Ein Kleinod auf der Kippe Bergwerksmuseum im Harz: Wie ein Verein die Grube Glasebach notdürftig erhält
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19. März 2025, 13:53 Uhr
Das Besucherbergwerk "Grube Glasebach" in Straßberg im Unterharz bei Harzgerode ist mit seinen Bergbauzeugnissen aus dem 17. und 18. Jahrhundert etwas ganz Besonderes. Doch die Besucherzahlen gehen zurück. Vieles müsste saniert oder erneuert werden. Eine neues Museumskonzept sieht genau das vor. Die Umsetzung kostet aber rund sechs Millionen Euro. Derweil pflegen Mitglieder eines Fördervereins das Bergwerk ehrenamtlich.
- Im Ostharz macht sich ein Verein für den Erhalt des Jahrhunderte alten Bergwerks Grube Glasebach stark.
- Doch der Verein kommt an seine Grenzen, eine grundlegende Sanierung scheint unausweichlich.
- In Harzgerode ist das Thema bekannt, hat aber keine Priorität – Fördermittel sollen in den nächsten Jahren beantragt werden.
Nebelschwaden ziehen über die Hochfläche. Es ist kühl an diesem Samstagmorgen im März. Erstmals nach der Winterpause treffen sich die Mitglieder des Montanvereins Ostharz wieder zum Arbeitseinsatz. Sie wollen endlich wieder einmal "einfahren". Untertage wollen sie dringend notwendige Sicherungsarbeiten durchführen. Und das bedeutet Schwerstarbeit.
Wenig später wuchten mehrere Männer einen Balken unter die Firste, die Decke eines Stollens. Torsten Honkisch, der Vorsitzende des Vereins, bedient eine schwere Bohrmaschine. Er bohrt Löcher für eine eiserne Klammer, die den Balken halten soll. Der Balken soll das an der Oberfläche porös gewordene Gestein abstützen.
Verein will Bergbautradition erhalten
Die bis 1856 betriebene Grube Glasebach im zu Harzgerode gehörenden Ort Straßberg ist das Steckenpferd der 28 Vereinsmitglieder. Sie alle eint die Hingabe zur Bergbautradition.
"Das steckt irgendwie in einem drin", sagt Marco Runschke. Er ist Vereinsmitglied und arbeitet auch in der Grube, als Angestellter der Arbeitsfördergesellschaft AFG Harz mbH, die im Auftrag der Stadt Harzgerode das Besucherbergwerk betreibt. Marco Runschke führt sonst Besucher durch die alten Stollen. Jetzt kann er unter Tage arbeiten. "Das macht auch richtig Spaß", sagt er. Er wolle die Grube unbedingt für die Nachwelt erhalten.
Das wollen hier alle. Deshalb sind sie Mitglieder im Verein. Die meisten waren einst selbst Bergleute oder ihre Vorfahren waren es. Vereinsvorsitzender Torsten Honkisch ist selbst Bergbauingenieur. Doch Honkisch und seine Mitstreiter sind beunruhigt. In dem alten Bergwerk gibt es ständig etwas zu erneuern oder zu reparieren. Manches schaffen die Vereinsmitglieder nur mühsam. Vieles übersteigt auch ihre Kräfte und Möglichkeiten.
Bergbau schon im 17. Jahrhundert
Honkisch zeigt eine alte Abbaustelle. Das sei original 18. Jahrhundert und damit etwas Besonderes, erklärt er. Erstmals wird die Grube Glasebach im Jahr 1689 erwähnt. Mehrmals geschlossen und wieder aufgefahren, wurde der Abbau schließlich im Jahr 1856 eingestellt. Auf einem Holzstück in einem Stollen ist zum Beispiel eine Rinne zu erkennen, die Abdrücke einer Karre, sie ist vor Jahrhunderten entstanden. So alte bergbauliche Zeugnisse finde man eigentlich kaum in Besucherbergwerken, erklärt Honkisch. Das mache die Grube Glasebach zu etwas ganz Besonderem.
Vereinsmitglieder brauchen Unterstützung
Die Vereinsmitglieder sorgen dafür, dass solche Stellen für Besucher sicher erreichbar bleiben. Sie wechseln zum Beispiel Stützen und Balken aus, so wie jetzt in einer großen Gemeinschaftsaktion. Bis zu sechs Männer gleichzeitig werkeln an dem Balken, der das Gestein abstützen soll. Mit wuchtigen Hammerschlägen werden Stützen darunter befestigt. Es ist eng und anstrengend.
Solche Sicherungs- und Aufräumarbeiten können die Vereinsmitglieder leisten. Doch es müsste auch vieles grundlegend saniert oder erneuert werden. Das große Kunstrad, das Wasserrad, das einst die Pumpen zur Entwässerung antrieb, braucht eine neue Welle, damit es wieder in Funktion gezeigt werden kann. Die Gebäude stammen alle aus den 1950er-Jahren und müssten erneuert werden. Das betrifft auch die Ausstellung, die im Moment eine Sammlung von Gegenständen ist.
Die Besucher sollen vom Leben der Bergleute erfahren, statt nur die stummen Sachzeugen anzuschauen.
Das sei nicht mehr zeitgemäß, so Torsten Honkisch. Deshalb soll die Ausstellung neu konzipiert werden. So sollen die Erinnerungen von Bergleuten viel stärker berücksichtigt werden. "Die Besucher sollen vom Leben der Bergleute erfahren, statt nur die stummen Sachzeugen anzuschauen", so der Vereinsvorsitzende.
Zukunft des Bergwerks von Fördermitteln abhängig
Im zuständigen Rathaus von Harzgerode trifft der Verein auf offene Ohren. Damit das Bergwerk eine Zukunft haben kann, wurde sogar schon ein neues Museumskonzept in Auftrag gegeben. Harzgerodes Bürgermeister Marcus Weise präsentiert Grafiken von neuen Gebäuden und von Ausstellungsdetails. Die Umsetzung des Konzepts würde allerdings rund sechs Millionen Euro kosten – im Moment zu viel Geld für die Stadt.
Weise spricht von gerade mal etwas mehr als 4.000 Besuchern im Jahr. Das sei zu wenig. Die Grube sei ein touristisches Highlight der Stadt. Man wolle deshalb dort auch investieren. Doch Weise bremst auch: "Tatsächlich hängt es davon ab, wie und in welchem Umfang wir Fördermittel bekommen können", erklärt er. Damit stehe und falle alles. Im Moment hätten in Harzgerode andere Ausgaben Priorität: Straßen, Feuerwehr und der gerade begonnene Neubau der Schwimmhalle.
Marcus Weise macht Hoffnung auf die nächsten Jahre. Der Plan sei, dass in zwei bis drei Jahren die Förderanträge gestellt werden, und bei Bewilligung dann in fünf Jahren, also etwa im Jahr 2030, gebaut wird.
An den ehrenamtlichen Helfern um Torsten Honkisch vom Montanverein soll es nicht liegen. Sie wollen weiter ihr Bestes geben beim Erhalt der Grube. Bei der Umsetzung des neuen Museumskonzepts würden sie gern tatkräftig mithelfen. Doch es müsse bald etwas passieren, so Honkisch. Wenn es keine Förderung gebe, sagt er, sei die Zukunft der Grube Glasebach nicht mehr gesichert. "Wir allein werden es nicht schaffen".
MDR (Carsten Reuß, Anne Gehn-Zeller) | Erstmals veröffentlicht am 18.03.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 18. März 2025 | 19:00 Uhr
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