Enquete-Kommission im Landtag Rundfunkreform: Experte fordert weniger Unterhaltung und mehr Information
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12. Mai 2023, 19:24 Uhr
Eine Enquete-Kommission im Landtag von Sachsen-Anhalt will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reformieren. Dadurch soll der Rundfunk Vertrauen zurückgewinnen. Der Medienrechtler Hubertus Gersdorf schlug vor, den Anstalten im Programm mehr Information und weniger Unterhaltungsformate vorzuschreiben.
- Für einen Experten der Uni Leipzig sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk künftig auf bestimmte Unterhaltungsformate verzichten.
- Die Politik könne auch festlegen, wie viel Geld in welche Programm-Genres fließe.
- Linke und FDP zeigten sich den Vorschlägen gegenüber skeptisch.
Für den Staats- und Medierechtler Hubertus Gersdorf von der Uni Leipzig sollten bestimmte Unterhaltungsformate zukünftig im öffentlich-rechtlichen Rundfunk keinen Platz mehr haben. "Ich tue mich schwer, wenn man den Bürgern für Formate ins Portemonnaie greift, die private Sender auch und sogar besser machen", sagte der Experte am Freitag vor der Enquete-Kommission zur Reform des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks im sachsen-anhaltischen Landtag. Als Beispiel nannte er etwa Quizshows, "Wetten" und billig gemachte Krimis.
Die Kommission will nach eigenen Angaben Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurückgewinnen und konkrete Reformvorschläge erarbeiten. Es geht unter anderem darum, Rundfunkbeiträge effizienter einzusetzen, die Strukturen der Rundfunkanstalten zu überarbeiten und die Kontrollgremien zu stärken.
Dabei ist die Frage zentral, welche verfassungsgemäßen Spielräume Politik hat, Einfluss auf die Struktur, die Finanzierung und das Programm der Rundfunk-Anstalten zu nehmen.
Was ist eine Enquete-Kommission?
Der Begriff Enquete leitet sich aus dem Französischen ab und bedeutet Untersuchung. Eine parlamentarische Enquete-Kommission kann besonders wichtige Themen beleuchten. Das Gremium ist aber kein Untersuchungsausschuss des Parlaments, sondern soll vielmehr für die Zukunft eine gemeinsame Position und konkrete Reformvorschläge erarbeiten.
In Sachsen-Anhalt besteht eine solche Kommission in der Regel aus 13 Abgeordneten und vier Sachverständigen. Die Bildung von Enquete-Kommissionen ist in Artikel 55 der Verfassung von Sachsen-Anhalt geregelt. Dort heißt es: "Der Landtag hat das Recht, zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche oder bedeutsame Sachkomplexe Enquete-Kommissionen einzusetzen."
Experte Gersdorf: Spielräume bei den Programmschwerpunkten
Für Medienrechtler Gersdorf besteht vor allem Gestaltungsspielraum bei der Frage, welche Schwerpunkte die Sender im Programm setzen sollen. So sei es verfassungsrechtlich kein Problem, in Staatsverträgen festzulegen, dass sich die Rundfunk-Anstalten mehr auf Bildung und Information konzentrieren sollen. "Ich möchte, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Qualitätsversorger wird", sagte Gersdorf. Die Politik könne hierbei auch festlegen, welcher Anteil an finanziellen Mitteln in diese Bereiche fließen muss und wie viele Sendeanteil sie bekommen sollen.
Dass auch Unterhaltungssendungen durchaus zum gesellschaftlichen Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien gehören, betonte Gersdorf gleichwohl. Sie müssten aber gewissen Qualitätsansprüchen genügen.
Grenzen zwischen Unterhaltung und Information fließend
Kritik an den Ausführungen Gersdorfs kam unter anderem von Stefan Gebhardt (Linke), der auch im MDR-Rundfunkrat sitzt. "Die Grenzen zwischen Unterhaltung, Kultur und Information sind fließend, wo kann man da den klaren Cut setzen?", äußerte Gebhardt seine Skepsis. Außerdem führe der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Menschen über Unterhaltung auch an seine Informationsangebote heran. Ein komplettes Sendeschema vorzugeben, sei zudem ein direkter Eingriff der Politik ins Programm, so Gebhardt.
Guido Kosmehl (FDP), der ebenfalls im Rundfunkrat sitzt, widersprach Aussagen Gersdorfs, wonach beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk das meiste Geld in die Unterhaltung fließe. Nur 21 Cent aus dem monatlichen Rundfunkbeiträg würden in Unterhaltungsformate der ARD fließen.
Der Kommissionsvorsitzende Chris Schulenburg (CDU) und sein Parteikollege Marco Tullner zeigten sich dagegen den vom Experten aufgezeigten Gestaltungsspielräumen gegenüber eher aufgeschlossen.
Bundesweit erste Initiative dieser Art
Ende Januar hatte der Landtag von Sachsen-Anhalt die Einführung der Enquete-Kommission zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschlossen. Hintergrund sei auch das im vergangenen Jahr bekannt gewordene Fehlverhalten von Führungspersonen etwa beim RBB, NDR oder MDR, heißt es im Antrag.
Den Antrag hatten die Regierungsfraktionen CDU, SPD und FDP gemeinsam mit der Linksfraktion eingereicht. Die Abgeordneten hatten fraktionsübergreifend dafür gestimmt. Es ist bundesweit die erste Initiative dieser Art in einem Landtag.
MDR (Daniel Salpius)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 12. Mai 2023 | 17:00 Uhr
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