Kommentar von Uli Wittstock zu Auswirkungen der Landtagwahlen
Auf Sachsen-Anhalts Politik kommt 2026 ein Stresstest zu, glaubt Uli Wittstock. Bildrechte: IMAGO/Wolfgang Maria Weber / Uli Wittstock/Matthias Piekacz / MDR

Kommentar Sachsen-Anhalt: Welche Auswirkungen haben die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen

03. September 2024, 17:10 Uhr

Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen können durchaus als historisch gelten. Die sehr deutlichen Gewinne für AfD und BSW zeigen deutlich, dass sehr viele Menschen das Gefühl haben, Deutschland befinde sich in einer Krise. Es waren kaum Landesthemen, die in der Wahl eine Rolle spielten. In zwei Jahren wird in Sachsen-Anhalt gewählt. Und da stellt sich die Frage, welche Schlussfolgerungen aus den Wahlergebnissen abzuleiten sind. MDR SACHSEN-ANHALT-Redakteur Uli Wittstock kommentiert.

Portrait-Bild von Uli Wittstock
Bildrechte: Uli Wittstock/Matthias Piekacz

An Versuchen, die AfD einzuhegen, mangelte es nicht in Thüringen und Sachsen. Thüringens CDU Spitzenkandidat Mario Voigt hat sich auf ein Rededuell mit Björn Höcke geeinigt und konnte dabei durchaus punkten. Am Wahlerfolg der AfD änderte das wenig. Sachsens Ministerpräsident Kretschmer suchte die Nähe zum Wahlvolk und ging sogar auf Abstand zur Ukrainepolitik seiner Partei und dennoch legte die AfD sehr deutlich zu. Und dass die AfD nicht noch mehr Stimmen erhielt, ist wohl eher dem Bündnis Sahra Wagenknecht zu verdanken.

AfD auch in Sachsen-Anhalt stark

Wenn in zwei Jahren in Sachsen-Anhalt gewählt wird, dann läuft es wohl ebenfalls auf ein Rennen zwischen CDU und AfD hinaus. Bei den Europa- und Kommunalwahlen im Juni dieses Jahres lag die AfD deutlich vorn. Bei der letzten Landtagswahl konnte allerdings die CDU ein überraschend gutes Ergebnis einfahren. Ministerpräsident Haseloff hatte nämlich viele Stimmen für die CDU sammeln können, von jenen Wählern, die auf jeden Fall die AfD verhindern wollten. Die Frage ist allerdings, ob dies ein zweites Mal gelingt, zumal unklar ist, mit wem die CDU als Spitzenkandidat in den Wahlkampf zieht.

Keine Personaldebatte bei AfD

Die AfD scheint sich bereits entschieden zu haben, denn auf dem letzten Parteitag in Magdeburg wurde Ulrich Siegmund unter großem Jubel als zukünftiger Ministerpräsident begrüßt. In den sozialen Medien hat Siegmund hunderttausende Follower, ein Mann mit Redetalent und gutem Aussehen, der sich zu inszenieren weiß. Die AfD hofft offenbar, dass Reiner Haseloff noch einmal für die CDU ins Rennen geht, denn Haseloff wurde bereits als der Joe Biden Sachsen-Anhalts bezeichnet.

Mit wem geht die CDU ins Rennen

Fachkräftemangel ist kein Thema nur der Wirtschaft, auch Sachsen-Anhalts Parteien sind personell nicht gerade breit aufgestellt. Sollte also Reiner Haseloff nicht noch einmal antreten, dann müsste der Nachfolger möglichst bald die Regierungsgeschäfte übernehmen, um sich beim Wahlvolk bekannt zu machen. In einem Jahr wird ein neuer Bundestag gewählt, bis dahin sollte ein solcher Machtwechsel vollzogen sein. Danach sieht es aber derzeit eher nicht aus.

Opposition hat auch Vorteile

Die AfD hat zwar in Thüringen und Sachsen deutlich zugelegt, bleibt aber wahrscheinlich in der Opposition. Das Bündnis Sahra Wagenknecht wird wohl mitregieren, eine Zerreißprobe sowohl für die CDU wie auch für das BSW. Was von politischen Zielen des BSW unter dem Eindruck harter Realpolitik übrig bleibt, wird man sehen. Ob die Partei ihre hohen Zustimmungswerte halten kann, ist unklar. Erinnert sei an das Schicksal der Piratenpartei. Die AfD bleibt hingegen in der komfortablen Position, einfache Lösungen zu versprechen, ohne die Praxistauglichkeit belegen zu müssen.

Bundesthemen spielen große Rolle

Nun waren es in Thüringen und Sachsen überwiegend bundespolitische Themen, die eine Rolle spielten. Dass nach der nächsten Bundestagswahl in Berlin die Ampel im Amt bleibt, darf als unwahrscheinlich gelten. Und ob in zwei Jahren der Ukrainekrieg noch eine große Rolle hierzulande spielt, ist unklar. Das grundlegende Gefühl vieler Ostdeutscher dürfte sich aber nicht ändern, nämlich die Unzufriedenheit, vor allem in den Regionen, die sich abgehängt fühlen.

Keine schnellen Problemlösungen

Die landespolitischen Themen wie Bildung oder Krankenhausplanung, der zunehmende Fachkräftemangel und die angespannte Haushaltslage lassen sich nicht einfach lösen. Auch deshalb wird es in zwei Jahren in Sachsen-Anhalt zu einem echten Stresstest kommen. Dass die AfD einen Koalitionspartner findet, ist wohl eher auszuschließen, also wird sie auf Sieg setzen. Tatsächlich rechnet sich die Partei gute Chancen aus, alleine zu regieren. Sollten kleinere Parteien wie die Grünen oder die FDP den Wiedereinzug verpassen, dann schwinden für die CDU mögliche Koalitionspartner. Um es positiv auszudrücken, bleibt die Feststellung, dass in Sachsen-Anhalt keine politische Langeweile aufkommen wird.

MDR (Uli Wittstock, Hannes Leonard)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 03. September 2024 | 12:00 Uhr

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