Landtagswahl SPD-Mitglieder entscheiden über Spitzenkandidatur – So laufen die Vorbereitungen bei den anderen Parteien
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27. Juni 2020, 18:33 Uhr
Wer führt die SPD in den Wahlkampf zur Landtagswahl 2021? Seit Sonnabend können knapp 3.500 Mitglieder der Partei darüber abstimmen. Mitte Juli soll die Entscheidung stehen. Ganz so weit sind die anderen Parteien in Sachsen-Anhalt noch nicht. Dort laufen die Vorbereitungen für die Landtagswahl 2021 noch im Hintergrund. MDR SACHSEN-ANHALT analysiert die aktuelle Lage.
Die Sozialdemokraten sind früh dran. Diesen Sonnabend beginnt bei der SPD in Sachsen-Anhalt der Mitgliederentscheid. Knapp zwei Wochen haben rund 3.500 Genossen dann Zeit, über eine der wichtigsten SPD-Personalien in der jüngeren Vergangenheit abzustimmen. Am 10. Juli wird sich entscheiden, wer die Sozialdemokraten in Richtung Landtagswahl 2021 führt: Ob es Katja Pähle sein wird – die Fraktionschefin der SPD im Landtag? Oder aber der Politologe Roger Stöcker – SPD-Stadtrat in Hecklingen?
Die Landtagswahl 2021 Fünf Jahre nach der Landtagswahl 2016 wird in Sachsen-Anhalt kommendes Jahr ein neuer Landtag gewählt. Wahltermin ist der 6. Juni 2021.
SPD: Die Mitglieder entscheiden
Die Ausgangslage
Die SPD mag es basisdemokratisch. Die Mitgliederentscheide im Bund – egal, ob zur GroKo oder dem SPD-Parteivorsitz – haben das gezeigt. Nun also ein weiterer Mitgliederentscheid auf Landesebene – mit einer ebenso drängenden Frage: Wer führt die SPD bei der nahenden Wahl wieder zu Kräften (auch zahlenmäßig)? Trauen die Genossen ihrer etablierten Fraktionschefin Katja Pähle zu, die Partei zu stärken? Oder setzen sie mehrheitlich auf einen landesweit weitgehend unbekannten Neuling? Bis 10. Juli – 14 Uhr – wird entschieden, teilte ein Parteisprecher MDR SACHSEN-ANHALT mit. Bis zum frühen Abend soll das Ergebnis stehen. Die knapp 3.500 wahlberechtigten Parteimitglieder hatten sich in den vergangenen Wochen bei insgesamt fünf Regionalkonferenzen ein Bild von beiden Kandidaten machen können, zuletzt erst Freitagabend in Merseburg.
Fazit
Gelingt es der SPD, nach dem verheerenden Wahlergebnis von 2016 (10,2 Prozent) wieder zu neuen Kräften zu kommen? Das ist die Frage, an der sich am Ende auch die oder der Spitzenkandidat wird messen lassen müssen. Entscheidend dafür wird auch sein, was die SPD in ihr Wahlprogramm schreibt, das am 7. November auf einem Landesparteitag beschlossen werden soll. Schon jetzt ist laut Partei klar, dass zu den Kernthemen das Ankurbeln der Wirtschaft nach Corona und eine komplette Beitragsfreiheit für Kitas gehören werden. Die Landeslisten für Bundes- und Landtagswahl sollen im Februar 2021 beschlossen werden.
CDU: Altbewährtes oder ein "neues" Gesicht?
Die Ausgangslage
Vor ein paar Monaten schien alles klar: Holger Stahlknecht, seit 2011 Innenminister und seit 2018 Chef der Landes-CDU, führt die Christdemokraten in den Wahlkampf zur Landtagswahl 2021 – so die Annahme. Dann kam die Corona-Krise – und Reiner Haseloff gefiel, so der Anschein, die Rolle des Krisenmanagers. Seit Ausbruch der Pandemie gibt Haseloff den Landesvater. Bei den Wählerinnen und Wählern kommt das gut an. Die Beliebtheitswerte des 66-Jährigen sind so hoch wie nie.
Was bedeutet das für die Ambitionen von Holger Stahlknecht? Der 55-Jährige wird abwarten und sich in Geduld üben müssen. Im Frühjahr hatte Stahlknecht grundsätzliches Interesse an der Spitzenkandidatur geäußert – zugleich aber betont, nicht gegen Haseloff antreten zu wollen.
Dazu kommt: Bei so mancher Krise der Landes-CDU hat Stahlknecht vor allem voriges Jahr kein besonders glückliches Bild abgegeben. Von resoluten und konsequenten Entscheidungen wie jüngst im Falle der Nazi-Verbindungen des Ex-CDUlers Kai Mehliß waren Stahlknecht und der Landesvorstand in der Causa Wendt oder der Affäre um die Nazi-Vergangenheit von Kreispolitiker Robert Möritz jedenfalls weit entfernt.
Fazit
Es hängt alles an Reiner Haseloff. Geht er ein drittes Mal als Spitzenkandidat für seine CDU ins Rennen? Oder überlässt er Stahlknecht als seinem logischen Nachfolger die Bühne? Eine Entscheidung wird, so die CDU, im Herbst fallen. Am 21. November soll bei einer Landesvertreterversammlung in Dessau-Roßlau gewählt werden. Im März 2021 will die CDU einer Sprecherin zufolge ihr Regierungsprogramm für die Landtagswahl beschließen.
AfD: Entscheidung bis spätestens Anfang 2021
Die Ausgangslage
Seit die AfD 2016 in den Magdeburger Landtag eingezogen ist, hat sich viel getan. André Poggenburg? Damals der politische Kopf in Landesverband und Fraktion? Längst Geschichte und auf dem Weg in die politische Bedeutungslosigkeit. Die Fraktion? Hat in den vergangenen Jahren vier Abgeordnete verloren. Jens Diederichs ging zwischenzeitlich zur CDU-Fraktion, Sarah Sauermann und Gottfried Backhaus sitzen inzwischen als fraktionslose Abgeordnete neben ihrem früheren Chef André Poggenburg.
Wer über die AfD im Landtag spricht, kann das nicht tun, ohne über ungezählte öffentlich ausgetragene personelle Querelen zu sprechen. Seit Oliver Kirchner als Fraktionschef übernommen hat, ist nach außen zwar vieles ruhiger – die AfD bleibt trotzdem eine große Wundertüte, die im Landtag immer wieder über die Grenzen des guten Geschmacks hinausschießt. Es ist folgerichtig, dass Fraktionschef Kirchner nach Angaben von Parteikreisen als aussichtsreicher Bewerber für die Spitzenkandidatur gilt. Die Partei selbst hält sich aber bedeckt. Zu Personalfragen werde man sich zu gegebener Zeit äußern, teilte ein Mitarbeiter der Landesgeschäftsstelle MDR SACHSEN-ANHALT mit. Demnach will die Partei Ende September zusammenkommen, um einen neuen Landesvorstand zu wählen. Die Listenwahlen für Landtags- und Bundestagswahl seien Ende dieses oder Anfang kommenden Jahres geplant.
Fazit
Das Ziel der AfD ist klar: Partei und Fraktion wollen ihren spektakulären Einzug in den Landtag – 2016 kam die AfD auf 24,2 Prozent der Wählerstimmen – wiederholen. Ob ihr das angesichts vieler indiskutabler Auftritte im Landtag am Ende gelingt, ist fraglich. Eine aktuelle repräsentative Umfrage deutet aber daraufhin, dass die AfD auch 2021 zweitstärkste Kraft im Landtag werden könnte – wenn auch mit Stimmenverlusten.
Linke: Dieses Mal Rot-Rot-Grün?
Die Ausgangslage
Ginge es nach der Linken, würde Sachsen-Anhalt künftig wohl von einem rot-rot-grünen Bündnis von Linken, SPD und Grünen regiert. Entsprechende Annäherungsversuche der Linken hat es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben, meist nicht zum Wohlwollen der CDU. Fragt sich: Mit wem zieht die Linke in den Wahlkampf? Schafft die Kandidatin oder der Kandidat es, ausreichend Wählerstimmen zu sammeln, damit ein solches Bündnis rechnerisch überhaupt möglich wäre? Aktuell gebe es noch keine schriftlichen Bewerbungen oder Interessensbekundungen für Listenplatz 1, teilte ein Parteisprecher MDR SACHSEN-ANHALT mit.
Im Juli will die Linke aber zum ersten Mal über einen Personalvorschlag beraten. Final gewählt werden soll dann auf einer Vertreterversammlung Ende Januar 2021. Schon jetzt läuft laut Partei die Arbeit an den Kernthemen einer Wahlkampagne. Dabei würden auch die Stadt- und Kreisverbände mit einbezogen.
Fazit
Noch ist unklar, mit welchen Kernthemen die Linke in den Landtagswahlkampf ziehen will. Man muss aber kein Prophet sein, um zu erahnen, dass soziale Gerechtigkeit dabei eine große Rolle spielen wird.
Grüne: Wieder regieren?
Die Ausgangslage
Diese eine Pressemitteilung hat den Anspruch der Grünen untermauert: Claudia Dalbert, hieß es vor wenigen Wochen, stehe auch in einer künftigen Landesregierung als Ministerin bereit. Das sind selbstbewusste Worte für eine Partei, die bei der Landtagswahl vor vier Jahren hauchdünn den Sprung ins Parlament geschafft hatte. Dabei hat dieses Selbstbewusstsein durchaus nachvollziehbare Gründe: Die Bündnisgrünen regieren in Sachsen-Anhalt seit gut vier Jahren an der Seite von CDU und SPD – und sie sind, zumindest bundesweit, im Aufwind und inzwischen ernstzunehmender Konkurrent der CDU. Dennoch fragt sich: Können die Grünen diesen Höhenflug auch in Sachsen-Anhalt fortsetzen? Dem Land, in dem Grüne traditionell von weniger Menschen gewählt werden als in urbanen Gegenden?
Cornelia Lüddemann – die Chefin der Grünen-Landtagsfraktion – wird versuchen, den Höhenflug auch auf Sachsen-Anhalt zu projizieren. Die 52-Jährige will bei einem Landesparteitag am 4. und 5. September für Listenplatz 1 kandidieren. Weitere Kandidatinnen oder Kandidaten gebe es bislang nicht, teilte ein Sprecher der Partei MDR SACHSEN-ANHALT mit.
Fazit
Um bei der Landtagswahl 2021 zu punkten, setzen die Grünen auf ihre Kernthemen: ökologische Erneuerung, der Kampf gegen den Klimawandel – all das soll eine Rolle im Parteiprogramm spielen, an dem bereits gearbeitet wird. Anfang März 2021 soll das Programm schließlich beschlossen werden. Die Grünen gehen mit viel Selbstvertrauen in diese Landtagswahl. Ihr Anspruch ist, dass in Sachsen-Anhalt "keine Landesregierung gegen Klimaschutz oder unter Beteiligung von Antidemokraten" gebildet werden kann.
FDP: Der nächste Versuch
Die Ausgangslage
Knapp verloren ist auch verloren. Bei der FDP in Sachsen-Anhalt wissen sie das nur zu gut. Bei der Landtagswahl im Frühjahr 2016 verpassten die Liberalen nur äußerst knapp den Einzug in den Landtag: 4,9 Prozent standen damals auf dem Wahldiagramm. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die FDP seither auch bundesweit wieder zugelegt hat. Der Wiedereinzug in den Bundestag 2017 zeugt davon. Nun wollen die Liberalen auch in Sachsen-Anhalt zurück in den Landtag. Die Arbeit am Wahlprogramm hat schon begonnen, teilte FDP-Hauptgeschäftsführer Andreas Schnurpel MDR SACHSEN-ANHALT mit. In der zweite Hälfte des Jahres soll der Entwurf demnach "breit in der Partei diskutiert" werden. Voraussichtlich am 26. September will die FDP dann Lydia Hüskens zur Spitzenkandidatin wählen. Hüskens – stellvertretende Landeschefin der FDP – ist nach Parteiangaben bislang die einzige Kandidatin.
Fazit
Die Stimmung der FDP gegenüber ist besser als noch bei der Landtagswahl 2016. Das steigert auch die Chancen für einen Wiedereinzug in den Magdeburger Landtag. Dass die FDP nach eigenen Angaben vor allem mit den Themen Wirtschaft und Bildung punkten will, ist wenig überraschend. Beides sind Kernthemen der Liberalen. Dazu kommt: Wegen der Corona-Krise gibt es zu beiden Themen großen Redebedarf.
Freie Wähler: Reicht es für den Landtag?
Die Ausgangslage
In Bayern regieren sie gemeinsam mit der CSU. Ganz so schnell wird es in Sachsen-Anhalt wohl nicht gehen. Doch die Freien Wähler sollte man auf dem Zettel haben. Die Partei wächst schnell, will nach eigenen Angaben bis August in allen 14 Landkreisen und kreisfreien Städten Kreisverbände gründen. Die Landesliste für die Wahl soll Anfang kommendes Jahr aufgestellt werden, sagte Vize-Landeschef Stefan Kretschmar jüngst der Deutschen Presse-Agentur.
Fazit
Wer über die Landtagswahl spricht, sollte die Freien Wähler nicht vergessen. 2016 holte die Partei 2,2 Prozent der Wählerstimmen. Eine Steigerung ist möglich – vor allem, weil die Freien Wähler sich nach und nach regional etablieren.
Über den Autor Luca Deutschländer arbeitet seit Januar 2016 bei MDR SACHSEN-ANHALT – in der Online-Redaktion und im Hörfunk. Seine Schwerpunkte sind Themen aus Politik und Gesellschaft. Bevor er zu MDR SACHSEN-ANHALT kam, hat der gebürtige Hesse bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeine in Kassel gearbeitet. Während des Journalistik-Studiums in Magdeburg Praktika bei dpa, Hessischem Rundfunk, Süddeutsche.de und dem Kindermagazin "Dein Spiegel". Seine Lieblingsorte in Sachsen-Anhalt sind das Schleinufer in Magdeburg und der Saaleradweg – besonders rund um Naumburg. In seiner Freizeit steht er mit Leidenschaft auf der Theaterbühne.
Quelle: MDR/ld
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