Weißenfels statt Halle Wirbel um Gefängnis-Neubau: Finanzministerium wehrt sich gegen Kritik
Hauptinhalt
10. März 2025, 08:50 Uhr
Das neue Gefängnis im Süden Sachsen-Anhalts soll statt in Halle offenbar in Weißenfels gebaut werden – das wurde vergangene Woche bekannt. Nun hat das Finanzministerium Kritik an seiner Informationspolitik zurückgewiesen. Demnach weiß das Justizressort seit Monaten Bescheid. Im Landtag kommt am Mittwoch der Rechtsausschuss zu einer Sondersitzung zusammen.
- Das Finanzministerium weist Kritik an der Informationspolitik zum JVA-Neubau zurück – demnach weiß das Justizressort seit Monaten Bescheid.
- In einer Sondersitzung im Landtag kommt am Mittwoch der Rechtsausschuss zusammen, um sich mit dem Thema zu befassen.
- Die Nachricht, das Gefängnis statt in Halle nun wohl in Weißenfels bauen zu wollen, hat große Teile der Landespolitik offenbar kalt erwischt.
Im Standort-Poker um das geplante neue Gefängnis im Süden Sachsen-Anhalts hat sich das für den Bau zuständige Finanzministerium gegen die Kritik an seiner Informationspolitik gewehrt.
Überraschend war am vergangenen Mittwoch bekannt geworden, dass die neue JVA nun wahrscheinlich doch nicht in Halle-Tornau, sondern in Weißenfels gebaut werden soll. Danach waren Vorwürfe laut geworden, dass das Finanzministerium den Landtag, vor allem aber das Justizministerium, nicht im gebotenen Maße in die Planänderungen eingebunden habe.
Finanzministerium: Pläne auf "Leitungsebene" bekannt
Von der Nachricht kalt erwischt worden waren erklärtermaßen auch die Stadt Halle, der Stadtrat von Weißenfels sowie der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands.
Nach Darstellung des Finanzministeriums ist zumindest das Justizministerium jedoch seit Monaten im Bilde. Bereits im Oktober 2024 sei der mögliche Alternativstandort Weißenfels am Rande einer Landtagssitzung auf "Leitungsebene" zwischen den Ministerien besprochen worden, sagte Nancy Eggeling, Sprecherin des Finanzministeriums, MDR SACHSEN-ANHALT am Freitag.
Sprecherin: Koalitionsparteien sind informiert worden
Danach habe es einen gemeinsamen Vor-Ort-Termin beim Weißenfelser Oberbürgermeister Martin Papke (CDU) gegeben. Zwischenzeitliche Bedenken wegen einer Hochspannungsleitung auf dem Areal des Alternativ-Standortes in Weißenfels und einer dort notwendigen Umgehungsstraße seien Mitte Januar von der Stadt ausgeräumt worden.
Anschließend habe das Justizministerium die Eignung des Standortes bejaht und am 4. März seine schriftliche Zustimmung erteilt, so Eggeling. Am nächsten Tag hätten beide Ministerien gemeinsam die Koalitionsparteien CDU, SPD und FDP bei einer Vorbesprechung zum Rechtsausschuss über die Pläne unterrichtet.
Standort-Wechsel wegen ablehnender Haltung in Halle
Als Grund für die Planänderung verwies Eggeling nochmals auf die ablehnende Haltung gegenüber dem JVA-Neubau in Halle. Im Planungsausschuss der Stadt Halle habe es im Oktober 2024 "massive Kritik quer durch fast alle Fraktionen am Vorhaben" gegeben.
Es sei zu erwarten gewesen, dass der Ausschuss seine Zustimmung für den Start eines Bebauungsplanverfahrens versagt hätte, weshalb eine Entscheidung vertagt worden sei. Der Weißenfelser Oberbürgermeister Papke habe die schwierige Diskussion verfolgt und frühzeitig seine Unterstützung angeboten.
Ausschuss-Sondersitzung am Mittwoch im Landtag
Unterdessen kommt am Mittwoch im Landtag der Rechtsausschuss zu einer kurzfristig anberaumten Sondersitzung zusammen, um sich mit dem möglichen Aus für den geplanten Gefängnis-Neubau in Halle-Tornau zu beschäftigen. Eine entsprechende Einladung liegt MDR SACHSEN-ANHALT vor.
Große Teile der Landespolitik, aber offenbar auch das Justizministerium waren von der Ankündigung, das neue Gefängnis womöglich in Weißenfels statt in Halle zu bauen, kalt erwischt worden.
FDP-Politiker Kosmehl: "Hätte ich mir anders gewünscht"
"Ich nehme zur Kenntnis, dass das Justizministerium nicht in die Entscheidung eingebunden war. Das hätte ich mir anders gewünscht", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion, Guido Kosmehl, MDR SACHSEN-ANHALT am Donnerstag.
Eine solche Einbindung sei notwendig, da beim Neubau nicht nur finanzielle und bauliche Aspekte zu beachten seien, sondern auch Justiz-rechtliche, so Kosmehl. Dazu gehörten Sicherheitsfragen, aber auch der Aspekt einer guten Erreichbarkeit für Angehörige, Bedienstete und Anwälte.
Sondersitzung ist wohl öffentlich – Ministerien sollen berichten
Gewisse Verstimmungen auf Seiten der Politik bestätigte Kosmehl ebenfalls. "Es gibt Knatsch in dem Sinne, dass wir davon überrascht worden sind, dass offenbar schon ein Plan B zu Halle-Tornau vorbereitet und begonnen wurde."
Wegen des offensichtlich großen Informationsbedarfs auf allen Seiten haben die Regierungsfraktionen CDU, SPD und FDP daher nun die außerordentliche Sitzung des Rechtsausschusses beantragt. Finanz- und Justizministerium sollen den Abgeordneten dort umfassend über den aktuellen Stand bei den geänderten Neubau-Plänen berichten. Die Sitzung wird voraussichtlich öffentlich sein.
AfD-Fraktion: Standortwechsel muss wirtschaftlich sinnvoll sein
Die AfD-Fraktion erklärte am Donnerstag im Zuge der geplanten Ausschuss-Sondersitzung, es seien bereits rund fünf Millionen Euro an Steuergeldern für die Umsetzung des Neubaus in Halle-Tornau ausgegeben worden. Bereits im Sommer 2024 wurden auf dem Gelände der geplanten JVA Tornau erste Bauarbeiten aufgenommen. Nach Angaben des Finanzministeriums des Landes waren damals bereits Bagger im Einsatz, um Vermessungen und Baugrund-Erkundungen durchzuführen.
Daher werde man "sehr genau darauf achten, dass ein Standortwechsel nach Weißenfels sachlich begründet und wirtschaftlich sinnvoll ist", hieß es aus der AfD-Fraktion.
Bisherige JVA-Planungen könnten für Weißenfels übernommen werden
Für die FDP zeigte sich Kosmehl gleichwohl offen für den Standort Weißenfels. Im Gegensatz zu Halle seien die Signale aus Weißenfels so, dass das Vorhaben dort nicht in dem Umfang auf Bedenken stoße. Für Kosmehl könnte der Standortwechsel sogar zu einer Beschleunigung des Bauvorhabens führen. "Der Großteil der Planungen für Halle-Tornau könnte wahrscheinlich übernommen werden. Diese Arbeit ist also nicht umsonst gewesen."
Die Stadt Halle hatte am Mittwochabend mitgeteilt, dass sie weiter hinter den Neubau-Plänen in Halle-Tornau stehe.
MDR (Daniel Salpius, Felix Fahnert) | Zuerst veröffentlicht am 7. März 2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 06. März 2025 | 13:00 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/e4e3cf15-aba2-4ea7-b2f9-1b46fbba0536 was not found on this server.