Schulgipfel Gewerkschaft zum Lehrermangel: Gespartes Geld für Schulen nutzen
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19. Januar 2023, 11:47 Uhr
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert, durch Lehrermangel gespartes Geld für Schulen zu verwenden. Sachsen-Anhalts GEW-Landeschefin Gerth sagte MDR AKTUELL, Schulen hätten viel zu wenig Personal. Doch das gesparte Geld werde nicht für Übergangslösungen oder Verbesserungen an Schulen ausgegeben. Ministerpräsident Haseloff hat den gravierenden Lehrermangel und Unterrichtsausfall mittlerweile zur Chefsache gemacht und für Donnerstag zu einem Schulgipfel eingeladen.
- Man müsse sich dem Problem annehmen. Es sei nicht auf die Schnelle lösbar, sagt Schulleiter Andreas Slovig.
- Die Maßnahmen hätten alle einen Fehler, findet Eva Gerth von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft.
- "Wir kennen die Therapie, aber die Therapie ist teuer", erklärt Bildungspolitikerin Susann Sziborra-Seidlitz.
Seit Jahren sinkt in Sachsen-Anhalt die Zahl der unterrichteten Stunden. Dabei gibt es Zulagen für besonders schwer zu besetzende Stellen. Auch ohne Lehramtsabschluss kann es per Seiten- oder Quereinstieg vor die Klasse gehen. Professionelle Fachkräftewerber suchen im Namen des Landes nach möglichen Lehrkräften. Außerdem wird die Besserbezahlung von Grundschullehrkräften diskutiert und das gegen großen Widerstand vor allem auf konservativer Seite.
Andreas Slovig ist Lehrer für Deutsch und Geschichte und Schulleiter des Christian-Wolf-Gymnasiums in Halle. Slovig ist außerdem Vorsitzender aller Schulleiter und Schulleiterinnen an Gymnasien im Land und sitzt deswegen am Donnerstagnachmittag mit am Tisch.
Slovig: Problem nicht auf Schnelle lösbar
Auf die Frage, was bei diesem Schulgipfel herauskommen muss, antwortet er: "Am ehrlichsten wäre es, den Leuten knallhart zu sagen, dass dieses Problem nicht auf die Schnelle lösbar ist. Sondern, dass wir dieses Problem annehmen und bewegen müssen und sehen, dass wir das Beste daraus machen. Ich glaube, da gibt es schon sehr viele gute Ansätze, die auch aus dem Bildungsministerium kommen und die kann man nur weiter pflegen. Ansonsten heißt es vor Ort, sich ehrlich zu machen. Und zu sagen: Die Schulbildung wird zumindest in der Quantität nicht den Umfang der vergangenen Jahre haben."
Gerth: Maßnahmen haben alle einen Fehler
Ist der Patient etwa austherapiert? Bei dieser Frage schüttelt die Chefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Eva Gerth, energisch den Kopf. Es seien zwar viele Maßnahmen angeschoben, sie alle hätten aber einen Fehler, ist Gerth überzeugt.
"Die Sekundarschulen haben 75 Prozent Unterrichtsversorgung, man versucht jetzt über neue Unterrichtsmodelle - vier plus eins, also einen freien Tag in der Woche oder über 40 plus fünf, also man knappst von jeder Stunde fünf Minuten ab und nutzt die dann anderweitig. Man versucht das alles aus eigenen Kräften irgendwie hinzukriegen. Das System kann im Moment aus eigenen Kräften kaum noch reagieren", erklärt die Gewerkschaftsvorsitzende.
Gerth: Geld anderweitig einsetzen
Deswegen der klare Appell der Gewerkschafterin an den Finanzminister, der am Donnerstag auch mit am Tisch sitzt: Es müsse dringend Geld freigegeben werden. Zum Beispiel das Geld, das liegen bleibe, weil viele Stellen an den Schulen nicht besetzt werden könnten, so Gerth.
"Wir haben viel zu wenig Personal in den Schulen, aber das Geld wird nicht dafür genutzt, um Verbesserungen in den Schulen anzuschieben und Übergangslösungen zu finden, sondern das Geld wird einfach irgendwo anders im Landeshaushalt genutzt, sodass wir an den Schulen tatsächlich nichts davon haben", schildert sie.
Sziborra-Seidlitz: Therapie bekannt, aber teuer
Das wäre auch aus Sicht der Bildungspolitikerin Susann Sziborra-Seidlitz von den Grünen eine gute Maßnahme.
Sie sagt: "Ich glaube nicht, dass der Patient austherapiert ist, aber er ist in einer sehr schwierigen Situation und in einer sehr ernsten Lage. Wir kennen die Therapie, aber die Therapie ist teuer und dann muss man sich eben entscheiden, ob man das macht oder nicht. Ich glaube aber darüber hinaus, dass es grundsätzlich eine Betrachtung wert ist, dass wir da sehr viel Nachwuchs bräuchten und dass wir diesen Nachwuchs im eigenen Land gar nicht haben und auch in den Nachbarbundesländern nicht."
Es wird neue Wege und radikale Ideen brauchen, ist Sziborra-Seidlitz überzeugt.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 19. Januar 2023 | 06:00 Uhr