Streit um Gefängnis-Standort Wie Verantwortliche in Halle und Weißenfels um den JVA-Neubau werben
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11. März 2025, 15:54 Uhr
Während sich nun auch in Weißenfels Widerstand gegen das geplante Gefängnis regt, werben die Verantwortlichen dort und in Halle für ihren Standort für den Neubau. Es geht um Arbeitsplätze und Fördergeld. Deshalb wollen beide Oberbürgermeister auch ihre Bevölkerung für den JVA-Standort gewinnen.
- Der designierte Oberbürgermeister von Halle, Alexander Vogt (parteilos), wirbt in der Debatte um das geplante Gefängnis für den Standort in Tornau.
- In Weißenfels, wo der JVA-Neubau nun möglicherweise vorgesehen ist, gibt es Protest von Anwohnern.
- Das Land Sachsen-Anhalt hat bereits rund drei Millionen Euro für die Pläne in Halle-Tornau investiert.
In die Debatte um den Neubau einer Justizvollzugsanstalt in Halle-Tornau oder Weißenfels hat sich nun der designierte Oberbürgermeister von Halle, Alexander Vogt (parteilos), eingeschaltet. In einer Mitteilung schreibt Vogt, die Vorteile für Halle-Tornau seien nach wie vor gegeben. Das Land habe in Tornau bereits die Flächen erworben. Auch sollte die hervorragende Anbindung an bestehende Infrastruktur nicht leichtfertig in Frage gestellt werden.
Vogt versprach mit Beginn seiner Amtszeit alle notwendigen Beschlüsse einzuleiten, um den JVA-Neubau wie geplant umzusetzen. Am Mittwoch will er an der Sondersitzung des Rechtsauschusses in Magdeburg teilnehmen, um dort zu unterstreichen, dass Halle "unumstößlich" hinter der JVA stehe. Vogt sagte weiter, er strebe einen konstruktiven Austausch an, um den Bedürfnissen der Justiz einerseits und den Interessen der Anwohner andererseits gerecht zu werden. Letztere hatten im Herbst 2023 protestiert, nachdem damals die Pläne für den JVA-Neubau in Tornau bekannt geworden waren.
In Weißenfels regt sich Widerstand gegen den Gefängnis-Neubau
Unterdessen regt sich auch in Weißenfels Widerstand gegen die Pläne des Neubaus. Eine erste Protestnote haben drei Frauen rund um die ehemalige Linken-Landtagsabgeordnete Heidelinde Penndorf verfasst. Penndorf sagte MDR SACHSEN-ANHALT ergänzend am Telefon, man habe Angst um die eigenen Enkel. Schließlich käme es immer wieder vor, dass etwa Häftlinge mit Freigang nicht zurückkehrten. Die Situation in Weißenfels sei angesichts hoher Kriminalität etwa in der Neustadt schon schlimm genug – man wolle nicht noch die JVA "aufs Auge gedrückt bekommen".
Penndorf warf Weißenfels' Oberbürgermeister Martin Papke (CDU) fehlende Kommunikation in der Sache vor. Weder Bürger noch Stadtrat seien über die Planung des JVA-Neubaus informiert worden. Der Rat solle aber bereits am 20. März über das Projekt abstimmen, so Penndorf.
OB Papke weißt Kritik zurück
Papke wies die Vorwürfe zurück. Er sagte MDR SACHSEN-ANHALT, bereits vor zwei Wochen habe es eine Sitzung mit den Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates, dem Ortsbürgermeister von Langendorf und Landesfinanzminister Michael Richter (CDU) gegeben. Dabei sei umfassend informiert worden. Er betonte außerdem, ein solches Projekt könne nicht direkt mit der Öffentlichkeit besprochen werden, sondern brauche erst einen vertraulichen Rahmen. Dass sich Widerstand gegen die Pläne rege, das Gefängnis in Weißenfels statt in Halle zu bauen, sei in Ordnung, allerdings müsse vorgebrachte Kritik schon der Wahrheit entsprechen.
Papke: JVA als Chance für Weißenfels
Papke sieht in dem JVA-Neubau eine Chance für die Stadt. Neben einer jährlichen Zuweisung im hohen sechsstelligen Euro-Bereich durch das Land, entstünden unter anderen hunderte neue Arbeitsplätze. Außerdem dürften lokale Betriebe wie Bäckereien, Fleischereien, Wäschereien, Handwerksunternehmen und Dienstleister profitieren.
Auf seinem Instagram-Kanal hatte der Oberbürgermeister versprochen, die JVA "nicht mit der Brechstange" durchboxen zu wollen. "Wir wollen die Dinge transparent diskutieren, aber die Chancen abwägen gegen die Risiken." Er stehe zu dem Vorhaben und freue sich auf eine konstruktive Diskussion mit der Bevölkerung.
Die Stadtverwaltung Weißenfels hat unterdessen eine größere Informationsveranstaltung zum geplanten JVA-Neubau am kommenden Montag (17. März) im Kulturhaus Weißenfels angekündigt.
Warum im Süden von Sachsen-Anhalt eine neue JVA entstehen soll
Die bestehenden Gefängnisse in Halle am Kirchtor, auch "Roter Ochse" genannt, sowie die Nebenstelle in der Wilhelm-Busch-Straße ("Frohe Zukunft") gelten als veraltet und erfüllen nicht die Standards eines modernen Justizvollzugs. Zudem muss die Landesregierung Vorgaben der Europäischen Union besser Rechnung tragen, wonach seit Januar 2025 alle Gefangenen das Recht auf eine Einzelzelle und mehr Platz haben.
Das kann laut Justizministerium in der JVA "Roter Ochse" oder "Frohe Zukunft" nicht vollständig geleistet werden. Darüber hinaus sei der bauliche Zustand der JVA veraltet, was sowohl die Unterbringungseinrichtungen als auch Funktionseinrichtungen wie Verwaltungs-, Werk- und Wäschereigebäude betreffe. In den beiden JVA in Halle seien insgesamt 494 Einzelzellen und 60 Doppelzellen für den geschlossenen Vollzug vorhanden. Seit diesem Jahr können diese Doppelzellen nur noch einzeln belegt werden.
Pläne die "Frohe Zukunft" zu sanieren, hatten sich zerschlagen. Geringere Kosten und eine erhöhte Planungssicherheit hatten aus Sicht der Landesregierung für einen Neubau gesprochen. Zudem hätte in der "Frohen Zukunft" im laufenden Betrieb gebaut werden müssen, was erhöhte Sicherungsmaßnahmen bedeutet hätte.
Schon 3,2 Millionen Euro für geplante JVA in Halle investiert
Vergangene Woche hatte das Land überraschend angekündigt, die geplante JVA nicht in Halle-Tornau, sondern in Weißenfels zu bauen. Zwischenzeitlich hieß es vom Justizministerium, die Entscheidung sei offen, aber dringend nötig. Nancy Eggeling, Sprecherin des Finanzministeriums Sachsen-Anhalt, teilte MDR-SACHEN-ANHALT auf Anfrage mit, das Bauland in Halle-Tornau habe rund 2,5 Millionen Euro gekostet, hinzu kämen Kosten für "externe Leistungen zur Entwicklung und Beplanung der Flächen" in Höhe von 663.000 Euro. Die Frage des MDR, wie das Ministerium gegenüber den Steuerzahlern im Falle eines Zuschlags für Weißenfels diese ergebnislosen Ausgaben in Halle rechtfertigen würde, ließ Eggeling unbeantwortet.
MDR (Marc Weyrich, Lukas Mauri, Oliver Leiste, Cornelia Winkler)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 11. März 2025 | 12:00 Uhr
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