Wind und Wasser bis zum Ende des Jahrzehnts.

Soweit, so gut. Derzeit schießen Solarparks fast wie die sprichwörtlichen Pilze aus dem Boden. Immer mehr Fläche wird mit Solarpanelen gebaut und nicht allerorts trifft das nur auf Zustimmung. Eine Gemeinde, die ein riesiges Solarprojekt plant, ist Möser im Jerichower Land. Über 400 Hektar sollen in Möser und den Nachbargemeinden mit Solarmodulen bebaut werden, eine Fläche, so groß wie nahezu 300 Fußballfelder.

Drei Investoren bieten Land an

"Der Investor kam auf uns zu und hat uns gefragt", erinnert sich Bürgermeister Bernd Köppen (parteilos). "Wir stehen dem aufgeschlossen gegenüber." Insgesamt sind es drei Investoren, die der Gemeinde ihren Boden für die Bebauung mit Solarmodulen anbieten.

Einer von ihnen ist der Landwirt, Landbesitzer und Kreisjägermeister Hartmut Meyer. Momentan baut er auf den Flächen noch Kulturen an. Teilweise ist der Boden aber nicht besonders gut und der fehlende Regen macht den Ackerbau schwer. Das macht das Ergebnis der bäuerlichen Arbeit schwer kalkulierbar. Dagegen sind die Einnahmen aus Solarenergie berechenbar, denn die Sonne scheint verlässlich.

Landesbauernverband rechnet mit steigenden Pachtpreisen

Der Präsident des Landesbauernverbands, Olaf Feuerborn, beobachtet den Trend mit Sorge. "Wir finden den Ausbau regenerativer Energie wichtig und wollen uns dem natürlich nicht verschließen", formuliert es Olaf Feuerborn, der für die CDU im Landtag sitzt. "Allerdings laufen zurzeit viele Investoren herum und versuchen, sich bei unseren Verpächtern, den Bodeneigentümern, einzukaufen." Feuerborn weist darauf hin, dass sich mit Solarparks bis zu zehnmal mehr Rendite erzeugen lässt und dass viele Verpächter zugunsten der höheren Rendite entscheiden würden.

Das treibt natürlich auch die Pachtpreise in die Höhe, wobei ein Bauer irgendwann aussteigen muss. Ein Landwirt kann mit seiner Arbeit 200 bis 300 Euro Gewinn pro Hektar und Jahr machen, immer mit der Gefahr von Ernteausfällen. Mit einem Solarpark lassen sich 2.000 bis 25.000 Euro pro Hektar erwirtschaften. Für viele eine einfache Rechnung.

Qualität des Bodens ausschlaggebend

Vor allem, wenn der Boden nicht sonderlich fruchtbar ist. Die Qualität des Bodens wird in Punkten berechnet. 100 Bodenpunkte, das Maximum, sind fruchtbare Schwarzerde. Je sandiger und weniger fruchtbar der Boden ist, desto weniger Punkte gibt es. In den Karten des Landesamts für Geologie lässt sich der Bodenwert auslesen.

Damit nicht zu viel Fläche für die Landwirtschaft verloren geht, hat das Land in einer Richtlinie geregelt, dass vor allem benachteiligte Flächen bebaut werden dürfen. Das sind Flächen mit weniger als 30 Bodenpunkten. Die Richtlinie hat allerdings nur empfehlenden Charakter, und so beschloss der Gemeinderat von Möser, dass hier auch Flächen mit bis zu 45 Bodenpunkten für den Solarpark bereitgestellt werden sollen.

"Das sind alles Durchschnittswerte", erklärt Bürgermeister Köppen. "Das können Böden mit 18 Punkten sein, aber auch mit über 50". Rund um Möser gibt es viele benachteiligte Flächen. Laut dem Landesamt für Geologie sind für die Bebauung aber auch Flächen mit bis zu 67 Bodenpunkten geplant. Die Gemeinde Schermen, die zu Möser gehört, sieht gleich 25 Prozent der gesamten Markung als Energielieferant vor.

Anwohner befürchten Verlust von Grünflächen

Die Anwohnerinnen und Anwohner von Möser erfuhren von den Planungen, als bereits die Vorplanung für den Flächennutzungsplan vorlag. Entsprechend verlangten sie bei der letzten Gemeinderatssitzung Antworten von ihren gewählten Vertretern. Die Antwort auf alle Fragen indes lautete immer gleich: "Wir antworten schriftlich". Die Möseraner fürchten nun um den grünen Charakter ihrer Gartenstadt. Rund um abgelegene Wohninseln sollen Solarparks entstehen, bis an den Waldrand und bis an den Telegraphenradweg, einen touristischen Leuchtturm.

Da der Park eingezäunt werden muss, werden dann sowohl Radweg als auch die Siedlung von Zäunen umgeben sein, wenn die Planungen umgesetzt werden. Auch das Wild wird sich neue Wege suchen müssen, zumindest größere Tiere wie Rehe. Keine schöne Aussicht, findet man in Möser. Zumal die Frage im Raum steht, ob die Stromnetze überhaupt genug ausgebaut sind, damit der Strom abtransportiert werden kann. Unweit von Möser sorgt schließlich schon ein Windpark für grünen Strom.

Infrastrukturministerium hat letztes Wort

Die Gemeindeverwaltung hört natürlich das Klingeln in der Kasse. Wie in so ziemlich alle Gemeinden im Osten ist auch in Möser das Geld knapp. Durch den Solarpark und die EEG-Umlage von 0,02 Cent pro Kilowattstunde sollen jedes Jahr eine Million Euro ins Stadtsäckel fließen. Eine verlockende Größenordnung. Die Gemeinderäte waren schnell überzeugt, für das Projekt zu stimmen, zumal ihnen mitgeteilt wurde, dass sie später jedes einzelne Teilobjekt noch ablehnen können.

Die Anwaltskanzlei Lehmann und Partner aus Berlin, die von den Einwohnern um eine Stellungnahme gebeten wurde, sieht das anders. Wenn im Flächennutzungsplan erst einmal der Bau einer Photovoltaikanlage ausgewiesen sei, könnten nur noch triftige Gründe deren Errichtung verhindern. Der Gemeinderat könne nach Aussagen der Anwälte keinen Einfluss mehr auf die Entscheidung nehmen. Mit dem Flächennutzungsplan herrscht praktisch Baurecht.

Die Hausspitze der Gemeindeverwaltung sieht das anders. Die Planung liegt in der Hand der Gemeinde. Doch in letzter Instanz wirft auch das für raumordnerische Planungen verantwortliche Ministerium für Infrastruktur und Digitales einen Blick auf die Planungen. Da Photovoltaikanlagen aufgrund ihrer Größe eine erhebliche Fläche in Anspruch nehmen, werde jede geplante Anlage als Einzelfall geprüft.

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MDR (Annette Schneider-Solis, Annekathrin Queck)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 27. Februar 2023 | 19:00 Uhr

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