Erwartungen, Hoffnungen Noch ein Jahr bis zur Landtagswahl: Was den Menschen in Sachsen-Anhalt wichtig ist

06. Juni 2020, 10:53 Uhr

In Sachsen-Anhalt wird in genau einem Jahr ein neuer Landtag gewählt. Am 6. Juni 2021 haben die Wähler das Wort. MDR SACHSEN-ANHALT hat Menschen gefragt, was ihnen bis zur Wahl wichtig ist. Schon jetzt ist klar: Die Folgen der Coronavirus-Pandemie werden einen großen Einfluss auf die Wahl haben.

In Sachsen-Anhalt wird in genau einem Jahr ein neuer Landtag gewählt. Am 6. Juni 2021 wird sich entscheiden, wer das Land bis 2026 regieren wird.

Was die Sachsen-Anhalter denken

Die Stimmung in der Corona-Krise zeigt: Viele Menschen sind in Sorge. Das deckt sich auch mit einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap für den MDR. Das Meinungsforschungsinstitut hatte gefragt, wie sehr sich die Sachsen-Anhalter beim Blick auf die Wirtschaft sorgen. Ergebnis: Fast zwei Drittel machen sich "große" oder "sehr große" Sorgen um die Entwicklung der Wirtschaft im Land.

Eine Straßenumfrage von MDR SACHSEN-ANHALT zeigt, dass den Menschen im Land aber noch ganz andere Dinge wichtig sind: Während einige höhere Ausgaben für Bildung und Umweltschutz verlangen, hoffen andere, dass die Regierung von Reiner Haseloff (CDU) bis zur Wahl mehr für sozial benachteiligte Rentner unternimmt. Das Spektrum der genannten Themen ist breit, die Entscheidungsgrundlage im Vorfeld der Wahl ebenso.

Gerade in den kleineren Städten, wie etwa Naumburg oder Stendal, wünschen sich die Menschen mehr Unterstützung von der Landesregierung. Etwa bei kulturellen Angeboten, Freizeitmöglichkeiten, öffentlichem Nahverkehr oder beim Internetausbau. Obwohl die Städte oft schick hergerichtet sind, fühlen sich die Menschen oft abgehängt und vermissen Dinge, die das Zusammenleben in der Stadt verschönern oder vereinfachen würden.

Die politische Ausgangslage

Die Landtagswahl 2021 wird eine Richtungsentscheidung. Das mag abgedroschen klingen – ist aber vor allem mit Blick auf die letzte Landtagswahl vor vier Jahren eine logische Schlussfolgerung. Eine große Frage wird nämlich sein, wie die AfD im kommenden Sommer abschneidet – und ob sie ihren großen Wahlerfolg von 2016 wiederholen kann. Damals hatte knapp ein Viertel der Wähler für die Partei gestimmt. Wäre diesen Sonntag Landtagswahl, käme die Partei auf 19 Prozent.

1.003 Wahlberechtigte telefonisch befragt

Für den Sachsen-Anhalt-Trend hat das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap 1.003 Wahlberechtigte telefonisch befragt. Die Daten wurden zwischen 28. Mai und 3. Juni erhoben und sind repräsentativ.

Wer die politische Ausgangslage betrachtet, kann das nicht tun, ohne die Corona-Krise zu berücksichtigen: Das Krisenmanagement der Landesregierung hat Grünen, SPD und vor allem der CDU Rückenwind verliehen. Ministerpräsident Haseloff ist in der Wählergunst so beliebt wie noch nie: 76 Prozent der Sachsen-Anhalter sind laut aktueller repräsentativer Umfrage "zufrieden" oder "sehr zufrieden" mit Haseloff. An dieser Stelle greift eine bekannte politische Regel: In der Krise profitiert die Regierung – weniger die Opposition.

Reicht es für Rot-Rot-Grün?

Interessant wird sein, ob die Grünen ihren bundesweiten Höhenflug der vergangenen Monate auf Sachsen-Anhalt übertragen können. Im Osten schneidet die Partei traditionell schlechter ab als in Westdeutschland. Können die Grünen also tatsächlich mehr punkten als noch vor vier Jahren, als der Einzug in den Landtag hauchdünn gelang? Und reicht ein besseres Abschneiden rechnerisch automatisch für ein linkes, rot-rot-grünes Bündnis? Entsprechende Gedankenspiele waren in den vergangenen Monaten immer wieder zu beobachten – vor allem, wenn es mal wieder zwischen SPD, Grünen und CDU krachte. Klar ist schon jetzt: Für Rot-Rot-Grün werden sich auch SPD und Linke steigern müssen. Die Sozialdemokraten hatten vor vier Jahren gerade einmal zehn Prozent der Wählerstimmen eingefahren und ihre Bundespartei so quasi auf die schweren Jahre der SPD eingestimmt. Bei einer Wahl diesen Sonntag käme die SPD auf 13 Prozent, die Linke stünde unverändert bei 16 Prozent. Für Rot-Rot-Grün würde das – zumindest aktuell – nicht reichen.

Kenia-Koalition könnte rechnerisch weitermachen

Die aktuell regierende Koalition von CDU, SPD und Grünen könnte dagegen bei den aktuellen Zustimmungswerten rein rechnerisch weitermachen. Die entscheidende Frage ist, ob sie das überhaupt möchte: Vertreter aller drei Partner haben in den vergangenen Jahren immer wieder betont, dass das sogenannte Kenia-Bündnis eine Koalition der Vernunft in schwierigen Zeiten war – auch, weil die Stimmen eine Koalition von CDU und SPD nicht hergegeben hätten. Vor allem zwischen Abgeordneten von CDU und Grünen knirscht es regelmäßig. Es war in den vergangenen Jahren oft Regierungschef Haseloff, der die Gemüter beruhigte und dafür sorgte, dass die Koaliton nicht auseinander flog.

Was bis zur Wahl wichtig wird

Bis wann müssen die Wahlvorschläge eingereicht werden? Wann werden die Wahlbenachrichtigungen verschickt? Welche Wahllokale gibt es? Antworten auf diese und viele weitere Fragen zur Vorbereitung und Umsetzung der Landtagswahl regelt die Wahlordnung des Landes. Sie beantwortet all das, was organisatorisch und logistisch in den kommenden zwölf Monaten wichtig wird. Anders die politische Auseinandersetzung: Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass sowohl die Haseloff-Regierung als auch die Parteien im Wahlkampf auf die Folgen der Coronavirus-Pandemie werden eingehen müssen. Sie werden das Land nachhaltig beschäftigen – wirtschaftlich wie gesellschaftlich.

So laufen die Vorbereitungen bei den Parteien

Noch ein Jahr bis zur Landtagswahl: Das bedeutet auch, dass die Vorbereitungen bei den Parteien längst begonnen haben – wenn auch zu einem großen Teil im Hintergrund. Die Corona-Krise hat ohnehin dafür gesorgt, dass in diesen Wochen andere Dinge im Vordergrund stehen – und weniger die politische Auseinandersetzung zwischen den Parteigrenzen.

So hat die CDU die eigentlich für diesen Monat geplante Kür ihres Spitzenkandidaten für die Wahl verschoben. Bis November soll sich entscheiden, ob Regierungschef Reiner Haseloff noch einmal antritt – oder ob der von vielen gehandelte Innenminister und CDU-Landeschef Holger Stahlknecht zugreift. Stahlknecht hatte schon vor einiger Zeit grundsätzlich Interesse signalisiert – seine Entscheidung aber davon abhängig gemacht, ob Amtsinhaber Haseloff noch einmal kandidieren will.

SPD will Spitzenkandidaten bis Mitte Juli küren

Die Sozialdemokraten in Sachsen-Anhalt sind da schon ein kleines Stück weiter: Sie wollen bis 10. Juli entscheiden, wer die Partei in den Landtagswahlkampf führen wird. Neben Fraktionschefin Katja Pähle hat sich auch der Politikwissenschaftler Roger Stöcker beworben. Wer am Ende das Gesicht der Partei im Wahlkampf wird, sollen die rund 3.500 Mitglieder der SPD in Sachsen-Anhalt entscheiden. Zuvor werden sich Pähle und Stöcker in fünf Regionalkonferenzen in allen Landesteilen der Parteibasis vorstellen.

Langsam zeigt sich: Der Countdown bis zur Landtagswahl – er beginnt genau jetzt.

Über Anne-Gehn-Zeller Anne Gehn-Zeller arbeitet seit 2009 in der Online-Redaktion von MDR SACHSEN-ANHALT. Ihre Schwerpunkte sind Themen aus Gesellschaft und Kultur. Außerdem interessiert sie sich für die netten Geschichten "von nebenan". Die gebürtige Stendalerin arbeitete, bevor sie zu MDR SACHSEN-ANHALT kam, bei der Volksstimme. Während ihres Studiums in Magdeburg absolvierte sie u.a. Praktika beim MDR, beim Mitteldeutschen Verlag in Halle und beim Deutschen Evangelischen Institut in Jerusalem. Ihre Lieblingsorte in Sachsen-Anhalt sind ihr Garten, das Unstruttal und die Radwege entlang der Elbe.

Über Oliver Leiste Oliver Leiste arbeitet seit Anfang 2015 bei MDR SACHSEN-ANHALT – mit dem Schwerpunkt Sport. Dabei begleitet er den Halleschen FC, den 1. FC Magdeburg und den SC Magdeburg durch alle Höhen und Tiefen. Zudem ist er immer auf der Suche nach spannenden Geschichten aus dem Süden Sachsen-Anhalts. Während seines Anglistikstudiums in Leipzig und auch danach war er für die Mitteldeutsche Zeitung in Halle und Radio Mephisto 97,6 am Ball. Als gebürtiger Bernburger hat er in Sachsen-Anhalt schon vieles gesehen und noch lange nicht genug davon.

Luca Deutschländer
Bildrechte: MDR/Jörn Rettig

Über Luca Deutschländer Luca Deutschländer arbeitet seit Januar 2016 bei MDR SACHSEN-ANHALT – in der Online-Redaktion und im Hörfunk. Seine Schwerpunkte sind Themen aus Politik und Gesellschaft. Bevor er zu MDR SACHSEN-ANHALT kam, hat der gebürtige Hesse bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeine in Kassel gearbeitet. Während des Journalistik-Studiums in Magdeburg Praktika bei dpa, Hessischem Rundfunk, Süddeutsche.de und dem Kindermagazin "Dein Spiegel". Seine Lieblingsorte in Sachsen-Anhalt sind das Schleinufer in Magdeburg und der Saaleradweg – besonders rund um Naumburg. In seiner Freizeit steht er mit Leidenschaft auf der Theaterbühne.

Quelle: MDR/ld

Dieses Thema im Programm: MDR Fernsehen | MDR um 11 | 05. Juni 2020 | 11:00 Uhr

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