Bilanz Trautenstein im Harz: Ein Jahr Wurst und Eier vom "Tante-Emma-Automat"
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von Carsten Reuß, MDR SACHSEN-ANHALT
13. Januar 2024, 08:09 Uhr
Die knapp 600 Einwohner in Trautenstein im Harz freuen sich über ihre zwei Bäcker. Doch sonst gibt es seit sieben Jahren keinen anderen Laden für Lebensmittel im Ort. Nachdem alle Versuche einer Neuansiedlung scheiterten, haben zwei Frauen einen Automaten für die wichtigsten Dinge aufstellen lassen. Seit einem Jahr steht nun ein "Tante-Emma-Automat" im kleinen Ort Trautenstein. Eine Bilanz.
- In Trautenstein im Harz gibt es einen Automaten für Grundnahrungsmittel wie Eier, Butter, Wurst und Getränke.
- Einwohner und Touristen nutzen das Angebot.
- Der "Tante-Emme-Automat" wurde aber auch schon Opfer von Vandalismus.
Die Nummer der Ware eintippen, das Geld einwerfen oder die EC-Karte vorhalten, dann legt er los, der Tante-Emma-Automat von Trautenstein. Eine Plattform fährt nach oben, das Produkt wird nach vorne befördert, fällt auf die Plattform. Diese wird wieder heruntergefahren, direkt hinter eine Klappe. Die öffnet sich, der Kunde kann hineingreifen und seine gekaufte Ware herausholen.
Jetzt müsste ich eigentlich nochmal nach Hassefelde fahren, doch ich kann die Eier hier holen.
Genauso kauft Einwohner Uwe Köhn recht regelmäßig Lebensmittel. "Ich hole meinen Honig immer hier", sagt er und hält das entsprechende Glas hoch. Doch dieses Mal braucht er auch Eier. Die habe er beim letzten Großeinkauf im Nachbarort Hasselfelde vergessen, sagt er. Köhn: "Jetzt müsste ich eigentlich noch mal nach Hasselfelde fahren, doch ich kann die Eier hier holen." Er freut sich über die gesparte Zeit.
Wer den Automaten nutzt
Uwe Köhn ist ein typischer Kunde am Tante-Emma-Automaten in Trautenstein. Einwohner, die beim Einkauf im Nachbarort etwas vergessen haben oder nur eine Kleinigkeit brauchen, gehen zum Automaten. Hier gibt es Eier, Milch und Wurstwaren, Butter, Honig und Getränke, auch Gläser mit Mettwurst, Pottsuse und Jagdwurst.
Grundnahrungsmittel statt Chips und Süßigkeiten: Das ist es, was den Tante-Emma-Automaten von Trautenstein besonders macht. In den Ort geholt haben ihn Ortsbürgermeisterin Heidrun Meyer und ihre Freundin Annerose Hünig. Die beiden Frauen sorgen auch für regelmäßigen Nachschub.
Trautenstein: Ortsbürgermeisterin jeden Tag vor Ort
Sie käme "jeden Morgen und manchmal auch abends", erzählt Heidrun Meyer, während sie mal wieder nach dem Rechten schaut. Sie bestückt den Automaten hauptsächlich mit heimischen Produkten. Der Honig kommt vom örtlichen Imker, Fleisch und Wurst werden vom Fleischer im benachbarter Ilfeld geholt. Wasser und Limonaden sind von einem Harzer Getränkehersteller. Heidrun Meyer hat eine App auf ihrem Handy, mit deren Hilfe sie den Warenbestand im Automaten kontrollieren und Produkte nachbestellen kann.
So viel Engagement wird honoriert. Viele Einwohner nutzen den Automaten regelmäßig. Man braucht nicht lange zu warten, bis man treue Kunden am Tante-Emma-Automaten trifft. Auch Einwohnerin Katrin Müller gehört dazu. Sie komme im Notfall hierher, sagt sie, wenn sie eben etwas dringend bräuchte. Und um sich die Fahrt zum fünf Kilometer entfernten, nächstgelegenen Supermarkt zu sparen.
Touristen nutzen Angebot auch
Beliebt ist der Automat auch bei Touristen. In Trautenstein gibt es einige Ferienwohnungen, der Ort ist ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen. Vor allem Getränke würden von den Wanderern gekauft, ebenso Süßigkeiten und Riegel, sagt Ortsbürgermeisterin Meyer.
Doch nicht alles war positiv im ersten Jahr des Trautensteiner Tante-Emma-Automaten. Heidrun Meyer ist noch immer fassungslos, dass sich vor kurzem randalierende Diebe an dem Automaten zu schaffen gemacht haben. Niemals hätte sie das gedacht. Immerhin steht der Automat mitten im Ort und abseits der Hauptstraße, in einer Nische des Dorfgemeinschaftshauses, die sogar mit einer Tür verschlossen werden kann.
Diebe zerbrechen Wurstgläser und Eier
Die Diebe hätten den Automaten mit viel Gewalt nach vorn gekippt und wohl gehofft, auf diese Weise nach einmaligem Bezahlen kostenlos an weitere Waren zu kommen. Das Ergebnis seien zerbrochene Getränkeflaschen und Wurstgläser sowie viele kaputte Eier gewesen.
Jetzt hätten sie den Automaten so verankert, dass er nicht mehr gekippt werden könne, erklärt Heidrun Meyer. Außerdem sei der Automat statt wie bisher rund um die Uhr jetzt nur noch am Tage zugänglich – vorerst jedenfalls.
Bürgermeisterin zieht positive Bilanz
Im Großen und Ganzen würde ich sagen: Es läuft!
Trotzdem ist die Bürgermeisterin zufrieden mit dem ersten Jahr. Heidrun Meyer fasst zusammen: "Im Großen und Ganzen würde ich sagen: Es läuft!" Immerhin hat ihr Ort damit eine sehr kleine aber feine Einkaufsmöglichkeit für Dinge, für die Einheimische und Urlauber sonst erst in den Nachbarort fahren müssten.
MDR (Carsten Reuß, Luise Kotulla)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 12. Januar 2024 | 12:40 Uhr
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