Politische Aufarbeitung Untersuchungsausschuss im Landtag erwartet mehr als 100 Zeugen nach Anschlag in Magdeburg
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07. Februar 2025, 12:55 Uhr
Im Landtag von Sachsen-Anhalt beginnt der Untersuchungsausschuss kommende Woche mit seiner Arbeit: der Aufarbeitung des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Ziel ist, die Ereignisse, Umstände und Hintergründe zu untersuchen – und auch die Schuldfrage. Dafür werden voraussichtlich mehr als 100 Zeugen befragt. Ergebnisse sollen noch vor der nächsten Landtagswahl im Sommer 2026 vorliegen.
- Nach dem Anschlag in Magdeburg beginnt der Untersuchungsausschuss im Landtag am 13. Februar mit der Aufarbeitung.
- Der Ausschuss soll die Hintergründe des Anschlags klären – und die Schuldfrage. Der Endbericht soll Anfang 2026 vorgelegt werden.
- Bekannt ist: Sicherheitsbehörden hatten vor dem Anschlag Hinweise zum Täter.
Im Landtag von Sachsen-Anhalt beginnt in der kommenden Woche, am 13. Februar, der Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg mit seiner Arbeit. Die Vorsitzende Karin Tschernich-Weiske (CDU) erklärte, es sollten zeitnah Zeuginnen und Zeugen gehört werden, unter anderem Betroffene, Ersthelfer und Polizisten. So sollten die Abgeordneten einen genauen Überblick zum Tatgeschehen bekommen.
Am Ende könnte es 120 bis 150 Zeugen geben.
Der Großteil der Befragungen soll demnach bis zum Jahresende erfolgen, auch Mitarbeiter von Bundes- und Landesbehörden sowie von ausländischen Institutionen sollen geladen werden. "Am Ende könnte es 120 bis 150 Zeugen geben", sagte Tschernich-Weiske, "Wir haben bis Dezember Zeit, dann soll der Abschlussbericht entstehen."
Ausschuss soll Hintergründe des Anschlags in Magdeburg aufklären
Der Landtag hatte den parlamentarischen Untersuchungsausschuss in seiner Sitzung am 22. Januar eingesetzt und die 13 Mitglieder benannt. Der Untersuchungsausschuss soll unter anderem die Sicherheits- und Einsatzkonzepte für den Weihnachtsmarkt und deren Umsetzung beleuchten. Außerdem wird es um die Informationslage zum Täter gehen, der 50-Jährige stand vor der Tat bei Ermittlungsverfahren immer wieder in Kontakt mit den Behörden.
Der Antrag dafür kam von den Koalitionsfraktionen CDU, SPD und FDP. Sowohl Koalition als auch Opposition hatten im Vorfeld Anträge zur Besetzung des Ausschusses eingereicht. Der Untersuchungsausschuss soll laut Antrag das Geschehen, die Umstände und die Hintergründe des Anschlags untersuchen. Zunächst soll laut der Ausschuss-Vorsitzenden Tschernich-Weiske vor allem das Tatgeschehen selbst beleuchtet werden. In der Folge könnte es stärker um bestehende Strukturen und die Frage gehen, wie diese reformiert werden müssen.
Klärung der Schuldfrage
Das Innenministerium hat nach eigenen Angaben bereits die Unterlagen für das Sicherheitskonzept zur Verfügung gestellt. Zugleich laufe die juristische Aufarbeitung des Falls. In dem Ausschuss müssten auch Sicherheitskonzepte für Großveranstaltungen, einschließlich der Frage der Zuständigkeiten auf kommunaler und Landesebene sowie im Bereich des Maßregelvollzugs, geklärt werden, um mögliche "Versagen in den Institutionen" festzustellen, sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Eva von Angern.
Die Schuldfrage muss geklärt werden, sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU, Guido Heuer, vorab. Aus dem Untersuchungsausschuss könnten personelle Konsequenzen folgen. Das schließt auch die Ausschuss-Vorsitzende Tschernich-Weiske nicht aus.
Stichwort: Das ist ein Untersuchungsausschuss
Wenn ein Viertel der Abgeordneten einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragt, muss der Landtag von Sachsen-Anhalt einen solchen bilden. Besonders Oppositionsfraktionen haben damit die Möglichkeit, mögliche Missstände der Landesregierung aufzudecken. In der Wahlperiode 7 von 2016 bis 2021 gab es mit sechs Untersuchungsausschüssen in der Geschichte von Sachsen-Anhalt bislang die meisten – darunter zum Anschlag von Halle. Die Ausschüsse haben den Auftrag, zu einem für die Öffentlichkeit wichtigen Thema aufzuklären.
Dafür können sie Zeugen und Sachverständige vernehmen und sich Akten vorlegen lassen. Das Ergebnis fasst der Untersuchungsausschuss in einem Bericht für das Landtagsplenum zusammen. Die Abgeordneten in einem Untersuchungsausschuss arbeiten dabei unabhängig von der Landesregierung. Der Untersuchungsausschuss zum Anschlag von Magdeburg ist der erste in dieser Wahlperiode und der 21. insgesamt in der Geschichte von Sachsen-Anhalt seit 1990. Die Beratungen können sowohl öffentlich als auch nicht-öffentlich stattfinden.
Untersuchungsausschuss zu Magdeburg soll Endbericht bis Anfang 2026 vorlegen
Bis zur Landtagswahl im Sommer 2026 muss der Untersuchungsausschuss die Arbeit abschließen. Die Landtagsfraktionen in Sachsen-Anhalt hatten noch vor Einsatz und Beginn der Arbeit im Ausschuss ein zügiges Tempo bei der politischen Aufklärung des Anschlags in Magdeburg gefordert. Im Frühjahr des kommenden Jahres solle der parlamentarische Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht vorlegen, hieß es von den Fraktionschefs. Damit soll verhindert werden, dass das Thema im Landtagswahlkampf zu viel Raum einnimmt. "Alles andere würde tatsächlich nur zu einem Missbrauch im Rahmen des Wahlkampfes führen", sagte von Angern.
CDU-Fraktionschef Heuer sagte, es werde kein Ausschuss sein, der nur einmal im Monat tage. Das Interesse sei, dass der Ausschuss zügig zum Arbeiten komme und nicht als politisches Instrument ausgenutzt werden könne, betonte die Fraktionschefin der mitregierenden Partei SPD, Katja Pähle.
Regierungserklärung zum Anschlag
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte Ende Januar im Landtag eine Regierungserklärung zum Anschlag abgegeben, über die anschließend diskutiert wurde. Er erklärte, dass alle Tatumstände konsequent aufgeklärt werden und Betroffene gezielt unterstützt werden müssen. Die Landesregierung fühle sich den Opfern gegenüber verpflichtet, ähnliche Taten in Zukunft zu verhindern.
Mehrere Hinweise zum Täter bei Bundesländern und Bundesbehörden
Bereits Mitte Januar war bekannt geworden, dass sich Deutschlands Sicherheitsbehörden mit dem späteren Attentäter von Magdeburg etliche Male auseinandergesetzt hatten. Ein Bericht des Bundesinnenministeriums listet auf 16 Seiten insgesamt 110 Vorfälle auf. Demnach waren Stellen in sechs Bundesländern mit dem Täter beschäftigt, hinzu kämen etliche Bundesbehörden. Hinweise auf mögliche Straftaten habe es unter anderem auch aus Großbritannien gegeben. Bei dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt waren sechs Menschen getötet und knapp 300 verletzt worden.
Generalbundesanwalt ermittelt nicht zum Anschlag
Generalbundesanwalt Jens Rommel sieht nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt keinen Grund für eigene Ermittlungen. Rommel sagte dem SWR, es fehle ein Staatsschutzhintergrund. Es sei kein Angriff auf den Gesamtstaat. Der Täter habe zwar viele staatlichen Stellen bedroht, diese Drohungen jedoch nie umgesetzt. Zudem habe er mit ganz vielen anderen Stellen und Personen im Clinch gelegen.
Rommel erklärte, bei den Anschlägen in Solingen und Mannheim habe man die Täter klar einer terroristischen Organisation zuordnen können. Das sei in Magdeburg nicht der Fall. Rommel sagte, die Tat dürfte eher den Charakter einer "Amokfahrt aus persönlicher Frustration" haben als den Charakter einer terroristischen Tat gegen die Bundesrepublik oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
dpa, MDR (Christoph Dziedo, Susanne Ahrens, Lars Frohmüller, Maren Wilczek) | Zuerst veröffentlicht am 21. Januar 2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 07. Februar 2025 | 10:00 Uhr
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